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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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hereingeschafft?«
    »Um mich loszuwerden«, flüsterte Blake heiser. »Können Sie meine Arme losbinden?«
    Ohne weitere Umstände wurde er aufs Gesicht gelegt. Seine Arme hingen ihm wie tote Gewichte herunter, und jetzt stellte er selbst eine Frage.
    »Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Weiß nicht.« Die Hysterie flammte wieder auf. »Ich wurde bewußtlos geschlagen, bin hier aufgewacht. Aber ...« Finger gruben sich in Blakes Schulter und zerrten ihn hoch, »vielleicht gibt es einen zweiten Ausgang. Die haben gesagt –«
    Mit Hilfe des anderen kam Blake auf die Beine.
    »Wir gehen die Wand entlang«, sagte der Mann. »Ich habe nur noch fünf Streichhölzer. Und in der Mitte ist ein großes Loch.«
    Der Griff an seiner Schulter zwang ihn zu dieser seltsamen Wanderung.
    »Sie sagten zweiter Ausgang«, warf Blake ein.
    »Das sagten die Leute, bevor sie mich hereinwarfen. Da könnte was Komisches dran sein – sie haben dabei gelacht – irgend etwas Heimtückisches. Aber alles ist besser als das da!«
    Wie lange das langsame Tasten dauerte, hätte Blake nicht sagen können. Aber er war sicher, daß das Gewölbe sehr groß war. Doch da begann der andere wieder zu sprechen, diesmal höchst erregt.
    »Das da hatte ich entdeckt, kurz bevor Sie kamen. Steigen Sie 'rauf!«
    Blake stieß mit dem Schienbein gegen eine Erhebung. Er kniete sich hin und tastete die Oberfläche ab. Glatt, fast schmierig glatt. Metall? Er trat darauf.
    »Da, auf der anderen Seite ragte etwas heraus. Fühlt sich an wie ein Hebel. Wenn wir den herausbrechen könnten, hätten wir ein Werkzeug. Ein paar Steine in der Mauer sind locker. Aber Sie müssen mir schon helfen.«
    Blake war wie erstarrt. Durch jeden Nerv schrillte eine Warnung.
    »Nicht –!«
    Er brachte nur dieses eine Wort hervor, als er das Gleichgewicht verlor. Die Fläche unter ihm bebte. Ein schwaches grünes Strahlen verdichtete sich, und er sah nun, daß er eine Plattform mit einer zweiten Gestalt teilte, deren Hände einen aus der Oberfläche herausragenden Hebel umklammert hielten.

6

    Das Strahlen war begleitet von Empfindungen, von einem Drehen, Zerren und Drücken, das sich im Inneren Blakes abspielen mochte oder tatsächlich bewirkte, daß sich die Plattform auf der sie kauerten, in die Luft erhob. Ihm erschien dieses kleine Viereck als einzig sichere Zuflucht in einer plötzlich wahnsinnig gewordenen Welt.
    Als seine Augen sich an das trübe Licht gewöhnt hatten, konnte Blake Wände sehen – wenn es wirklich Wände waren –, die sich wie Rauchwolken auftürmten. Der grüne Schimmer umgab sie auf vier Seiten, und dahinter herrschte Chaos.
    Andere Lichter flammten auf und wurden wieder von Dunkelheit ausradiert, einer Dunkelheit, die als Kontrast um so schwärzer wirkte. Einmal war über ihnen ein Kegel aus kaltem, fast todbringendem Blau. Blake erhaschte einen Blick auf andere Dinge und wagte es nicht, sie für wirklich zu halten. Seltsame Gefährte jagten vorüber, und mehrere Male befand sich die Plattform auf offenem Land. Einmal war es eine Gegend, in der ein Krieg tobte, nach dem roten Feuerschein und dem Gebrüll und den Detonationen zu schließen, die die Plattform erschütterten und die zwei, die sich daran klammerten, betäubten.
    Der andere winselte vor Angst und zog den Kopf ein, doch er ließ den Hebel nicht los. Blake schwankte zu ihm hinüber. Der Hebel war sicher die Steuerung. Unter ihm vibrierte die Plattform mit eigenem Leben, und außerhalb des grünen Nebels spielten sich unheimliche Szenen ab. Blake kroch zu dem anderen hin und zerrte an dessen Arm. Doch der Griff, mit dem der Mann sich an den Steuerhebel klammerte, war so starr, daß Blake ihn nicht lösen konnte. Schließlich mußte er die Finger des anderen einzeln losmachen.
    Als die Hände losließen, schnellte der Hebel zurück. Es folgte Wirbeln und ekelhaftes Schwingen. Blake sackte zusammen und schlug mit dem Kopf auf, während sich die vorüberjagenden Schatten verfestigten.
    »Aufwachen! Aufwachen!« Finger berührten brutal sein Gesicht.
    »Was –?«
    Das Licht war echt, es war ein sanftes Glühen, milder als die ihm bekannte Elektrizität. Und er konnte den Mann sehen, der sich über ihn beugte. Ein kleiner Mann, mager bis zur Auszehrung, mit widerspenstigem braunem Haarschopf über den großen Augen. Hände zerrten an Blake und versuchten ihn aufzurichten.
    »Aufwachen, verdammt nochmal!« In den Mundwinkeln des anderen wurden kleine Schaumflocken sichtbar. »Wo sind wir – sag mir,

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