Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Schein der untergehenden Sonne. »Folge mir, wie immer du willst«, sagte er, band das Gegenseil los und kletterte daran hinunter.
Sazed trat an den Rand des Abgrunds und sah zu, wie Marsch sich an dem hin und her schwankenden Seil in die schattige, neblige Tiefe herabließ. Dann kniete Sazed nieder und öffnete seinen Beutel. Er nahm die großen Metallreifen von seinen Ober- und Unterarmen; es waren seine wichtigsten Kupfergeister.
Sie enthielten die Erinnerungen des Bewahrers – das aufgespeicherte Wissen über die vergangenen Jahrhunderte. Ehrerbietig legte er sie zur Seite und zog dann aus seinem Gepäck zwei kleinere Reifen heraus – der eine war aus Eisen, der andere aus Weißblech. Das waren die Metallgeister eines Kriegers.
Begriff Marsch überhaupt, wie ungeübt Sazed auf diesem Gebiet war? Erstaunliche Stärke allein machte noch keinen Krieger aus ihm. Dennoch legte Sazed sich die beiden Reife um die Handgelenke. Danach zog er zwei Ringe hervor – sie waren aus Zinn und Kupfer – und steckte sie sich an die Finger.
Er schloss sein Bündel wieder und warf es sich über die Schulter, dann hob er seine beiden kostbarsten Metallgeister auf. Vorsichtig suchte er ein gutes Versteck aus – eine Höhlung zwischen zwei Felsen – und legte sie dort ab. Was immer da unten geschehen mochte, er wollte nicht das Risiko eingehen, dass die Inquisitoren sie ihm wegnahmen und vernichteten.
Um seinen Kupfergeist mit Erinnerungen anzufüllen, hatte Sazed der ganzen Sammlung von Geschichten, Tatsachen und Legenden eines anderen Bewahrers zuhören müssen. Er hatte sich jeden einzelnen Satz gemerkt und dann diese Erinnerungen zum späteren Gebrauch in dem Kupfergeist abgelegt. Sazed erinnerte sich kaum an die eigentliche Erfahrung des Aufspeicherns, aber er konnte sich alle Bücher oder Aufsätze vergegenwärtigen, die er benötigte, und sie danach wieder in seinen Geist zurücklegen. Sie standen ihm so deutlich vor dem inneren Auge wie damals, als er sie auswendig gelernt hatte. Dazu musste er nur seine Armreifen anlegen.
Es machte ihn ängstlich, dass er nun ohne seine Kupfergeister war. Er schüttelte den Kopf und ging wieder zum Abgrund. Marsch bewegte sich rasch auf den Boden zu; wie alle Inquisitoren besaß er die Kräfte eines Nebelgeborenen. Doch wie er diese Kräfte erlangt hatte – und wie es ihm gelang, trotz der Stacheln zu überleben, die man ihm direkt durch das Hirn getrieben hatte –, blieb ein Rätsel. Marsch hatte nie auf Sazeds diesbezügliche Fragen geantwortet.
Sazed rief hinunter und erregte so Marschs Aufmerksamkeit, dann hielt er sein Bündel hoch und ließ es fallen. Marsch streckte die Hand aus, und das Bündel geriet ins Taumeln. Durch Marschs allomantische Kraft, mit der er an dem Gepäck zog, flog dieses geradewegs in seine Hand. Der Inquisitor warf es sich über die Schulter und setzte seinen Abstieg fort.
Sazed nickte dankbar und machte einen Schritt ins Bodenlose. Während er fiel, berührte er seinen Eisengeist und suchte die Kraft, die er darin aufgespeichert hatte. Es kostete immer einiges, einen Metallgeist zu füllen. Um seine Sehkraft zu verbessern, war Sazed gezwungen gewesen, etliche Wochen mit schwachem Augenlicht zu verbringen. Während dieser Zeit hatte er einen Armreif aus Zinn getragen, in dem er den Überschuss an Sehvermögen für später gespeichert hatte.
Eisen war anders als die übrigen Metalle. Es speicherte weder Augenlicht noch Stärke oder Ausdauer – oder auch nur Erinnerungen. In ihm konnte etwas völlig anderes angereichert werden: Gewicht.
Heute rührte Sazed nicht an die Kraft, die in seinem Eisengeist steckte, denn dann wäre er schwerer geworden. Stattdessen füllte er diesen Geist und ließ es zu, dass sein Körpergewicht aufgesaugt wurde. Er verspürte das vertraute Gefühl der Leichtigkeit. Nun drückte ihn sein eigener Körper nicht mehr so stark nieder.
Sein Sturz verlangsamte sich. Die Philosophen von Terris hatten viel zu sagen über den Eisengeist. Sie erklärten, dass diese Kraft nicht wirklich die Masse oder Größe einer Person veränderte. Sie veränderte nur die Art und Weise, wie die Erde an ihr zog. Sazeds Sturz verlangsamte sich nicht nur aufgrund seiner Gewichtsabnahme, sondern weil er bei seinem Fall dem Wind plötzlich eine relativ große Oberfläche bot und sein Körper gleichzeitig leichter geworden war.
Wie dem auch sei, Sazed fiel nicht sehr schnell. Die dünnen Metallarmreifen an seinen Beinen waren das Schwerste an seinem
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