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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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dieses Asketen Brüder, die Cathari, waren in ihren wilden Sabarthes-Höhlen wohl geborgen. Als die Inquisitoren bereits die Herren der Kathedrale von Lombrives und der Höhle des Eremiten waren, konnten die Ketzer doch bis ins vierzehnte Jahrhundert in ihren »Spulgas« den Angreifern widerstehen. Mit Spulga pflegt man eine befestigte Höhle zu bezeichnen (lateinisch: spelunca, Diminuivform von spelum = Höhle).
    Die Spulgas des Sabarthes - es gibt ihrer zwei - waren mächtige Festungen unter der Erde. Von ihren verzweigten Gängen und Sälen kennen wir leider nur einen kleinen Teil. Allenthalben hüten Mauern, vom kalkhaltigen Wasser in jahrhundertelanger Arbeit zu wahren Felswänden versintert, das hinter ihnen schlummernde Geheimnis.
    Die Wissenschaft ist bis heute an den Spulgas des Sabarthes vorbeigegangen 94 . Und doch muß jeder, der auf der Landstraße Toulouse-Barcelona sich dem Paß von Puymorens nähert, nach Verlassen des kleinen Badeortes Ornolac-Ussat-les-Bains rechter Hand auf halber Höhe der schroffen Felswand mächtige, von zinnengekrönten Mauern abgeschlossene Höhleneingänge gewahren. Hier liegt die besterhaltene Spulga, die Höhlenfestung von Bouan. Alles was zu einer mittelalterlichen Burg gehörte, ist noch vorhanden: Donjon, Zisterne, Treppen, Kasematten, Späherwinkel. Die Spulga von Bouan unterscheidet sich von anderen Burgen nur dadurch, daß sie fast ausschließlich aus unterirdischen Gängen besteht.
    Auf dem gegenüberliegenden Ariegeufer, unweit der halbverfallenen Badehäuser von Ussat, in deren Thermen sich ungezählte Ringelnattern tummeln, liegt zwischen der Höhle des Eremiten und der von Fontanet die Spulga von Ornolac. Nach beschwerlichem Aufstieg über Geröll gelangt man an ein fast undurchdringliches Gestrüpp von Feigenbäumen und Dornhecken, hinter dem ein zerfallenes Burgtor liegt. An brandgeschwärzten Felswänden entlang führt der Weg zu den Trümmern dieser Spulga, die der Fels wie eine Schneewächte überhängt. Wo einstmals der Zugang zu den Tiefen des Berges war, ist nicht mehr festzustellen. Er wurde verschüttet, als die Ketzerburg in Flammen aufging. Wie riesig ihre Ausmaße gewesen sein müssen, ist noch an den zu beiden Seiten in die Felswand eingehauenen Balkenlöchern zu erkennen: vier Stockwerke, wenn nicht mehr, haben sie getragen.
    Die Spulgas von Bouan und Ornolac haben eine bewegte Zeit gesehen. Zuerst waren sie Schlupfwinkel der Keltiberer gewesen, die hier nach dem Fall ihres Hauptortes, des vicus Sotiatum von den Legionen Roms aufgerieben wurden. Dann wurden sie von den Römern zu uneinnehmbaren Kastellen ausgebaut. Als siebenhundert Jahre später die Mauren siegreich nach Norden vordrangen, hausten sie hier, bis sie im Jahre 719 von dem Heerbann Karls des Großen auf dem Lombardfeld zwischen Tarascon und Ornolac zurückgeschlagen wurden. Dreihundert Jahre später fanden die Cathari in ihnen ihre letzte Heimat.
    In der Spulga von Ornolac wurde, wie ein carcassonner Inquisitionsregister berichtet, Wolf von Foix zum Ketzer (Lupus haereticavit in spulga Ornolaco). Wolf war ein Sohn Ramon Druts, des Grafen von Foix. Wie alle Herrensöhne der Languedoc wurde er durch den Patriarchen der Minnekirche Guilhabert von Castres in den ketzerischen Glauben eingeführt. Guilhabert, ein Belissensohn, stammte aus dem Hause Castres im Albigensischen, das den Trencavel von Carcassonne nahe stand und lehenspflichtig war. Daß auch Ramon-Roger, der junge Trencavel, durch Guilhabert von Castres in der Spulga von Ornolac als Gläubiger in die Minnekirche auf genommen wurde, ist anzunehmen, obgleich uns die zeitgenössischen Dokumente nichts darüber berichten. Als die Inquisitoren ihre berüchtigten Register zu schreiben begannen, war der Trencavel längst vergiftet.
    Eine andere haereticatio des Patriarchen Guilhabert erregte in der christlichen Welt ungeheures Aufsehen. Im Jahre 1204 erteilte er Esclar-monde von Foix das Consolamentum.
    Esclarmonde war des Grafen Ramon Drut Schwester und Tante des jungen Ramon-Roger von Carcassonne. Sie konnte vom Bergfried ihrer väterlichen Burg Foix die Schneegipfel des Tabor, die Schluchten des Sabarthes und die Matten des Olmes überschauen. Schon in frühester Jugend wurde sie von ihren ketzerischen Eltern dem Parakleten geweiht. Vielleicht trug sie deshalb ihren Namen, der mit dem Catharismus aufkam und mit ihm verschwand, und der mit »Leuchte der Welt« und mit »reines Licht« übersetzt werden kann. Esclarmondes Namen

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