Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
immer noch schreien. Andererseits … wenn dieser greise Mann imstande war, die Komm-Systeme der Zeis zu manipulieren, Dr. S einen Schwindelanfall zu bescheren und unbemerkt in Veppers’ Haus einzudringen, nützte ihr ein Schrei vielleicht nichts. Etwas von der Furcht kehrte zurück.
Ein Licht erschien dort, wo der Mann saß, und in seinem langsam heller werdenden Schein zeigte sich, dass er genauso gekleidet war wie während des Empfangs. » Bitte«, sagte er und deutete auf den anderen Sessel. » Setzen Sie sich zu mir.«
Lededje streifte einen Morgenmantel über ihr Nachthemd und wandte sich dabei von ihm ab, damit er nicht sah, wie sehr ihre Hände zitterten. Dann nahm sie bei dem Mann Platz. Er sah anders aus. Es war derselbe Mann, aber er wirkte nicht mehr ganz so alt. Das Gesicht war weniger leichenhaft, der Rücken nicht mehr so krumm.
» Danke, dass Sie mir Gelegenheit zu diesem privaten Gespräch mit Ihnen geben«, sagte er förmlich.
» Schon gut.« Lededje zog die Beine an und schlang die Arme um die Schienbeine. » Nun, worum geht’s?«
» Ich würde gern ein Bild von Ihnen machen.«
» Ein Bild?« Das enttäuschte Lededje ein wenig. War das alles? Obwohl… Vermutlich meinte er ein Ganzkörperbild, ein Foto, das sie nackt zeigte. Also war er doch ein alter Spanner. Komisch, wie manche Dinge aufregend und sogar romantisch begannen, um dann in banale Lust abzurutschen.
» Es wäre ein Bild Ihres ganzen Körpers, und damit meine ich nicht nur jede einzelne Körperzelle und sogar jedes einzelne Atom, sondern ein Bild von außerhalb der drei üblichen Dimensionen aufgenommen.«
Lededje starrte ihn groß an. » Was, vom Hyperraum aus?«, fragte sie. Beim wissenschaftlichen Unterricht hatte sie immer gut aufgepasst.
Himerance lächelte breit. » Genau.«
» Warum?«
Der Mann zuckte die Schultern. » Für meine private Sammlung an Bildern, die ich interessant finde.«
» Mhm.«
» Ich möchte Ihnen versichern, dass damit absolut nichts Sexuelles verbunden ist, Ms. Y’breq.«
» Natürlich nicht.«
Himerance seufzte. » Sie sind ein erstaunliches Werk, wenn ich das so sagen darf, Ms. Y’breq. Mir ist klar, dass Sie eine Person sind, noch dazu sehr intelligent, charmant und attraktiv für Ihre eigene Art. Doch ich möchte keinen Zweifel daran lassen, dass mein Interesse an Ihnen allein auf den Intaglien beruht, die Sie erlitten haben.«
» Erlitten?«
» Die Sie bekommen haben? Ich habe mich gefragt, wie das passende Wort lauten mag.«
» Schon gut, beim ersten Mal lagen Sie richtig«, sagte Lededje. » Ich habe die Intaglien erlitten, ja. Sie sind nicht etwas, für das ich mich aus freien Stücken entschieden hätte.«
» In der Tat.«
» Was machen Sie mit den Bildern?«
» Ich betrachte sie und denke über sie nach. Für mich sind sie Kunstwerke.«
» Haben Sie andere, die Sie mir zeigen können?«
Himerance beugte sich vor. » Möchten Sie wirklich einige sehen?« Seine freudige Überraschung schien echt zu sein.
» Haben wir Zeit genug?«
» Ja!«
» Dann zeigen Sie mir die Bilder.«
Vor Lededje erschien eine helle dreidimensionale Darstellung, und sie zeigte… Nun, sie wusste nicht genau, was das Bild zeigte. Sie sah ein wirres Durcheinander aus Linien, schwarz auf einem gelben und orangefarbenen Hintergrund, verwirrend komplex, mit angedeuteten Details, deren wahre Ausmaße sich in nicht ohne Weiteres einsehbaren Tiefen des Bildes verbargen.
» Dies ist die dreidimensionale Ansicht, die man von der Entität eines stellaren Feldliners bekommen würde«, erklärte der Mann. » Allerdings mit verringertem horizontalem Maßstab, damit eine annähernd runde Form entsteht. In Wirklichkeit sehen solche Entitäten so aus.« Das Bild streckte sich plötzlich, und das Durcheinander aus Linien schien zu einer einzelnen Linie zu werden, etwa einen Meter lang und weniger als einen Millimeter dick. Ein winziges Symbol, wie ein mikroskopisch kleiner Schuhkarton mit abgefrästen Kanten, sollte vermutlich über den Maßstab Auskunft geben, aber Lededje hatte nicht die geringste Ahnung, worauf sich das Symbol bezog. Die dünne Linie zeigte sich als Silhouette vor einem Hintergrund, der nach der detaillierten Darstellung einer Sonnenoberfläche aussah. Plötzlich blähte sich die Linie auf und wurde wieder zu einer absurd komplexen Ansammlung von Linien.
» Es ist sehr schwer, in 4D einen Eindruck von allen inneren Strukturen zu vermitteln«, sagte Himerance in einem entschuldigenden
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