Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
nicht. Wenn er recht hatte und es auf der anderen Seite des Portals wirklich ein anderes Leben ohne Qualen gab, dann hoffte sie, dass er es gefunden hatte. Wenn er gestorben war, richtig gestorben, wenn er einen tatsächlich existierenden Tod gefunden hatte, so bot auch das einen Grund zur Freude, denn es bedeutete ein Ende des Leids.
Aber vermutlich hatte ihn das Portal nur zu einem anderen Teil dieser Welt gebracht, zu einem anderen, vermutlich noch schlimmeren Abschnitt dieser Realität, die er » Hölle« genannt hatte. Vielleicht konnte sie von Glück sagen, dass sie zurückgeblieben war. Zweifellos warteten mehr Folter, mehr Pein und mehr Erniedrigung auf sie, daran zweifelte sie nicht, doch vielleicht war das, was Prin jetzt erwartete, noch weitaus schlimmer. Sie dachte nicht gern daran, was sie erwartete, nicht jetzt, aber der Gedanke an das, was mit Prin geschehen mochte, wog noch schwerer. Trotzdem, sie gestattete sich nicht, davor zurückzuweichen, zwang sich stattdessen, dem Gedanken in ihrem Kopf Platz zu geben. Wenn man daran dachte, wenn man sich innerlich darauf vorbereitete– darauf, was mit Prin geschehen sein mochte, was die Dämonen mit ihm angestellt hatten–, so war die Enthüllung der Wahrheit, wenn sie später kam, nicht ganz so schmerzhaft.
Sie fragte sich, ob sie ihn jemals wiedersehen würde. Sie fragte sich auch, ob ein Wiedersehen wünschenswert gewesen wäre, nach all dem, was die Dämonen vielleicht mit ihm machten. Er hatte gegen die Regeln dieser Welt verstoßen, gegen die Regeln, die ihre Existenz bestimmten. Er hatte die Gesetze der Hölle missachtet, und dafür erwarteten ihn die härtesten aller Strafen.
Möglicherweise galt das auch für sie.
Sie hörte, wie die Dämonen etwas sagten. Die Worte verstand sie nicht, aber es klang nach einem Ausruf, nach Überraschung. Da wusste sie, dass man sie gesehen hatte. Sie hörte und fühlte, wie eisenbeschlagene Tatzen über die Rampe kamen, sich ihr näherten und neben ihrem Kopf verharrten.
An ihren Rüsseln wurde sie nach oben gezerrt. Sie versuchte, ihre Handballen über dem Gesicht zu halten, doch man schüttelte sie, und das Gewicht ihres Körpers löste sie aus den Griffen. Das breite, pelzige Gesicht eines Dämons erschien vor ihr, und seine zwei großen Augen starrten sie an, bevor sie ihre eigenen Augen zukniff.
Der Dämon schrie ihr ins Gesicht. » Du bist nicht hindurchgekommen? Das ist schlecht für dich!« Sein Atem stank nach verwesendem Fleisch. Er stapfte über den Hang, zog sie hinter sich her und brüllte den anderen Dämonen etwas zu. Seht nur, was ich gefunden habe!
Sie wechselten sich damit ab, sie zu vergewaltigen, während sie beratschlagten, auf welche Weise sie leiden sollte. In der Hölle brannte dämonischer Samen wie Säure und brachte Parasiten, Würmer, Gangräne und Karzinome, abgesehen von der Möglichkeit, mit etwas Schrecklichem schwanger zu werden, das sich aus ihr herausfressen würde, wenn die Zeit der Geburt kam. Zu einer solchen Empfängnis konnte es auch bei einem Mann kommen; es brauchte keine Gebärmutter, und die Dämonen waren nicht wählerisch.
Sie fand den Schmerz erstaunlich, die Demütigung absolut.
Sie begann zu singen. Sie sang ohne Worte, machte nur Geräusche in einer Sprache, die sie selbst nicht verstand und von deren Existenz in ihr sie gar nichts gewusst hatte. Die sechs Dämonen reagierten voller Zorn und schlugen ihr mit einer Eisenstange die Zähne aus. Sie sang weiter, auch durch den Blutschaum und die zerschmetterten Zähne in ihrem Mund, und es klang wie ein keuchendes Lachen, das nicht zurückgehalten werden konnte. Einer der Dämonen schlang ihr etwas um den Hals und fing an, sie zu erwürgen. Sie spürte, wie das Leben aus ihr wich, und fragte sich, welche neuen Qualen auf sie warteten, wenn man sie ins Leben zurückholte, auf dass sie erneut litt.
Das irre, gespenstische Zerren, das sie zu zerfetzen drohte, hörte plötzlich auf. Das Ding an ihrem Hals wurde fortgerissen, und sie schnappte nach Luft, spuckte und würgte dann, als sie sich am eigenen Blut verschluckte. Es gelang ihr, sich auf die Seite zu drehen– Blut rann ihr aus dem Mund und nahm die Zähne mit– und erneut nach Luft zu schnappen. Um sie herum wurde geknurrt und gebrüllt, und hinzu kam ein Pochen, wie von auf den Boden geworfenen Körpern. Sie konnte die Bretter jetzt besser erkennen, denn die nach draußen führende Tür stand offen, und draußen im Licht zeigte sich ein riesiger
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