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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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intelligenten Ameisen und einige Arten von hochintelligenten Affen todbringende Bandenkriminalität an den Tag legen, während andere Arten das nicht tun, können leistungsstarke Gehirne weder eine notwendige noch eine hinreichende Vorbedingung für diese Art von Verhalten sein. Zweitens können wir schlussfolgern, dass soziale Kompetenzen hierzu notwendig sind, denn nur soziable Tiere können sich zu Gangs zusammenschließen und kooperieren, um Feinde auf so unfaire Weise anzugreifen, dass Letztere mit Sicherheit zu Tode kommen. Die dritte Schlussfolgerung lautet jedoch, dass soziale Kompetenz allein kein hinreichender Grund für tödliche Gewalt sein kann, denn es gibt jede Menge Arten von soziallebenden Affen und Ameisen, die sich nicht zu mörderischen Mobs zusammenrotten.
    Damit Tiere das Töten als Teil ihrer evolutionär stabilen Strategie verankern, muss offenbar irgendein anderer Faktor den Lohn für Aggression hochtreiben, und die Naturgeschichte von Affen und Ameisen legt die Vermutung nahe, dass dieser geheimnisvolle Motor Territorialität heißt. Wenn Tiere um wertvolle Territorien konkurrieren, zahlt sich das Töten von Feinden unter Umständen um einiges mehr aus. Jedes Mal, wenn die Schimpansen aus dem Kasakela-Gebiet im Krieg am Gombe ins Kahama-Territorium eingefallen waren, hatten die Kahama-Schimpansen anschließend das Kasakela-Gebiet überfallen. Hätten die Kasakela-Bewohner Godi an jenem 7. Januar 1974 nur erschreckt, aber ziehen lassen, hätten sie sicher sein können, dass er beim nächsten Überfall auf ihr eigenes Territorium dabei gewesen wäre. Aber indem sie ihn töteten, konnten sie sicher sein, dass dies nicht der Fall sein würde. Und wenn sie alle Kahama-Männer umbrachten, konnten sie deren Land und die überlebenden Frauen an sich reißen.
    Wir haben es hier mit einem der größten Paradoxa des Krieges zu tun. Territorialität hat den Lohn für das Töten bei Ameisen und Affen, deren Sozialgefüge stabil genug war, um dabei effizient und sicher zu Werke gehen zu können, in die Höhe getrieben. Als aber am Ende der Eiszeit Populationswachstum und Ackerbau die Menschen in den Glücklichen Breiten räumlich und sozial zusammenpferchten, trieb diese extreme Form von Territorialität die Menschen in produktive Kriege, die den Lohn für das Nichttöten unterworfener Feinde steigerten. Gesellschaften, die Zeichen der Unterwerfung anerkannten und Verlierer in ihre Reihen aufnahmen, wurden immer sicherer und reicher und konnten ihre Rivalen ausstechen – bis sich eine davon letztlich zum Globocop aufschwang.
    Ich werde am Ende des Kapitels auf diesen seltsamen Ausgang zurückkommen. Für den Augenblick möchte ich mich auf die Tatsache konzentrieren, dass – allen Unterschieden zum Trotz – Schimpansen, Bonobos und Menschen gesellige und territoriale Wesen sind und allesamt auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen, auf eine Art Urschimpansen. Diese frühe Art hatte fraglos das Potential zu den verschiedensten evolutionär stabilen Strategien. Irgendetwas muss vor sieben oder acht Millionen Jahrengeschehen sein, das Schimpansen und Menschen die Straße der Gewalt hat einschlagen lassen. Vor 1,3 Millionen Jahren jedenfalls hat etwas anderes Bonobos davon abgebracht, Gewalt gegen Angehörige der eigenen Art anzuwenden (kleinere Tiere, vor allem Affen, jagen sie allerdings noch immer), und in den letzten 10   000 Jahren schließlich hat eine weitere Entwicklung uns Menschen dazu veranlasst, auf das Caging, auf das Leben in unserem Sozialkäfig zu reagieren, indem wir weniger gewalttätig wurden. Aber was? Und was sagt uns all das über die Zukunft des Krieges?
Planet der Affen
    Ich möchte mir als Erstes die Aufspaltung zwischen Schimpansen und Bonobos vornehmen, die, wie uns Untersuchungen an der DNA der beiden Menschenaffenspezies sagen, vor etwa 1,3 Millionen Jahren begonnen hat. Das ist sehr viel weniger lange her als die Auftrennung zwischen Mensch und Urschimpanse (vor etwa 7,5 Millionen Jahren). Leider wissen wir darüber jedoch noch ziemlich wenig, weil Fossilien im tropischen Regenwald, dem Ort des Geschehens, nicht sehr gut erhalten bleiben. Das zwingt uns, mit indirekten Beweisen zu arbeiten.
    DNA-Analysen lassen vermuten, dass noch vor kurzer Zeit (in evolutionären Maßstäben heißt das: vor zwei Millionen Jahren) die mittlerweile ausgestorbenen Urschimpansen in Zentralafrika einen tropischen Regenwald von der Größe der heutigen Vereinigten Staaten durchstreiften. Doch

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