Kreuzzug gegen den Gral
entzweit und dessen Bannfluch zugezogen. Damit war es scheinbar zu Ende mit seinem Glück. Toulouse, das er nach der Schlacht bei Muret in seinen Besitz hatte bringen können, fiel wieder von ihm ab. Als er es am Johannistag des Jahres 1216 zurückerobern wollte, wurde er von einem Stein getötet, den angeblich eine Frauenhand gegen ihn geschleudert hatte. Groß war der Schmerz der Gläubigen im ganzen Abendland, als die Nachricht sich verbreitete, daß der »ruhmreiche Vorkämpfer Christi«, der »neue Makkabäus«, das »Bollwerk des Glaubens« als Märtyrer für die Religion gefallen war.
Sechs Jahre später starb Raimon der Sechste, Graf von Toulouse, Herzog von Narbonne, Marquis der Provence, nunmehr der unglücklichste, ärmste Monarch des Abendlandes.
Er konnte nicht mehr sprechen, als der Abt von Saint-Sernin ihm die letzte Ölung geben wollte. Ein im Sterbezimmer befindlicher Hospitaliter warf seinen Mantel mit dem Kreuz über den Grafen. Er wollte seinem Orden, den der Graf in seinem Testament bedacht hatte, die Bestattung sichern. Aber der Abt von Saint-Sernin riß den Mantel wieder weg und nahm mit lautem Geschrei das Begräbnis für sich in Anspruch, weil der Tod den Grafen in seiner Pfarrei ereilt habe.
Eine von Papst Innocenz dem Vierten im Jahre 1247 angeordnete Untersuchung stellte auf Grund der Aussagen von hundertundzwanzig Zeugen fest, Raimon sei »der frömmste und barmherzigste der Männer und der gehorsamste Diener der Kirche« gewesen. Aber das änderte nichts an der furchtbaren Tatsache, daß die sterblichen Überreste des Grafen unbestattet blieben und im Hause der Hospitaliter nach und nach von Ratten aufgefressen wurden. Ende des siebzehnten Jahrhunderts konnte nur noch der Schädel als »Sehenswürdigkeit« gezeigt werden.
Bis zum Jahre 1229 ließen Paris und Rom Kreuzzüge gegen die Albigenser predigen. Dann aber wurden in Meaux an der Marne ernsthafte Friedensverhandlungen zwischen Raimon dem Siebenten von Toulouse und Ludwig dem Heiligen von Frankreich eingeleitet und die Verträge bald darauf am zwölften April 1229 zu Paris feierlich ratifiziert.
Raimon mußte in Büßerkleidung auf dem Platz von Notre-Dame vor dem päpstlichen Legaten niederknien und ihn bitten, in die Kathedrale eingelassen zu werden. Am Portal wurde er seiner Kleider und seines Schuhwerks entledigt und nur mit einem Hemde bekleidet zum Hochaltar geführt, wo er vom Kirchenbanne losgesprochen wurde. Darauf mußte er die Friedensbedingungen beschwören. Dann wurde er im Louvre so lange gefangen gehalten, bis der Tag der im Friedenspakt festgelegten Hochzeit zwischen seiner Tochter Johanna und dem kaum neunjährigen Bruder Ludwigs des Heiligen gekommen war.
Die Friedensbedingungen waren folgende: Raimon mußte dem König und der Kirche Treueid schwören und geloben, das Ketzernest Montse-gur auszuheben und jedem eine Prämie von zwei Silbermark zu zahlen, der einen Ketzer lebend oder tot abliefern würde. Weiterhin hatte er den Kirchen und Klöstern Romaniens einen Schadenersatz von zehntausend Mark zu leisten und viertausend Mark für die Errichtung einer katholischen Akademie in Toulouse zu stiften. Es wurde ihm anbefohlen, die als Freunde zu behandeln, die während der Kreuzzüge gegen ihn gekämpft hatten. Die Mauern von Toulouse und dreißig anderen Städten und Burgen waren zu schleifen, und Frankreichs König waren auf zehn Jahre hinaus fünf Schlösser als Bürgschaft zu überlassen. Es war stillschweigend angenommen worden, daß der Graf von Toulouse alle seine Besitzungen verwirkt habe. Aus Gnade ließ ihm Ludwig der Heilige die in dem ehemaligen Bistum Toulouse liegenden Domänen, mit der Bestimmung jedoch, daß dieselben nach seinem Tode an Raimons Tochter und deren Gatten, den Bruder Ludwigs fallen, und daß sie dann unwiderruflich dem französischen Königshaus gehören sollten. Gebiete wie das Herzogtum Narbonne und die Grafschaften Velay, Gevaudan, Viviers und Lodeve behielt der König von vornherein für sich, während die Markgrafschaft Provence westlich der Rhone der Kirche als Reichslehen gelassen wurde. So verlor Raimon zwei Drittel seines Landes. 127 In den anderen großen romanischen Städten, die früher dem Grafen von Toulouse lehenspflichtig, aber im Grunde genommen fast unabhängig gewesen waren, wurden königliche Seneschalle eingesetzt.
Endlich sollte Raimon energische Maßnahmen ergreifen, um alle noch unbotmäßigen Vasallen, besonders den Grafen von Foix, zur Anerkennung der
Weitere Kostenlose Bücher