Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
Braunen Zwerg. Der große doppelte Kuchen des Bulbitianers badete dort in der langwelligen Strahlung des immer noch sehr dunstigen und staubigen Systems, an seinem künstlichen Himmel das blauweiße Leuchten der jungen Büschel-Sterne, dort, wo es die langsam rotierenden Gas- und Staubwolken neu entstehender Sonnensysteme durchdringen konnte.
Dieser spezielle Bulbitianer war im Lauf der Äonen von verschiedenen Spezies kolonisiert worden, und die derzeitigen nominellen Bewohner stellten nichts Besonderes dar. Vor langer Zeit hatte das Konstrukt eine stabilisierte Singularität in seinem hohlen Zentrum bekommen, ein Schwarzes Loch, das ein Drittel der Schwerkraft erzeugte, die Panmenschen als normal empfanden und nahe an der Grenze dessen war, was ein Ungefallener Bulbitianer aushalten konnte, ohne zu kollabieren. Es war kaum hilfreich, dass das einstige Habitat nicht mehr wie einst rotierte, um mit Zentrifugalkraft Gravitation zu simulieren. Zusammen mit der Singularität in seinem Innern folgte daraus, dass sich » oben« und » unten« umgekehrt hatten.
Man hatte schon früher versucht, Bulbitianer zu verändern, und manch einer hatte dafür mit dem Leben bezahlt. Die Konstrukte schienen nicht verändert werden zu wollen und aktivierten entweder Verteidigungssysteme, von deren Existenz bis dahin niemand etwas geahnt hatte, oder griffen auf andere, höchst wirkungsvolle Ressourcen zurück.
Dieser besondere Bulbitianer hatte die Platzierung der Singularität in seinem Kern gestattet, aber da er in jeder anderen Hinsicht ebenso exzentrisch, eigensinnig und gelegentlich auch mörderisch launenhaft war wie die übrigen Bulbitianer, hatte niemand den Versuch gewagt, das Schwarze Loch wieder zu entfernen, obwohl es das Konstrukt in physischer Hinsicht so instabil machte, wie es in Bezug auf sein Verhalten immer gewesen war.
Niemand wusste, wer das Konstrukt als Letzter kontrolliert hatte– sofern man in diesem Zusammenhang von » Kontrolle« sprechen konnte– und was aus ihm geworden war. So bedenklich und beunruhigend das auch sein mochte, es war nicht bedenklicher oder beunruhigender als alle mit Bulbitianern in Verbindung stehenden Phänomene.
Wer auch immer jene Leute gewesen waren: Sie schienen ein heißes, dunstiges und feuchtes Ambiente gemocht zu haben.
Die Bodhisattva flog ganz langsam in die sechstausend Kilometer durchmessende Kugel aus wolkiger Luft, die den Bulbitianer umgab, wie eine dicke Nadel, die den Ballon, in den sie stach, dazu überredete, bitte nicht zu platzen.
Yime beobachtete den langsamen Flug des Schiffes auf einem Schirm in ihrem Quartier und packte dabei ihre Sachen, für den Fall, dass sie die Bodhisattva kurzfristig verlassen musste. Schließlich löste sich das nach unten geneigte Ende des äußersten Horizontfelds von der glitzernden, adhäsiven Innenseite der bulbitianischen Atmosphärenblase. Das Bild kippte, als sich das Schiff drehte und seine Position dem lokalen Gravitationsfeld anpasste.
» Sind wir sicher drin?«, fragte Yime und schloss ihre Reisetasche.
» Wir sind drin«, antwortete das Schiff.
Es gab keine bestätigten Berichte über Kultur-Schiffe, die von einem Bulbitianer beschädigt oder gar zerstört worden waren, aber Raumschiffe anderer Zivilisationen auf dem gleichen technologischen Niveau– und mit keinem geringeren moralischen Status– hatten gelegentlich auf rätselhafte Weise Schaden genommen, zumindest angeblich. Aus diesem Grund überlegten es sich selbst Kultur-Schiffe– die nicht unbedingt den Ruf genossen, bei solchen Angelegenheiten sehr vorsichtig zu sein– zweimal, bevor sie einfach so bei einem Bulbitianer aufkreuzten und ihm ein » Hallo, Kumpel« zuriefen.
Die Bodhisattva glitt durch eine Treibhausatmosphäre mit riesigen graubraunen Wolken und langen Vorhängen aus strömendem Regen.
» Yime Nsokyi, nehme ich an«, sagte die ältere Frau. » Willkommen im Ungefallenen Bulbitianer, Semsarin-Büschel.«
» Danke. Und Sie sind…?«
» Fal Dvelner«, erwiderte die Frau. » Hier, nehmen Sie diesen Schirm.«
» Wenn Sie gestatten«, sagte die Schiffsdrohne und nahm den angebotenen Gegenstand entgegen, bevor Yime danach greifen konnte. Sie befanden sich noch immer unter dem Schiff, das sie vor dem Regen schützte. Um sie herum war es so dunkel, dass das meiste Licht vom Aurafeld der großen Drohne kam– es zeigte ein formales Blau, mit einer Spur von humorvollem Grün.
Die Bodhisattva hatte vorsichtig den einzigen noch verwendeten
Weitere Kostenlose Bücher