Krieger der Schatten - Traumlos im Bann der Nacht (German Edition)
einem Ausnahmezustand und meldete schon Katastrophenalarm an.
Pausenlos wurde sie von Imre und Istvan gefragt, was mit ihr los sei. Aber sie war nicht mehr imstande, ihre Gedanken zu ordnen oder klare Sätze zu formulieren.
Sie verstand das alles nicht, sie konnte die Zusammenhänge nicht erfassen.
Ein mentaler Kurzschluss stand ihr bevor. Was hatte ein Traum mit der Wirklichkeit zu tun?
Es musste eine ganz einfache Erklärung dafür geben.
Jetzt kam die letzte Stunde. Jada war froh, den Tag endlich hinter sich gebracht zu haben. Am nächsten Morgen würde alles anders sein oder aber noch viel schlimmer. Na, da hatte sie aber Glück gehabt, dass es diese zwei Möglichkeiten gab.
Nach der letzten Pause wurde sie wieder zu ihrem Raum gebracht.
„Jada, wir warten später beim Auto auf dich, okay?“, fragte Istvan und richtete seinen sorgenvollen Blick auf sie.
„Mmh. Bis später.“ Sie atmete tief durch und betrat den Raum.
Aber der Schock sollte sich gleich noch einmal als ihr neuer bester Freund erweisen.
Er traf sie mit der Wucht einer Abrissbirne.
Wie konnte ein engelsgleiches Gesicht nur so einen tödlichen Blick besitzen? Sie traute sich während des gesamten Unterrichts nicht einmal, den Kopf zu heben, sie wollte ihn nicht noch mehr provozieren.
Und außerdem war Verdrängung eine wirkungsvolle Methode, sich der Wahrheit nicht stellen zu müssen.
Endlich, die Schulklingel.
Jada stürmte aus dem Raum.
Für den heutigen Tag hatte sie genug von todesversprechenden Blicken. Aber es kam ganz anders. Auf der Flucht stieß sie mit ihm an der Tür zusammen.
Jada erstarrte sofort, sie bekam vor Schreck keine Luft mehr; als ein Schwindelgefühl sie ergriff, zwang sie sich, zu atmen.
Sie musste raus! Ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen, lief sie den langen, dunklen Gang entlang. Geräusche drangen an ihr Ohr. Ihr Kopf drohte, zu platzen.
Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Oberlippe. Das Blut rauschte in ihren Ohren.
Istvan und Imre kamen nur den Bruchteil einer Sekunde später am Auto an als sie.
„Jada, ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Istvan mit dem Blick auf Imre gerichtet, der seinerseits die Schultern zuckte.
Es kam aus dem Nichts.
Ein schwarzes Motorrad.
Der Blick aus schwarzen Augen bohrte sich in die ihren.
Auf den Gesichtern ihrer Brüder zeichnete sich Unglauben gepaart mit Wut ab. In Imres Kiefer zuckte ein Muskel. Istvan hatte die Hände zu Fäusten geballt.
In Habachtstellung mit suchendem Blick befahlen sie Jada gleichzeitig, ihren Arsch sofort ins Auto zu bewegen.
Während der Heimfahrt herrschte im Auto Totenstille.
Sollte dieses Leben das sein, was sie sich immer gewünscht hatte? Schon bereits nach vierundzwanzig Stunden stand alles auf dem Kopf. Der Wunsch, ein normales Leben zu führen und nicht eingesperrt in einem goldenen Käfig zu sein, wie sie es die letzten Jahre war, zerplatzte wie eine Seifenblase.
Ziellos fuhr Jada durch die Straßen, nachdem sie Imre und Istvan davon überzeugt hatte, dass sie auf sich aufpassen würde.
Nur ungern und unter lautem Protest hatten die Brüder sie dennoch ihrer Wege ziehen lassen.
Jada brauchte Zeit, sie wollte sich nicht den fragenden Blicken ihrer Familie aussetzen, die sie zu guter Letzt mit nervenden Fragen löcherte. Ihr Kopf hatte mittlerweile die Größe eines überdimensionalen Watteklumpen und ihre Nerven waren zu überstrapaziert, um dem Bombardement an Fragen standzuhalten.
Trotz allem war sie verwundert darüber, wie schnell ihre Brüder sich umstimmen ließen. Normalerweise hätten sie sie nach dem Vorfall in ihr Zimmer gesperrt und den Schlüssel weggeworfen. Die augenblickliche aggressive Reaktion vor der Schule, als das schwarze Motorrad an ihnen vorbeigefahren war, verstand Jada noch immer nicht. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße, weil sie es auch dann nicht verstehen würde, wenn sie weiter darüber nachdachte, und Freude stieg in ihr auf, als sie den überwucherten Weg vom Vorabend wiederfand. Er war so unscheinbar, dass sie ihn beinahe übersehen hätte.
Eine fast übermächtige Macht hatte sie an diesen Ort gebracht. Getrieben von dem unbekannten Gefühl, einer nahezu magischen Anziehungskraft, hielt sie während der Fahrt durch kurvige Straßen Ausschau nach genau dieser Abzweigung.
Gras und Sträucher schlugen von unten und von der Seite laut protestierend gegen ihren Wagen.
Als sie ausstieg und sich einen Weg durch das Dickicht hochgewachsener Pflanzen bahnte,
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