Kreuzzüge
›Modernisierung‹ von Randall ging unglaublich schnell voran. Gerade jetzt tauchte unter ihr ein Beispiel für den neu gewonnenen Fortschritt auf – die Versuchsstrecke der neuen Eisenbahn. Irgendwie konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Hauskyld der falsche Mann für derartige Projekte war …
Trotzdem musste sie zugeben, dass er ein guter Xenist war und offensichtlich auch eine gewisse Begabung dafür besaß, eine Bürokratie zu organisieren. Normalerweise war es üblich, solche Entwicklungsprogramme von Leuten betreuen zu lassen, die speziell dafür ausgebildet waren. Doch die Erfahrung hatte gezeigt, dass es auch anders ging: Auf Otis zum Beispiel, einem Planeten der kommunistischen Welt, hatte ein völliger Laie die Entwicklungsprogramme initiiert. Der Mann war Sergeant der Marineinfanterie gewesen – der letzte Überlebende einer Forschungsexpedition. Und auf Wille Gottes, einer islamischen Welt, leisteten ausgerechnet ein Chorleiter und zwei Hilfsköche hervorragende Entwicklungsarbeit.
Nichts deutete darauf hin, dass ein solches Programm zwangsläufig ein Misserfolg sein musste. In etwa zwei Jahren randallanischer Zeitrechnung würde das Schienensystem weitgehend ausgebaut sein. Schon heute wurden die Proklamationen der Hochkrone über das Fernsehen in die meisten Städte und sogar bis zu den nomadisierenden Clans übertragen.
Aber trotzdem … irgendetwas störte Clio. Es war, als hätten Hauskylds negative Eigenschaften dieses Programm irgendwie infiziert. Aber wer sollte seinen Platz einnehmen? Bei den meisten, die mit ihnen zusammen auf Randall geblieben waren, handelte es sich auf die eine oder andere Weise um nicht mehr als Lakaien. Vorwiegend waren es einfache Leute, die sich gedacht hatten, dass kleine Frösche in großen Teichen schnell fetter werden können. Andere waren völlig undiszipliniert oder richtige Desperados. Damit blieben für diesen Job nur Hauskyld Gomez, Andros Kanegawa und … vielleicht sie selbst?
Also, dachte sie – Andy war der absolut falsche Mann auf diesem Posten! Er hatte sich richtiggehend in die alten Traditionen dieser Kultur verliebt und war mittlerweile ein genauso überzeugter Adliger, wie er früher ein überzeugter Tempelritter gewesen war. Niemals hätte er etwas getan, was gegen die Traditionen verstieß. Ob es allen gefiel oder nicht – Randalls Entwicklung zu einer Kolonie oder zu einem echten Mitglied der Union war nicht mehr aufzuhalten. Und das brachte eine Menge Veränderungen mit sich.
Und wenn sie an sich selbst dachte … Clio kicherte laut. Sie hatte viele Greife, einige Randallaner und auch ein paar Handschlangen kennen gelernt, die sie sehr mochte, ja, geradezu liebte. Ihre wahre Liebe indes galt der Untersuchung der umfangreichen Fossilienfunde. Natürlich gab es in der Kirche einige Vertreter, die es nicht für ratsam hielten, weitere Beweise für eine rein darwinistische Evolution auszugraben. Deshalb wurden die paläontologischen Forschungen keineswegs forciert. Doch Hauskyld hatte ihr Zugang zu einem Computer verschafft und damit auch zu den Vermessungsdaten, die die erste unbemannte Sonde gesammelt hatte. Clio hatte diese Daten genutzt, um Fundstätten ausfindig zu machen, zu denen sie ihre Studenten führte.
Ihre Forschungsergebnisse sahen genauso aus, wie sie es sich erhofft hatte. Die verschiedenen Zeitspannen, in denen Evolutionssprünge stattgefunden hatten, waren in der richtigen Reihenfolge erfolgt. Noch immer wusste sie nicht, was genau die Sprünge verursacht hatte, aber einige ihrer Theorien fand sie bestätigt. So zum Beispiel die Theorie der ›Fehlenden Neunzig‹, die tatsächlich immer von intelligenten Welten ausgingen. Ihrer weiteren Karriere stand damit nichts mehr im Weg …
Vorausgesetzt, diese Theorie war nicht in der Zwischenzeit von jemand anderem veröffentlicht worden. Denn es war ja nicht auszuschließen, dass jemand auf dieselbe Idee gekommen war und bereits einen der anderen Planeten besucht hatte, die sich zur Untermauerung dieser Theorie eigneten. Vielleicht war ihre Idee schon längst publiziert … Angesichts der Lichtgeschwindigkeitsgrenze würde sie vielleicht längst tot sein, wenn die Nachricht von dieser Publikation Randall erreichte. Aus diesem Grund musste sie immer wieder daran denken, dass die Jahre, die sie in die Forschungsarbeit investiert hatte, vielleicht nur nutzlos vergeudete Zeit gewesen waren, und der ganze Erfolg in einer kleinen Fußnote bestehen könnte, in
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