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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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Seine Huldigungen und Werbungen waren weit prosaischerer Art. Mit dem toulouser Grafen Lehensherr der Vizegrafschaft Carcassonne und Beziers, hoffte er durch eine Vermählung mit der Witwe seines im Jahre 1193 verstorbenen Vetters Roger-
    Taillefer sich die Oberlehens- wenn nicht Alleinherrschaft ihrer Domänen zu sichern.
    Alfons der Keusche warb nicht um Minne, die die Ehe ausschließt, sondern um Ehe, die mit Minne nichts zu tun hat. Somit war er für die Keuschheit voraussetzende Minnewelt gestorben. Er gehörte nur noch der ritterlich-profanen Welt an, war nur noch ein Anwärter auf Krone und Ehebett und nicht mehr ein Ritter der leys d'amors, die ein Falke vom Himmel gebracht haben soll.
    Dann wurde auch Arnold von Marveil des Minnereiches unwürdig. Als er einmal von Adelaide geküßt worden war, verriet er in zwei Gedichten diese Gnade. Das allein war ein schwerer Verstoß gegen die strengen Gesetze der romanischen Minnewelt. Obendrein hatten diese Küsse in ihm Gefühle erweckt, die mit reiner Minne auch nichts mehr zu tun hatten:
    O wie lieb ich lauer Lüfte Wallen Im April, eh' Mai erwacht,
    Wenn der Nachtigallen Schlagen rieselt durch die Nacht.
    Jeder Vogel seine Lieder Fröhlich singt, wie's ihm gefällt,
    Unter taubeperltem Flieder Seinem Weibchen zugesellt ...
    Arnold von Marveil
    Deswegen wurde der arme Troubadour von der Vicomtesse Adelaide verabschiedet und mußte sich an den Hof Wilhelms des Achten von Montpellier (den Guiot von Provins seinen Gönner Guillaumes nennt) zurückziehen.
    »Man hat mich von ihr entfernen können. Aber nichts kann den Faden zerschneiden, der mein Herz an sie bindet. Mein Herz ist zärtlich und beständig. Nur Gott und ihr gehört es. Glückliche Gefilde, wo sie wohnt, wann werde ich euch wiedersehen! Kommt denn niemand von dort zu mir? Ein Hirte, brächte er mir Kunde von ihr, wäre mir einem edlen Barone gleich. Fände ich sie in der Wüste, so wäre die Wüste mir ein Paradies.«
    Arnold von Marveil feierte nur Adelaide. Dann starb er aus Liebes-sehnsucht. Minneweh war eine Troubadourenkrankheit, die tödlich verlief ohne die einzige Arznei: Minne.
    Wenn Adelaide auf ihrer Burg Poivert inmitten prachtvoller Pyrenäenwälder Hof hielt, so zogen jahraus jahrein Scharen von Prinzen und Troubadouren herbei. Die delikatesten Minneprobleme wurden ihrem Gutachten unterbreitet. Wenn Richard Löwenherz, Alfons von Arago-nien oder Ramon Drut von Foix erotische Vergehen auf dem Gewissen hatten, so mußte Adelaide Recht sprechen. Ihr Urteil war unwiderruflich, und jeder unterwarf sich ihm, war sie doch die edelste, keuscheste und graziöseste Dame Romaniens.
    Wenn Troubadoure wie Peter von Auvergne zu Poivert bei Roussillonwein und »bei Fackelschein lachlustig Liedlein fanden«, oder wenn auf dem Anger und im Walde Hörnerschall, Scherzen und Lieder aufklangen, blieb sie einsam in ihrer Kemenate und betete ...
    Adelaide war eine fromme Frau. Aber der Gott, zu dem sie betete, war nicht unser Gott. Ihr »Christus« war nicht am Kreuze gestorben. Der dräuende Gott Israels war für sie Luzifer. Adelaide war Ketzerin!
    Aber nicht das allein ließ sie das Minnewerben der Troubadoure und Prinzen ablehnen. Ketzer sein und Troubadoure verstehen können, schlossen einander nicht aus. Nein, die meisten Troubadoure waren »Ketzer«, alle Cathari (Ketzer) waren Troubadoure, und fast alle Damen Romaniens wurden, wenn die ersten Altersspuren ihr Gesicht zu zeichnen begannen, Ketzerinnen. Das allein war es nicht, was die Car-cassonner Vicomtesse von dem weltlichen Getriebe ihres Hofes zu Poivert fernhielt.
    Adelaide hat in ihrem Leben viel Herzeleid erfahren müssen. Ihr Gatte Trencavel hatte mit seiner Blutrache an den Bürgern von Beziers eine schwere Schuld auf sich geladen, die er nun vor Gott zu verantworten hatte. Die Trencavel waren ritterliche aber ungestüme Draufgänger. Sie bangte um zukünftige Torheiten ihres einzigen Sohnes Ramon-Roger. Mit dem Ketzer Bertran von Saissac, den ihr Gatte Roger-Taillefer in seinem Testament als Vormund für den noch unmündigen Trencavel-sohn bestimmt hatte, leitete sie dessen Erziehung. Ihr Sohn sollte nicht weltlicher Ritter, nicht einmal Minneritter, sondern Ritter der höchsten Minne werden. Würdig sollte er sein der Tischrunde, die auf Montsegur, der Pyrenäenburg auf schroffem unnahbarem Felsen, die reine Lehre vom tröstenden »Parakleten« hütete.
    Fürwahr, du heißest Parzival.
    Dies deutet mitten durch gewiß.
    Denn Furchen tief groß

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