Kreuzzüge
sondern viel eher in der Xenophilie – dem Wunsch, diese Welt möglichst in ihrer ursprünglichen Form zu erhalten. Und das bedeutete, die Welt sogar vor ihren Ureinwohnern zu schützen. Ein Xenist, der sich vor allem auf das Studium fremder Kulturen spezialisiert hatte, verhielt sich in aller Regel nicht so. Für ihn waren zwar nicht alle Welten gleich, doch sah er auch keine von ihnen als etwas Außergewöhnliches an. Alle anderen Xenisten neigten freilich dazu, sich Hals über Kopf in den ersten besten Planeten zu verlieben, egal wie dumm und unberechtigt dies war. Wenn sie die Welt eines Tages wieder verlassen mussten, war dies für sie wie das Ende einer großen Liebe mit viel Herzschmerz verbunden.
Clio würde diesen Planeten verlassen, sobald das nächste Gate erschien, so viel stand fest. Sieben Jahre terranischer Zeitrechnung würden bis dahin vergehen, beziehungsweise elf Randallanjahre. Mit etwas Glück hatte sie dann ihre Forschungsarbeit beendet, die Ergebnisse per Funk überall verbreitet und sich dadurch alle Türen aufgestoßen, auch diejenigen, die in zivilisiertere Welten führten. Natürlich würde sie Randall vermissen.
Als sie sich gute Nacht wünschten, und er sie zur Tür begleitete, glaubte sie tatsächlich, dass alles so funktionieren könnte, wie sie es sich ausgemalt hatte. Dadurch fühlte sie sich schon deutlich besser. Sie hörte auf Hauskylds Rat und ging nicht zu ihrem Haus, sondern zum Königlichen Postamt in Bipih, wo man als Terraner ein Zimmer und ein Essen bekam, wenn man im Auftrag der Hochkrone unterwegs war. Mitunter glaubte sie hinter sich unheimliche Geräusche zu hören, vor allem als Mark und Tristan beide hinter einer Wolke verschwunden waren. Doch erreichte sie ihr Ziel ohne Schwierigkeiten und schlief ein, kaum dass sie sich hingelegt hatte.
Als Clio am nächsten Morgen erwachte, fand sie einen Zettel von Kuf, den er offenbar unter der Tür durchgeschoben hatte. Er hatte im selben Haus ein Zimmer belegt, genau zwei Etagen unter dem ihren, und bat sie, ihn baldmöglichst aufzusuchen. Schnell zog sie sich an, packte ihre Sachen zusammen und begab sich nach unten. Er öffnete die Tür erst nur einen Spaltbreit und versperrte ihr die Sicht mit seinem Körper.
»Ja, bitte? Oh, gut – du bist es. Komm schnell herein!«
Er zog sie ins Zimmer und drückte die Tür hinter ihr ins Schloss. Erst jetzt bemerkte Clio die Hochkrone – Vwat saß auf dem Boden, Krish'pha auf der Schlafplattform und Dintanderoderam hatte sich zwischen ihnen eingerollt.
Clio japste überrascht nach Luft.
»Ja«, begann Vwat, »Kuf hat uns mitgeteilt, dass wir unseren Einfluss geltend machen sollen, um eine fürchterliche Tragödie abzuwenden. Er brachte uns her, und wir hoffen sehr, bereits heute Nacht Weiterreisen zu können. Bei Hof gibt es Leute, die wissen, warum wir hier sind. Deshalb müssen wir mit Verfolgern rechnen. Aber Kuf hat mir auch erzählt, dass du recht gut Schach spielst. So können wir uns wenigstens die Zeit vertreiben.«
Er baute ein Schachspiel auf dem Boden auf, und Clio nahm ihm gegenüber Platz. Eigentlich war sie ganz froh, dass niemand sich mit ihr unterhalten wollte.
Kapitel 11
Kuf und Clio hatten nicht viel geschlafen, und der Nachtflug trug seinen Teil dazu bei, dass sie beide sehr müde wurden. Der Hochkrone indes war die Anstrengung noch viel deutlicher anzumerken, besonders Krish'pha, der aussah, als habe er sich besonders schlimm erkältet.
Die Sonne ging gerade auf, als sie zwischen einigen Zuckerbeerensträuchern landeten. Ein Basaltfelsen reichte bis hinunter zu einem kleinen Fluss. Im Schatten der Bäume war es noch sehr kalt, und Clio begann zu zittern.
Kuf und Vwat stürzten sich sogleich auf die süßen Früchte. Clio pflückte sich auch welche und bot Krish'pha davon an. Er lehnte sie jedoch schroff ab und setzte sich allein auf den Felsen, an eine Stelle, die ein wenig in den Fluss hineinragte.
Der Himmel über ihnen schimmerte rötlich, und der Duft des Moores wehte zu ihnen herüber. Der Sommer war nicht mehr fern. Im Westen stieg Tristan mit einer solchen Geschwindigkeit am Himmel auf, dass es fast so aussah, als mache er einen gewaltigen Satz.
Kuf sah von dem Strauch auf. »Eure Hoheiten, es tut mir Leid, aber wir müssen weiterfliegen!«
Vwat schlang hastig noch einige Beeren hinunter, und Dintanderoderam, der den Kopf aus dem Beutel gesteckt hatte, um ein wenig Luft zu schnappen und eine Kleinigkeit zu fressen, zog sich wieder zurück.
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