Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
präparierte die Nase mit einem Koagulans, einem Antiseptikum und einem stabilisierenden Gel; ein plastischer Chirurg war verständigt und unterwegs. Die tote junge Frau steckte bereits in einem Leichensack und lag in einem Kühlfach des Leichenhauses. Sulbazghi würde sie später verschwinden lassen.
Veppers zitterte noch immer ein bisschen, obwohl ihm Sulbazghi ein Mittel gegen den Schock gegeben hatte. Während der Doktor ihn behandelte, überlegte er und wartete auf Jaskens Rückkehr. Er hatte im Opernhaus alles in Ordnung gebracht und dafür gesorgt, dass alle wussten, was sie aussagen sollten.
Ich hätte Lededje nicht töten sollen, dachte Veppers. Das war dumm und impulsiv gewesen. Wenn so etwas nötig wurde, was selten genug geschah, vermied man eine persönliche Beteiligung und delegierte, was sich nicht vermeiden ließ. Leute wie Jasken waren für so etwas da. Man achte immer darauf, ein Alibi zu haben und alles abstreiten zu können.
Aber die Aufregung der Jagd! Er hatte gewusst, dass die Geflohene in der Nähe gewesen war, gefangen im Opernhaus, aus dem sie nicht entkommen konnte. Natürlich war es sein Wunsch gewesen, an der Jagd teilzunehmen und alles direkt mitzuerleben!
Trotzdem, er hätte sie nicht töten sollen. Es ging nicht nur darum, wie viel sie wert gewesen war, wie viele vergebliche Mühen und Geld sie repräsentierte– ihr Verlust war schlicht und einfach peinlich. Man würde ihr Fehlen bemerken. Die Erklärung zuvor, als sie beim Couturier weggelaufen war, lautete, dass sie sich nicht gut gefühlt hatte. Die PR -Leute hatten eine seltene Krankheit erfunden, an der nur Intaglierte litten.
Jetzt mussten sie entweder behaupten, dass Lededje an dieser Krankheit gestorben war– was Probleme mit der Ärztegilde bedeutete, den Leuten von der Versicherung und wahrscheinlich auch mit den Anwälten des Krankenhauses, dessen Spezialisten die Intaglierung vorgenommen hatten–, oder sie mussten näher bei der Wahrheit bleiben und eine Flucht zugeben, was noch demütigender war. Veppers hatte darüber nachgedacht, ob sie vielleicht von einer Entführung sprechen sollten oder einer Erlaubnis, die es Lededje ermöglicht hatte, sich in ein Nonnenkloster zurückzuziehen, aber hinter beiden Möglichkeiten drohten zu viele Komplikationen.
Wenigstens hatte er die Messer zurück. Sie steckten noch immer hinter dem Bund seiner Hose. Erneut berührte er die Griffe und vergewisserte sich, dass sie wirklich noch da waren. Jasken hatte die Messer wegwerfen wollen, der Idiot. Es war nicht nötig, die Mordwaffe zu beseitigen, wenn man die Leiche auf angemessene Weise verschwinden ließ. Die Messer zu stehlen… was für eine verdammte Unverschämtheit! Letzten Endes war Lededje nichts weiter gewesen als eine undankbare kleine Diebin. Und… ihn zu beißen! Vielleicht sogar zu versuchen, ihm die Kehle zu zerfleischen und ihn zu töten! Wie konnte sie es wagen, die kleine Schlampe? Wie konnte sie es wagen, ihn in eine solche Situation zu bringen!
Er war froh, dass er sie getötet hatte. Und es war ein erstes Mal für ihn gewesen, dachte er. Jemandem direkt das Leben zu nehmen… Es gehörte zu den wenigen Dingen, die er nie zuvor getan hatte. Wenn sich die Wogen geglättet hatten, wenn seine Nase nachgewachsen und alles wieder normal war, so blieb ihm das, dieses besondere erste Mal.
Veppers erinnerte sich: Bevor er Lededje zum ersten Mal gegen ihren Willen genommen hatte, vor etwa zehn Jahren, hatte es in seinem Leben keine andere Vergewaltigung gegeben– es war einfach nicht nötig gewesen. Er hatte also zwei erste Male durch sie erlebt. Wenn er großzügig gewesen wäre, hätte er widerstrebend eingeräumt, dass es einen gewissen Ausgleich darstellte für all den Schmerz und Ärger, den Lededje ihm bereitet hatte.
Eine erstaunliche Sache, so etwas, jemandem ein Messer in die Brust zu stoßen und zu fühlen, wie die betreffende Person starb. Es erschütterte einen, wie stark man auch sein mochte. Er sah noch immer den besonderen Glanz in Lededjes Augen, als sie gestorben war.
Jasken näherte sich, nahm die Okulinsen ab und nickte den beiden Zei zu, die die Tür der Klinik-Suite bewachten.
» Sie müssen ebenfalls verletzt sein, Jasken«, sagte Veppers und sah seinen Sicherheitschef so an, als wäre es wirklich seine Schuld. Was eigentlich auch stimmte, fand Veppers, als er jetzt darüber nachdachte. Immerhin hätte Jasken das Kritzelkind im Auge behalten und seine Flucht verhindern müssen. » Wir wollen
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