Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
Vom Netzwerk:
Kleider und legte sich ebenfalls schlafen. Biterolf
und Agnes waren nun unter sich.
    Biterolf rückte seinen Mantel zurecht. Dabei löste sich die Spange
mit der Zikade. Biterolf drehte sie in seiner Hand. Er hatte sie vor der Reise
zur Wartburg eigens bei einem Schmalkalder Goldschmied für teuer Geld
anfertigen lassen, im Glauben, jeder Trobador trüge eine Zikadenspange am
Mantel als Kennzeichen seiner Zunft. Tatsächlich hatte nicht einmal Walther
derartigen Schmuck.
    »Hast du Angst vorm Tod?«, fragte Agnes unvermittelt.
    Biterolf zuckte mit den Schultern und fragte, um der Antwort
auszuweichen: »Und du?«
    »Nur vorm Sterben«, antwortete sie. »Es tut mir leid, dass es so endet,
Biterolf. Ich hätte dich nicht hineinziehen dürfen. Ich hätte Heinrich sich
selbst überlassen sollen. Wenn du die Nachschlüssel nicht gefunden hättest,
wenn ich dir nicht mit meinem Verdacht in den Ohren gelegen hätte, dann wärst
du längst schon wohlbehalten wieder daheim. Ich wünschte, ich könnte irgendein
Opfer bringen, es wiedergutzumachen.«
    Sie strich ihm eine Haarlocke aus der Stirn, die die Wunde vom
Zweikampf bedeckte. »Verheilt«, sagte sie und zog ein Messer aus dem Gürtel.
Sie kniete sich vor Biterolf, der noch immer saß, führte die Klinge zwischen
Zwirn und Stirn und durchtrennte die Naht. Dann zog sie einen nach dem anderen
die Fäden aus der Haut.
    Biterolf, der den Kopf gesenkt hielt, sah nur ihre Brust und ihren
Bauch und ihr Becken, verborgen von dem Leinenhemd, das sie als Einziges noch
am Leibe trug, derweil ihre restlichen Kleider trockneten. Er hätte seine Hände
nur ein wenig ausstrecken müssen, um sie ganz zu umfassen. Er roch ihren
Schweiß. Agnes hielt inne in der Untersuchung seiner Narbe. Sie hob sein Kinn,
ihm in die Augen zu schauen, und sein Gesichtsausdruck machte sie mitleidig
lächeln.
    »Der Landgraf hat deine Mitgift gezahlt, wusstest du das?«, sagte
er.
    »Wie viel?«
    »Zwei Mark. Hättest du mich denn geheiratet?«
    »Ich glaube nicht«, sagte sie und küsste ihn.
    Es war ein langer Kuss, und als er beendet war, griff sie mit beiden
Händen nach dem Saum seines Hemdes, zog es ihm über den Kopf und legte es am
Kamin ab, sodass er nackt vor ihr saß.
    »Und Heinrich?«, flüsterte er, als er begriff, was sie vorhatte.
»Und Wolfram von Eschenbach?«
    »Schlafen«, entgegnete sie. »Es tut mir leid, aber es ist zu kalt,
sich auch nur einen Schritt vom Feuer zu entfernen.« Dann raffte sie ihrerseits
ihr Hemd bis an die Hüfte und setzte sich ihm in den Schoß, die Schenkel rechts
und links um seinen Körper geschlungen. Sie küsste ihn erneut, während seine
Hände ihre Beine, ihr Gesäß und ihren Rücken auf- und abtasteten; unschlüssig,
an welchem dieser Orte sie verweilen sollten. Irgendwann war auch ihr durch das
Feuer des Kamins und durch sein Feuer warm genug geworden, um sich ihres Hemdes
ganz zu entledigen. Er verschränkte seine Arme hinter ihrem Rücken und drückte
sie an sich.
    Mittendrin rührte sich Heinrich von Ofterdingen. Er brabbelte einige
Worte und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Biterolf hielt nach einem
Schwert Ausschau oder nach einem Holzscheit, denn zweifellos hätte er den
Ofterdinger damit niedergeschlagen, um zu verhindern, dass dieser ihm ein
zweites Mal die Erfüllung mit Agnes vereitelte. Aber Heinrich sprach lediglich
noch ein paar Silben, die entweder heidnisch waren oder gar nichts, und wachte
erst dann wieder auf, als Biterolf und Agnes längst eingeschlafen waren.

31 . DEZEMBER
SANKT SILVESTER
    Heinrich von Ofterdingen wurde von der Stimme seines toten
Knappen aus dem Schlaf gerissen. »Mörder! Mörder!«, schrie es ihm ins Ohr,
worauf Ofterdingen aus dem Tiefschlaf auf die Beine sprang, um sich dem
Wiedergänger zu stellen. Rupert war nirgends zu sehen, aber auf Ofterdingens abgelegtem
Kettenpanzer saß dessen Rabe und sah ihn mit schiefem Kopf an. »Gelobt sei
Jesus Christus!«
    Ofterdingen griff sich an die Brust. »Grundgütiger, mein Herz«,
stöhnte er. »Aus welchem Nest kommst du nun wieder angeflogen? Hast du nicht
längst das Weite gesucht? Der Teufel hole dich, mich so zu wecken, du
gefiederte Missgeburt!«
    »Hol dich der Teufel!«
    »Nein, dich soll der Teufel holen, elender Vogel«, beharrte
Ofterdingen und ging einige Schritte, um an einer der Säulen das Wasser des
Morgens abzuschlagen. »Dein Herr und Falkner ist tot«, rief er dem Raben durch
den Saal zu.
    »Deus vult!« , erwiderte der Vogel und
pickte die

Weitere Kostenlose Bücher