Krieger der Stille
Herrschers nie besonders geliebt, doch diese Zurschaustellung empörte sie zutiefst.
Es gab Bedienstete, die ihrer Empörung wütend Ausdruck verliehen. Diese Leute wurden sofort eliminiert. Die rotierenden Scheiben der Pritiv-Söldner schnitten ihnen die Köpfe ab, und die weißen Bodenplatten des Ehrenhofs färbten sich blutrot.
In der ersten Reihe stand der fünfzehnjährige Fracist Bogh, der Sohn einer der Wäscherinnen des Palasts. Er liebte Dame Armina, ja, er betete sie geradezu an, weil er ihr als einer der Spielgefährten Lists oft begegnet war. Deshalb wollte er seinem unmäßigen Hass gegen diese Fremden mit ihren Masken spontan Ausdruck verleihen. Er wurde jedoch von dem rüden Stoß eines neben ihm stehenden alten Dieners in die Rippen davon abgehalten.
Da überfiel ihn ein eiskaltes Rieseln. Vom Nacken aus breitete es sich über seine Wirbelsäule aus. Er drehte sich um. Eine seltsame Gestalt stand auf dem Balkon, von dem aus man den Ehrenhof überblicken konnte.
Obwohl Fracist die Augen des Kapuzenmanns nicht sehen konnte, wusste er, dass dieser Mann ihn im Visier hatte, mehr noch, mit seinem Blick durchdrang und erforschte. Er wusste, dass dieser schwarze Unheimliche auch ohne Augen in sein tiefstes Inneres eindrang, in das Geheimnis seiner Persönlichkeit, das des Schweigens. Dieser Mann entweihte seine Seele. Da überkam ihn eine entsetzliche Angst, und er weinte.
Ein in Purpur und Violett gekleideter Kreuzler betrat den gegenüberliegenden Balkon, der sich direkt über dem Käfig befand. Mit tönender Stimme hielt er eine hohle Rede, von der Fracist kein einziges Wort verstand, weil das Grauen ihn taub gemacht hatte.
SIEBTES KAPITEL
DIE FRANÇAOS DER CAMORRE
Die auf den Planeten Roter-Punkt verbannten Raskattas waren bald so zahlreich, dass allein ihnen vorbehaltene Stadtviertel entstanden. Um sich gegen die einheimischen Prougen zu verteidigen – die Herrscher Matanas, der Stadt mit den siebzehn monumentalen Toren –, schlossen sie sich zu Banden zusammen.
Die Anführer dieser Banden wurden Françaos genannt, nach dem berüchtigten Françao Spilaggi, dem ersten Raskatta, der einen Aufstand gegen die Prougen organisiert hatte.
Nachdem die mörderischen Kämpfe mehrere Hundert Jahre angedauert hatten, beschlossen die Françaos, Frieden zu schließen. Sie reorganisierten sich und nannten sich fortan Camorre 1 .
Seitdem mutierte die Camorre zu einer Art Schattenregierung mit eigenen Gesetzen, eigener Rechtsprechung und eigenen Sitten und Gebräuchen.
Françao wurde man entweder durch Nomination oder wenn man als Sieger in einem dieser »Nachfolgekriege« genannten Kämpfe hervorging.
Durch ihre straffe Organisation gelang es der Camorre, Roter-Punkt zur Drehscheibe der Kriminalität zu machen: Drogenhandel, Sklavenhandel, Organhandel, Waffenhandel, Prostitution, Deremat-Handel …
Sif Kérouiq, der vom Planeten Selp Dik stammte, war einer der berühmtesten Françaos der Camorre. Der Legende nach schlief er aus Vorsicht nie. Weiterhin heißt es, dass sein Nachfolger, Bilo Métarelly, den Tod fand, als er Sri Lumpa (den Herrn der Echsen, wie ihn die Sadumbas nennen) dabei half, Naïa Phykit aus den Klauen der Sklavenhändler zu befreien.
Die Vormachtstellung der Françaos ging zur selben Zeit wie die Konföderation von Naflin zu Ende, weil es der Kirche des Kreuzes mit der Unterstützung der Scaythen der heiligen Inquisition und den Pritiv-Mördern gelang, sie einen nach dem anderen festzunehmen und sie zu verbrennen.
Geschichte des Großen Ang-Reichs, Unimentale Enzyklopädie
T ixu Oty öffnete langsam die Augen.
Er lag völlig nackt auf dem Boden, und dieser Boden war so kühl, dass ihn fröstelte. Sein Kopf schmerzte höllisch, eine unangenehme Nebenwirkung des Deremat-Transfers. Noch nahm er die Umrisse der Häuserruinen nur verschwommen wahr, aber der Himmel leuchtete grün. Am Horizont versank Grünes Feuer – eine große runde Scheibe – in einer Symphonie aus Grüntönen, von Aquamarin über Smaragdgrün bis Olivgrün. Das Himmelslicht schickte seine letzten, immer schwächer werdenden Strahlen auf den Planeten, die die Wände der zerstörten Häuser noch kurze Zeit in schwaches Grün tauchten.
In Tixus wirrem Kopf tauchten traumgleich Bilder jener Ereignisse auf, die ihn in diese erbärmliche Lage gebracht hatten. Wie im Delirium sah er die Gesichter der Syracuserin und Kacho Marums vor sich.
Auch die aufkommende leichte Brise konnte nicht den Gestank
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