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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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ihm, weil er doch tatsächlich vergessen hatte, in welchem Schrank er suchen musste. Der links mit dem Gummibaum? Der rechts mit der Kaffeemaschine? Oder doch im Hängeregister im Schreibtisch?
    Seifferheld fing beim Schreibtisch an und wurde fündig.
    Der letzte Fall zuerst: Der Tote aus dem Kocher hieß Peter Prenzlau, war siebenundvierzig Jahre alt und arbeitsloser Hobbyangler. Ein Freund und Anglerkollege hatte ihn drei Tage vor dem Fund als vermisst gemeldet. Prenzlau hatte regelmäßig Medikamente einnehmen müssen. Man ging dem Verdacht nach, dass er sich bei der Einnahmedosis vertan hatte. Zudem war sein Blutalkohol ziemlich hoch. Fremdverschulden wurde ausgeschlossen.
    Daraufhin notierte sich Seifferheld die wichtigsten Angaben zu allen Toten auf einer unlinierten, weißen Karteikarte, die auf Biggis Schreibtisch lag. Müllerschön, Geiger, Rettenberg, Plönzke, Klier und jetzt Prenzlau. Auf allen Akten prangte der rote Stempel »Fall abgeschlossen«, aber er wollte verdammt sein, wenn das mit rechten Dingen zuging.
    Bedauerlicherweise enthielten die Akten nur Fakten. Seifferheld war immer schon der Ansicht gewesen, Fakten seien nur das Gerippe eines Falles. Wollte man das ganze Bild sehen, brauchte man Fleisch. Kurzum: Klatsch, Tratsch, alles, was menschelte.
    Onis bellte ein Mal kurz auf.
    Seifferheld schob rasch die Schublade zu und richtete sich auf.
    Gleich darauf wurde die Tür aufgeschlossen und Biggi trat ein.
    »Hoppla, jetzt habe ich dich versehentlich eingeschlossen. Ach, das tut mir aber leid.« Sie lächelte.
    Seifferheld lächelte auch. »Pass gut auf dich auf, Biggi. Wir sehen uns dann auf deiner Riesenabschiedsfeier.« Er drückte ihr einen brüderlichen Kuss auf die Wange. An der Tür drehte er sich noch einmal um.
    »Such dir ein gutes Hobby, altes Mädchen.«
    »Alt?« Biggi warf ihm eine Tesafilmrolle hinterher.
    Seifferheld duckte sich erfolgreich, dann sagte er: »Sticken find ich toll.«
Die Kleine Meerjungfrau, die berühmte Statue in Kopen hagen, wurde bereits zwei Mal enthauptet
    MaC lautete ihr Kürzel. Wie in Mackie Messer. Das erfuhr er natürlich erst, als sie sich im indischen Restaurant gegenübersaßen. Bis dahin war sie für ihn Marianne Cramlowski gewesen, Lokalreporterin des
Haller Tagblatts
, die Frau, die über die verschwundenen Männer berichtet und auch über die Wasserleiche einen Artikel verfasst hatte, der am Folgetag erscheinen würde.
    Seifferheld hatte sich nach ihrem Telefonat lange überlegt, wohin er sie ausführen sollte.
    In Schwäbisch Hall gab es mit Rebers Pflug und der Eisenbahn gleich zwei Restaurants, die einen Michelin-Stern hatten. Aber womöglich hätte ein derart hochkarätigesAmbiente für die Journalistin den Beigeschmack von Bestechung. Sie hatte ohnehin seltsam reagiert, als er sie angerufen und um ein Gespräch gebeten hatte. Genervt? Misstrauisch?
    Seine Lieblingspizzeria, das ehemalige Waldhorn, nur ein paar Schritte vom Seifferheldhaus in der Unteren Herrngasse entfernt, kam aber auch nicht in Frage. Er wollte unerkannt und ungestört plaudern.
    Also entschied er sich für die Exotik des Indian Forum in der Gelbinger Gasse. Südindische Küche, auf Wunsch vom Buffet. Da konnte man doch nichts falsch machen.
    »Ich kann Ihnen nichts sagen, was Sie nicht auch in der Zeitung gelesen haben«, sagte MaC, nachdem die Kellnerin – ein entzückendes südindisches Geschöpf in Landestracht und mit einem fast bodenlangen, pechschwarzen Zopf – ihnen die Karte gebracht und schon einmal die Getränkebestellung aufgenommen hatte.
    Seifferheld spielte aus Verlegenheit mit seiner Serviette. Ihm war nicht ganz klar, warum er verlegen sein sollte. »Meiner Erfahrung nach ergibt sich im Gespräch immer ein neuer Aspekt, ein neuer Anhaltspunkt.«
    Die Kellnerin brachte ruck, zuck zwei wohltemperierte Flaschen Kingfisher. Was immer Effizienz auf Hindi heißen mochte, sie hatte es verinnerlicht.
    »Frau Cramlowski …«, fing Seifferheld an.
    »MaC, bitte.« Sie lächelte ihn an.
    Ein bezauberndes Lächeln. Das Lächeln einer Frau in den besten Jahren, mit Grübchen und frechen, dunklen Locken über dem pausbäckigen Gesicht. Sie war Österreicherin und erst vor fünf Jahren nach Hall gezogen. Mehr wusste Seifferheld nicht.
    »Siggi«, sagte er automatisch.
    Sie stießen mit ihren Bierflaschen an. Herrlich, sie trank ebenfalls aus der Flasche. MaC strahlte die Aura einer Frau aus, mit der ein Mann Pferde stehlen konnte. Oder wahlweise Morde

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