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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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wurde geklopft.
    »Komm rein, Schatz«, rief Susanne.
    Die Tür ging auf.
    »Also, ich muss schon sagen!« Irmgard war empört.
    »Nee, das ist jetzt ein Witz, oder?« Karina war fassungslos. Sie sprang auf. Das Batiktuch um ihren Torso löste sich und Boris, das Mehlbaby, knallte auf den Küchenfliesenboden. Der Beutel zerriss, Mehl stob auf. Lebwohl, Boris, du hattest ein kurzes, aber schönes Leben.
    Physiotherapeut Olaf, mit völlig verwuschelten Haarenund Knautschfalten im Gesicht, winkte in einer Wolke aus Mehlstaub fröhlich in die Runde. »Morgen, allerseits.«
    Susanne wurde rot.
    Karina wurde weiß.
    Onis blieb beige.
    Seifferheld grinste.
    Aus dem Polizeibericht
    KLEIN UND NICHT OHO
    Ein ungefähr 70 Jahre alter Mann zeigte sich am Montag gegen 17 Uhr 30 einer Fußgängerin am oberen Ende der Neustädter Straße. Die 44-jährige Frau war mit ihrem Dackel in Richtung Kläranlage unterwegs, als sie den Mann mit heruntergelassener Hose am Wegesrand sah. Er manipulierte an seinem Geschlechtsteil. Als die Frau schallend auflachte und mit dem Finger auf ihn zeigte, nahm er Reißaus. Der Mann wird wie folgt beschrieben: Ungefähr 173 Zentimeter groß, faltig, hager, Ziegenbärtchen, kurzes, graues Haupthaar. Er trug eine helle Hose und seine Lederschuhe quietschten laut beim Davonlaufen.
Wolke 9 im Anflug
    Seifferheld stand unter der Dusche. Schon seit annähernd zwanzig Minuten. Seine Haut schrumpelte zusehends.
    Früher, vor der Zeit der Durchlauferhitzer, hätte er indieser Zeit bereits sämtliche Warmwasservorräte aufgebraucht und seit mehreren Minuten unter einem Kaltwasserstrahl gestanden. Dank moderner Technik war das Wasser aber immer noch heiß, so heiß, dass mittlerweile Dampfschwaden durch die Duschkabine, ja das ganze Badezimmer zogen. Man sah die Hand kaum vor Augen.
    Seifferheld duschte jedoch nicht aus Freude über das Wunder der Installationstechnikfortschritte. Er duschte, weil er Angst hatte.
    An diesem Abend würde er Sex haben.
    Zum ersten Mal seit … nun ja, das erste Mal in diesem Jahrtausend.
    Siggi gehörte noch zu der Generation, in der Erotik, Sex und Leidenschaft im Alter etwas latent Peinliches hat. Alte Pärchen durften natürlich Händchen halten, das war rührend. Aber verschwitzte Leiber, Keuchen, Stöhnen, Beischlaf …
    Es waren prüde Zeiten gewesen, damals, zumal in einer Kleinstadt. Als 14-Jähriger hatte sein alter Hausarzt ihm noch die Gefahren der Masturbation vor Augen gehalten: Akne, Rückenmarksschwund, Hirnerweichung. Seifferheld hatte sich vor allem vor der Akne gegraut. Hatte aber nix geholfen. Die Natur war stärker gewesen. Und außer ein paar Pubertätspusteln war dann auch weiter nichts passiert.
    Beim Bund hatte er seinerzeit noch Sprüche wie »Tausend Schuss, dann ist Schluss« gehört. Sexualität, das galt als zeitlich begrenztes Reservoir. Was man bis zum fünfunddreißigsten Geburtstag nicht erlebt hatte, das erlebte man auch nicht mehr. Dafür gab es ja körperliche Ertüchtigungund das wohltemperierte Salzwasserbecken im Schwäbisch Haller Solebad.
    Und jetzt stand er hier, unter der heißen Dusche, knallrot wie ein Hummer, und dachte an Marianne alias MaC.
    Seifferheld, der in seiner Jugend alte Leiber für unästhetisch gehalten hatte, nun aber selbst so einen alten Leib besaß, versuchte sich einzureden, dass guter Sex nicht zuallererst von der Ästhetik abhing.
    Marianne hatte ja auch keinen Körper mehr wie eine 20-Jährige und er fand sie trotzdem unglaublich sexy. Vor allem ihre großen Brüste und ihre runden, weiblichen Hüften. Wenn er an das Gefühl ihrer warmen, weichen Haut unter seinen neugierig tastenden Händen dachte … allein dieser Gedanke ließ ihm das Blut heiß in beide Köpfe schießen.
    Eigentlich war Seifferheld das ganze Getue im Bett nie so wichtig gewesen, aber womöglich aus reinem Selbstschutz, weil seine Frau nach der Geburt von Susanne nie wieder richtig Lust auf ihn gehabt hatte. Es genügte ihr vollauf, ihren ehelichen Pflichten ein Mal im Monat nachzukommen – selbstverständlich ohne jede Abwechslung im Ablauf –, und sie hatte es gerade noch zustande gebracht, dabei keinen Widerwillen zur Schau zu stellen. Trotzdem hatten sie eine gute Ehe geführt. Sie waren Freunde gewesen. Und Seifferheld hatte ja seine Arbeit gehabt.
    Noch bis vor kurzem hatte er sich nichts weiter vom Leben versprochen, hatte sich mit seinem Schicksal, wie es denn geworden war, arrangiert. Und jetzt stand er hier, voller Begehren.
    Und ja,

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