Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
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»Bitte«, sagte eine Frau, während sie mit einem kleinen Kind auf dem Arm vortrat. »Erbherrin, wenn die Hand, die den Obersten Herrscher gestürzt hat, mein Kind berühren könnte …«
Vin versuchte noch weiter zurückzuweichen, doch sie bemerkte, dass sie mit dem Rücken bereits gegen eine weitere Menschenmenge stieß. Die Frau kam näher an sie heran, und schließlich hob Vin unsicher die Hand und strich dem Kind über die Stirn.
»Vielen Dank«, sagte die Frau.
»Ihr werdet uns alle beschützen, nicht wahr, Erbherrin?«, fragte eine junge Frau – sie war kaum älter als Elant – mit einem schmutzigen Gesicht, aber ehrlichem Blick. »Die Priester sagen, dass Ihr die Armee dort draußen aufhalten werdet, so dass ihre Soldaten die Stadt so lange nicht betreten können, wie Ihr hier seid.«
Das war zu viel für sie. Vin murmelte eine halbherzige Entschuldigung, drehte sich um und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Die Gruppe der Gläubigen folgte ihr glücklicherweise nicht.
Sie wurde wieder langsamer und atmete schwer – keinesfalls vor Erschöpfung. Verunsichert bog sie in eine Gasse zwischen zwei Läden ein, stand eine Weile im Schatten und fühlte sich schutzlos. Ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, unbemerkt zu bleiben und still und unwichtig zu sein. Nun war ihr all das nicht mehr möglich.
Was erwarteten die Menschen von ihr? Glaubten sie wirklich, Vin könnte ganz allein eine Armee aufhalten? Auch Nebelgeborene
waren nicht unbesiegbar. Das war eine Lektion, die sie sehr früh in ihrer Ausbildung gelernt hatte. Einen einzelnen Mann konnte sie vielleicht töten. Zehn bereiteten ihr schon ernste Schwierigkeiten. Und erst eine ganze Armee …
Vin schlang die Arme um sich sich und atmete mehrmals tief ein. Schließlich begab sie sich wieder hinaus auf die belebte Straße. Sie hatte ihr Ziel nun beinahe erreicht – ein kleines, an einer Seite offenes Zelt, das von vier Pferchen eingerahmt war. Der Händler saß im Freien. Er war ein schmuddeliger Mann, der nur auf der einen Seite des Kopfes Haare hatte: auf der rechten. Vin stand einen Moment lang da und versuchte herauszufinden, ob diese seltsame Haartracht einer Krankheit, einer Verletzung oder nur einer Vorliebe zuzuschreiben war.
Der Mann reckte sich, als er sah, dass sie vor seinen Pferchen stand. Er fuhr sich mit den Händen über seine Kleidung und wirbelte dabei eine kleine Menge Staub auf. Dann schlenderte er auf sie zu und lächelte, wobei er die wenigen Zähne zeigte, die er noch hatte, und so tat, als wüsste er nicht, dass vor den Toren eine Armee lagerte – oder es war ihm gleichgültig.
»Ah, junge Dame«, sagte er. »Sucht Ihr nach einem Hündchen? Ich habe ein paar kleine Dinger, die jedes Mädchen lieben wird. Wartet, ich hole Euch eins. Ihr werdet mir zustimmen, dass es das Süßeste ist, was Ihr je gesehen habt.«
Vin verschränkte die Arme vor der Brust, als sich der Mann bückte und einen Welpen aus einem der Pferche nahm. »Eigentlich suche ich nach einem Wolfshund«, sagte sie.
Der Händler sah auf. »Ein Wolfshund, meine Dame? Das ist aber kein Spielzeug für jemanden wie Euch. Es sind ziemlich üble Viecher. Ich suche Euch lieber einen kleinen Pudel. Das sind niedliche Hunde, und sie sind klug.«
»Nein«, entgegnete Vin und unterbrach damit seinen Redeschwall. »Bring mir einen Wolfshund.«
Der Mann hielt erneut inne, sah sie an und kratzte sich hintereinander an einigen recht unschicklichen Stellen. »Also, ich glaube … mal sehen …«
Er ging hinüber zu dem Pferch, der am weitesten von der Straße entfernt lag. Vin wartete geduldig und rümpfte die Nase über die Gerüche, während der Händler einige seiner Tiere rief und ein passendes auswählte. Schließlich zog er einen Hund an einer Leine auf Vin zu. Es war tatsächlich ein Wolfshund, wenn auch ein kleiner – aber er hatte einen freundlichen, gelehrigen Blick und offenbar ein angenehmes Temperament.
»Der Kleinste aus dem Wurf«, sagte der Händler. »Ein gutes Tier für ein junges Mädchen, würde ich sagen. Wird bestimmt mal einen ausgezeichneten Jäger abgeben. Diese Wolfshunde können besser riechen als jedes andere Tier.«
Vin griff nach ihrer Geldbörse, hielt aber inne und schaute dem hechelnden Tier ins Gesicht. Es schien sie beinahe anzulächeln.
»Oh, um des Obersten Herrschers willen!«, entfuhr es ihr. Sie drückte sich an Hund und Herr vorbei und machte sich auf den Weg zu den hinteren Pferchen.
»Junge Herrin?«, fragte der
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