Krieg der Ordnung
glauben, dass du dieses Zeug trinken und dabei so geordnet bleiben kannst, wie Turmin es geschildert hat.« Gunnar runzelte die Stirn.
»Die Druiden haben eine Redewendung, in der es um eine tiefere Art der Ordnung geht.«
»Ach, ja. Was ist nun mit dieser Frau? Dayala? Du vermeidest es die ganze Zeit, über sie zu sprechen.«
»Das ist richtig. Ich vermeide es.« Justen trank einen letzten Schluck aus dem Krug und stellte ihn zur Seite. »Sie ist schwer zu beschrieben.«
»Nun ja … was macht sie denn so – abgesehen davon, dass sie herumsitzt und Druidin ist?«
»Sie macht Dinge aus Holz. Sie lässt sie wachsen, wie die Schachtel, die ich dir gegeben habe.«
»Sie lässt sie wachsen? Das ist aber eine große Leistung, selbst für eine Druidin.«
»Das dachte ich auch, aber … für jemanden, der nicht dort war, ist es schwer zu verstehen. An der Oberfläche scheint alles in der Ordnung zu ruhen und so ist es auch. Aber jeder Druide wird angehalten, auf einer tieferen Ebene ein Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos herzustellen.«
»Wird angehalten?«
»Es gibt eine Prüfung. Entweder, man nimmt die Prüfung auf sich und überlebt, oder man muss gehen.«
»Du … hast du die Prüfung gemacht?«
Justen nickte, dann fügte er hinzu: »Beinahe hätte ich es nicht geschafft. Sarronnyn war dagegen in gewisser Weise ein Kinderspiel. Nicht, dass ich nicht an beiden Orten jederzeit hätte sterben können.«
Gunnar sah Justen lange an und Justen spürte, wie sein Bruder mit den Ordnungs-Sinnen forschte. Schließlich schüttelte Gunnar den Kopf. »Diese Dayala … war sie der Grund? Der Grund dafür, meine ich, dass du die Prüfung gemacht hast?«
»Teilweise. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, ich müsste es tun. Ich kann dir nicht einmal den genauen Grund nennen, aber ich hatte das Gefühl, dass in Recluce etwas nicht stimmte. Vielleicht lag es an Firbek.«
»Im schönsten Obstgarten kann es faule Früchte geben.«
»Aber sie sollten nicht dort aufbewahrt werden, wo sie ein ganzes Fass verderben können, oder?« Justen rutschte auf dem harten Holzstuhl herum.
»Worauf willst du hinaus, mein lieber Bruder?«
»Warum hat ausgerechnet Firbek die Marineinfanteristen angeführt? Ich glaube nun einmal nicht an Zufälle.«
»Meinst du …« Gunnar dachte eine Weile nach, ehe er fortfuhr. »Ist das der Grund dafür, dass du etwas über Ryltar erfahren wolltest? Weil er Firbeks Vetter ist?«
»Nenn es Neugierde.«
»Neugierde … man glaubt es kaum.«
»Sogar die Weißen Magier tun nichts ohne guten Grund.«
»Was willst du damit sagen?« Gunnar kratzte sich im Nacken.
»Warum sind so wenige Weiße Magier in Fairhaven? Und damit liegt auch die Frage nahe, warum Fairhaven immer größere Erfolge verzeichnen konnte, seit Cerryl der Große die starken Weißen Magier auf die Hauptstädte und Truppenstützpunkte in Candar verteilt hat.«
»Das könnte auch an der Eisernen Garde liegen.«
»Ich bin sicher, dass dies ein Teil der Antwort ist, aber die Konzentration von Chaos ist für die Weißen ebenso gefährlich wie für uns, vielleicht sogar noch mehr.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Gunnar. »Du weichst ständig aus. Ich hatte dich eigentlich nur nach Dayala gefragt. Aber du bist sofort wieder ausgewichen, als … ich weiß nicht. Du bringst so viele Dinge gleichzeitig zur Sprache, dass ich allmählich den Überblick verliere.« Gunnar seufzte. »Also gut, was meinst du mit Konzentration von Chaos‹?«
»Ich werde sie zwingen, all ihr Chaos an einem Ort zu konzentrieren und ihnen den Weg dahin erleichtern.«
»Aber wie willst du das machen? Willst du ihnen eine Botschaft schicken und sie darum bitten, etwas zu tun, das sie seit Jahrhunderten nicht mehr getan haben?«
Justen stand grinsend auf. »Weißt du, das könnte tatsächlich funktionieren.«
Gunnar erhob sich vom schmalen Bett. »Gehst du?«
»Ich habe morgen früh in der Großen Werkstatt zu tun.«
»Du hast mir immer noch nichts über deine Druidin erzählt.«
»Du hast Recht. Ich habe nichts über sie erzählt.«
Justen grinste und ging zur Tür. Er öffnete sie und drehte sich noch einmal zu Gunnar um. Der ältere Bruder seufzte. »Beim nächsten Mal?« Justen zuckte übertrieben mit den Achseln und grinste wieder.
CVII
N achdem er sich den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, ging Justen durch die Große Werkstatt nach draußen auf die seitliche Veranda. Eine steife, kalte Brise wehte von Westen her und sein Atem
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