Krieg – Wozu er gut ist
konnte sich eine Menge Mühe sparen. Noch 2 000 Jahre später hat Bestechung nichts von ihrer Attraktivität bei der asymmetrischen Kriegführung verloren: Auch die siebzig Millionen Dollar, die die CIA 2001 den afghanischen Warlords zahlte, schonten Kriegskasse und Menschenleben und erstickten eine Menge Ärger im Keim.
In Chicago heißt es, ein ehrlicher Politiker ist einer, der bei der Stange bleibt, wenn er erst einmal gekauft ist; bei asymmetrischen Kriegen sind die Erwartungen weniger hoch. Der afghanische Kommandant, der im Dezember 2001 10 000 Dollar dafür annahm, die Fluchtrouten aus Tora-Bora zu bewachen, nur um dann die al-Qaida-Kämpfer durchzulassen, die ihm mehr boten, hätte bestens in die antiken Steppen gepasst. Skythen und Xiongnu nahmen regelmäßig Bestechungsgelder und führten ihre Raubzüge dann trotzdem aus. Bestechung war, wie sich herausstellte, die schlechteste Methode, mit Nomaden umzugehen – nur dass es auch keine bessere gab. Persische und chinesische Strategen fanden heraus, dass Geschenke am besten im Rahmen einer Zuckerbrot-und-Peitsche-Strategie funktionierten. Ein unablässiger Strom kleiner Aufmerksamkeiten im Verein mit einem gelegentlichen massiven, gewalttätigen Präventivkrieg erwies sich als das probate Mittel, den Frieden zu wahren.
Mit einer Kombination all dieser Tricks lernten die Herrscher der letzten paar Jahrhunderte v. Chr. ihre Grenzen zu verwalten. Sie machten aus ihrer Beziehung mit den Steppennomaden so etwas wie eine schlechte Ehe, in der die Partner nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander auskommen. War ein Imperium stark, konnte es wenigstens einem Teil der Steppe einen Vergleich aufzwingen und so die Gewalt innerhalb tragbarer Grenzen halten; Schwäche war mit höheren Kosten verbunden und mit mehr Kummer.
Der letzte Trick, mit dem es jedes Reich irgendwann zwischen ca. 500 v. Chr. und 500 n. Chr. versuchte, bestand darin, die Nomaden mit ihren eigenen Methoden zu schlagen. Das führte dazu, dass die Armeen der Imperien immer größere Kavallerien bekamen. Historiker, deren Ansicht nach es eine Art der westlichen Kriegführung mit kulturellen Wurzeln im antiken Griechenland gibt, sehen im Kampf zu Pferde genau die indirekt-ausweichende Art, die sie mit dem Osten verbinden, während ihnen der Kampf zu Fuß typischer Ausdruck westlicher Werte ist. In Wirklichkeit jedoch war der Motor hinter der großen Wende zur Kavallerie zwischen 500 v. Chr. und 500 n. Chr. nicht kultureller, sondern geografischer Art. Imperien, deren Grenzen direkt an die Steppe grenzten, stiegen nach 500 v. Chr. relativ schnell auf die Reiterei um; Imperien, bei denen Berge und Wälder dazwischen lagen, stiegen langsamer und weniger gründlich um. Aber freiwillig oder nicht: Alle Imperien innerhalb der Glücklichen Breiten der Alten Welt schlugen diese Richtung ein.
Es überrascht nicht weiter, dass diese Wende in Persien begann, in dem Imperium, das mehr als alle anderen nomadischen Raubzügen ausgesetzt war. Als Darius I. 514 v. Chr. die Skythen durch die Ukraine jagte, waren fast alle seine Männer zu Fuß; 479 v. Chr. jedoch, als die Perser die Griechen bei Plataiai konfrontierten, verließen sie sich fast im selben Maß auf die Kavallerie wie auf das Fußvolk. Und 334 v. Chr., als Alexander der Große in Persien einfiel, stützte das Reich sich fast ausschließlich auf seine Reiterei.
China, das nächste auf der Liste der exponierten Reiche, war entsprechend das zweite, das den Weg hin zur Kavallerie einschlug. Kaiser Wudi stellte eine ungeheure Armee von Berittenen auf, bevor er in seine Präventivkriege zog. 110 v. Chr. standen 180 000 Reiter auf seiner Soldliste; sie stellten ein Drittel seiner Armee und kosteten im Jahr an Unterhalt das Zweifache der Steuereinnahmen des ganzen Staats.
Indien, größtenteils von Himalaja und Hindukusch vor der Steppe geschützt, war weniger exponiert; entsprechend fühlten sich seine Könige zwischen dem 5. und 2. Jahrhundert sicher genug, um beim Altbewährten zu bleiben. Frontalangriffe mit gepanzerten Elefanten entschieden noch immer die Schlachten; die Reiter waren kaum mehr als Flankenschutz für diese Hauptwaffe – bis eine weitere merkwürdig modern anmutende Entwicklung die Situation von Grund auf veränderte.
1954 warnte Präsident Dwight D. Eisenhower angesichts des sich ausbreitenden Kommunismus in Südostasien die Amerikaner vor etwas, »was man als ›Dominoprinzip‹ bezeichnen
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