Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
Pfeile von den Gegnern sausten an ihnen vorbei, und einer prallte am Schild des Marines neben Vatueil ab. Sein Trupp befand sich ganz vorn; er war die Vorhut, die Speerspitze. Vatueil beobachtete, wie die Wächter heranhuschten. Sie waren wirklich schneller, sogar noch schneller als seine in die Tiefe fallenden Marines.
Er begriff, dass ihnen nur Zeit für eine Salve bleiben würde, und anschließend würde der Kampf zu etwas führen, was man früher » Handgemenge« genannt hatte.… Ruhig…, sendete er. Und dann:… Eröffnet das Feuer!…
Impaktlanzen, Giftpfeile, Auflöserstangen und Elektroschocker regneten auf die Gegner hinab.
Repräsentantin Filhyn hatte das Mittagessen auf einer der breiten, grasigen Terrassen auf dem breiten Dach des Senatsgebäudes eingenommen. Die Terrasse bot einen weiten Blick über das hügelige Grasland, das den Zentralen Regierungskomplex umschlang wie der Rüssel einer Mutter ihr Neugeborenes. Hinter dem grünen Fluss des Graslands erhoben sich die Stufenpyramiden der Verwaltung und des Handels und weitere mit Wohnungen, an den Seiten von Vegetation geschmückt, auf den Terrassen und Stufen standen einzelne Bäume. Die große Ebene jenseits der Stadt schien in der massigen Präsenz der Pyramiden zu schrumpfen und sich im Dunst des warmen Tags zu verlieren.
Errun kam allein, wie in seiner hastig gekritzelten Mitteilung angekündigt. Filhyn fragte sich, wie viel er herausgefunden hatte, und durch wen. Sie empfing ihn in einer verlassenen Suhle unweit der transparenten Wand am Rand der Terrasse. Ihr Gewand und andere persönliche Dinge hatte sie bei ihren Assistenten zurückgelassen und saß nun, bescheiden gekleidet, im kühlen Schlamm und nickte Errun zu, als er eintraf, einen Gruß brummte und seinen alten, runden Körper neben ihr in den Schlamm sinken ließ.
» Ich versuche mir vorzustellen, welchen Umständen ich diese unerwartete Ehre verdanke, Senator«, sagte Filhyn.
» Vielleicht versuchen Sie das wirklich«, erwiderte der dickliche Errun und streckte sich genießerisch im Schlamm aus. Dem Rand der Terrasse kehrte er den Rücken zu. Es gab einen drei Meter breiten Sicherheitsabstand zwischen der transparenten Wand, die sich über die ganze Terrasse zog, und dem Rand– das war das Minimum, mit dem ein Pavuleaner ab einer Höhe von einem Stock fertigwerden konnte–, aber der alte Senator stand in dem Ruf, besonders große Höhenangst zu haben. Es überraschte Filhyn, dass er sich überhaupt dazu bereit erklärt hatte, sie so weit oben zu treffen. Errun drehte sich im Schlamm und sah sie an. » Oder vielleicht auch nicht.«
Er schwieg, vermutlich in der Hoffnung, dass sie die Leere des Schweigens mit Worten füllte, aber diesen Gefallen tat sie ihm nicht. Vor einem halben Jahr hätte sie sich wahrscheinlich zu einer entsprechenden Reaktion hinreißen lassen und zu viel gesprochen, zu viel preisgegeben. Filhyn vermied es, sich schon jetzt selbst zu loben. Repräsentant Errun kannte sicher noch viele weitere Tricks, abgesehen von dem, andere Leute dazu zu bringen, sich in Schwierigkeiten zu reden.
» Wie auch immer«, sagte er und warf sich mit einem Rüssel Schlamm auf den Rücken, » ich glaube, wir sollten einige Dinge klären.«
» Ich bin immer dafür, Klarheit zu schaffen«, entgegnete Filhyn.
» Mhm.« Wieder bewegte sich ein Rüssel und spritzte Schlamm auf den Rücken. Die Bewegung wirkte irgendwie sanft und drückte eine Zartheit aus, die Filhyn reizend fand. » Wir sind…«, begann Errun und zögerte. » Wir sind eine gefallene Spezies, Repräsentantin.« Er unterbrach sich und sah ihr in die Augen. » Darf ich Sie Filhyn nennen?« Er hob einen schmutzigen Rüssel und ließ ihn mit einem Platschen in den Schlamm fallen. » Bei einem so zwanglosen Treffen wie diesem?«
» Ich denke schon«, sagte Filhyn. » Warum nicht?«
» Nun gut. Wir sind eine gefallene Spezies, Filhyn. Wir sind nie ganz sicher gewesen, was vor uns kam, aber wir haben uns immer etwas Heldenhaftes und Kühnes vorgestellt, in der Art von Raubtieren. Und man hat uns gesagt, dies sei der Preis dafür, zivilisiert zu sein.« Errun schnaubte. » Jedenfalls, wir sind, wer wir sind, und obwohl von Perfektion keine Rede sein kann, haben wir uns doch zumindest alle Mühe gegeben und uns wacker geschlagen. Und wir können stolz sein, dass wir noch nicht vor den von uns selbst geschaffenen KI s kapituliert oder all jene Attribute und Mechanismen aufgegeben haben, die uns überhaupt erst
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