Kreuzzug gegen den Gral
Seele zu durchschreiten. Oberhalb des letzten feurigen Durchgangs herrscht die Gnade, und dort wird die Vermählung der gnostischen Sophia mit Christus gefeiert. Auch Dantes Gedicht von der Reinigung auf der Seelenreise endet mit dem Brautzuge der Beatrice unter dem Weltenbaum auf der Höhe des Berges des irdischen Paradieses. Und die »Geliebte der Urliebe«, die »Lichtbezwungene«, wie Dante seine Beatrice, ganz wie die Gnostiker ihre Sophia, nannte, ist mit gnostischen Farben gezeichnet ... Die Schilderung des Brautzuges Bea-tricens unter dem Baume ist nur eine späte Abwandlung des Motivs vom heiligen Fruchtbarkeitszauber, der symbolisiert wird durch die heilige Hochzeit des Himmelsgottes mit der Erdgöttin auf dem Götterberge unter dem mit seinem Geäste die ganze Welt umfangenden Baume.«
»Es ist für uns nicht leicht anzugeben, was eigentlich an dem Glauben der Catharer die Menschen mit so begeistertem Eifer für das Martyrium erfüllte. Tatsächlich kann aber keine Religion eine größere Liste derjenigen aufweisen, die lieber fest entschlossen und freudig den Tod in seiner furchtbarsten Form suchten, als abtrünnig werden wollten. Wenn das Blut der Märtyrer wirklich die Saat der Kirche wäre, dann würde jetzt der Manichäismus die herrschende Religion in Europa sein. Zum Teil mag dies daher kommen, daß nach der Lehre der Catharer ein schmerzvoller Tod der Seele die Rückkehr zu Gott sichert. Aber die menschliche Schwäche läßt nicht immer so regelmäßig den Geist über das Fleisch triumphieren, wie es bei den Catharern der Fall war, deren Durst nach dem Martyrium fast sprichwörtlich wurde. In der ersten uns überlieferten Verfolgung, die um 1017 in Orleans stattfand, bleiben von fünfzehn Catharern dreizehn angesichts des für ihre Vernichtung angezündeten Feuers fest. Sie weigerten sich zu widerrufen, obwohl ihnen Verzeihung in Aussicht gestellt wurde, und setzten durch ihre Standhaftigkeit alle Zuschauer in Verwunderung. - Diejenigen, welche in Köln im Jahre 1163 verbrannt wurden, riefen einen tiefen Eindruck hervor durch die fröhliche Heiterkeit, mit der sie ihre furchtbare Bestrafung erduldeten; von ihrem Führer Arnold wird sogar erzählt, daß er, halb zu Tode geröstet, einen freien Arm auf die Häupter seiner in Todesangst schmachtenden Gefährten legte mit den Worten: »Seid standhaft in eurem Glauben, denn heute werdet ihr beim hlg. Laurentius sein.« Unter dieser Gruppe von Ketzern befand sich auch ein schönes Mädchen, dessen Unschuld selbst das Mitleid der rohen Henkersknechte erweckte. Sie wurde aus den Flammen gezogen, und man versprach ihr, ihr einen Mann zu verschaffen oder sie in ein Kloster zu bringen. Sie willigte scheinbar ein und blieb ruhig, bis die übrigen tot waren. Dann bat sie ihre Wächter, ihr den > Verführer der Seelen< zu zeigen. Sie zeigten ihr den Leichnam Arnolds. Da löste sie plötzlich ihre Fesseln, entsprang ihnen und warf sich, ihr Gesicht mit ihren Kleidern bedeckt, auf die Überreste ihres Lehrers, um mit ihm zu verbrennen und zur Hölle zu fahren. Die Ketzer, welche um diese Zeit in Oxford entdeckt wurden, wiesen alle Anerbietungen der Gnade ab mit den Worten Christi: >Selig sind, welche um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich. < Und als ihr Urteil, das auf schimpflichen und langsamen Tod lautete, gesprochen war, schritten sie, ihr Führer Gerhard an der Spitze, freudig der Bestrafung entgegen, indem sie sangen: >Selig seid ihr, wenn euch die Menschen schmähen.< In dem Kreuzzuge gegen die Albigenser stellten die frommen Kreuzfahrer bei der Einnahme des Schlosses Minerve ihren Gefangenen die Wahl, entweder zu widerrufen oder verbrannt zu werden. Einhundertachtzig zogen den Scheiterhaufen vor, wozu der das Ereignis erzählende Mönch ruhig bemerkt: >Ohne Zweifel gingen alle diese Märtyrer Satans von zeitlichen zu ewigen Flammen über<. Ein erfahrener Inquisitor - Bernard Gui - erzählt uns, daß die Catharer gewöhnlich entweder durch die Bemühungen der Inquisition aufrichtig bekehrt wurden oder sonst bereit waren, für ihren Glauben zu sterben, während die Waldenser geschickt eine Bekehrung erheuchelten, um zu entkommen. Dieser unbeugsame Eifer hatte, wie die orthodoxen Schriftsteller versichern, nichts von dem Märtyrertum der Christen an sich, sondern war eine vom Satan eingeflößte Herzens-härtigkeit.« Lea Bd. I S. 114-116.
88 Vgl. Schmidt Bd. II S. 82ff., 93ff.; Döllinger Bd. I S. 180-181. Auch
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