Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
Scheune gezogen wurden.
»Es ist eine kalte Nacht.«
Isabel drehte sich erschrocken um. Ein junger Mann, der dem Earl sehr ähnlich sah, stand vor ihr.
»Hier.« Er hielt ihr einen pelzbesetzten Umhang hin. »Zieht das an.«
Als der junge Mann ihr das Kleidungsstück behutsam um die Schultern legte, hörte Isabel ihn murmeln: »Mein Vater wird Euch nichts zuleide tun.«
»David.« Atholl trat zu ihnen. »Wir wollen aufbrechen.«
Als die Männer ihre Schwerter in die Scheiden zurückschoben und zu ihren Pferden gingen, verspürte Isabel plötzlich den Drang zu weinen, aber weder vor Furcht noch aus Kummer. John of Atholl schwang sich in den Sattel und hielt ihr eine Hand hin. Sie ergriff sie; registrierte erstaunt, wie kräftig und warm sie sich anfühlte, dann schob sie einen Fuß in den Steigbügel, stieß sich ab und ließ sich von ihm auf das Pferd ziehen. Sie saß im Damensitz hinter ihm, sodass ihr Gewand über den Rumpf des Tieres floss, legte die Arme um Atholls Taille und hielt sich fest, als er, gefolgt von seinen Männern, aus dem Hof ritt. Als sie über die dunklen Felder jagten und die Lichter des Hauses hinter ihnen verblassten, brannte der kalte Märzwind in ihrem Gesicht. Die so lange in ihrem Inneren erstarrten Tränen begannen endlich zu fließen, und der grüne Duft von jungem Korn und Erde stieg ihr in die Nase.
54
Scone, Schottland, A.D. 1306
ROBERT STAND, VON EINEM STURM von Emotionen aufgewühlt, vor dem Moot Hill. Sein Blut schien heißer und schneller durch seine Adern zu rauschen, als wäre es vom Geist dieses Ortes, an dem seine Vorfahren zu Königen gekrönt worden waren, zu neuem Leben erweckt worden. Es erfüllte ihn mit Stolz, die ehrgeizigen Pläne seiner Familie endlich zu verwirklichen, und es befriedigte ihn zutiefst, dass es seinen Feinden nicht gelungen war, diese Pläne letztendlich doch noch zu vereiteln.
Rund um den zwischen den Sandsteingebäuden der Augustinerabtei und der königlichen Burg Scone gelegenen Hügel herrschte reges Treiben. Zwischen den Bäumen wurden Flaggen aufgehängt und Weißdornzweige über die frisch gesägten Bretter eines in der Mitte aufgestellten Podestes gestreut. Zwei Pagen hievten unter den wachsamen Augen von Bischof Lamberton einen Stuhl auf die Plattform. Andere Dienstboten strömten zwischen dem Hügel und dem weitläufigen, von Rauchschwaden verschleierten Lager hin und her, das sich auf dem Abteigelände erstreckte.
Obwohl es noch früh war, ging es im Lager bereits lebhaft und geschäftig zu, eine nahezu greifbare Erregung hing in der Luft. Hochrangige Magnaten hatten in der Burg ihr Quartier aufgeschlagen, während Robert und seine Familie in der Abtei selbst untergekommen waren. Er hatte es als beunruhigend empfunden, als Ehrengast an die Stätte seines Verbrechens zurückzukehren, und war daher erleichtert gewesen, dass der ältere Abt, auf den er und die Drachenritter getroffen waren, als sie den Krönungsstein gestohlen hatten, durch einen forschen jungen Mann ersetzt worden war, der sich seinem zukünftigen König nur allzu gern zur Verfügung gestellt hatte.
Robert verfolgte, wie die Diener die verschiedensten Utensilien für die bevorstehende Zeremonie herbeitrugen. Seine Augen leuchteten auf, als sein Blick auf ein Paar fiel, das durch den Kräutergarten ganz in der Nähe spazierte. Es waren seine Schwester und Christopher Seton. Sie gingen dicht nebeneinander und steckten die Köpfe zusammen. Christina blieb bei einem Rosmarinstrauch stehen und bückte sich, um die Nadeln zu berühren. Christopher kauerte sich neben sie, ohne den Blick von ihr zu wenden, während sie etwas sagte. Sie lächelte jetzt, und er nickte zu ihren Worten.
Dieser inmitten eines so feierlichen Anlasses gestohlene Moment schlichter Zuneigung wärmte Roberts Herz und ließ ihn sich nach einer Zeit ohne Krieg und Zwistigkeiten sehnen. In ihm keimte die Entschlossenheit auf, den Männern und Frauen, die ihm gefolgt waren, ein neues Schottland zu schaffen, ein vom Joch der Engländer befreites Königreich. Er erinnerte sich an die Friedenszeit vor dem tödlichen Sturz Alexanders III, bevor John Balliol den Thron bestiegen und sie all ihrer Freiheiten beraubt hatte. Den Blick auf seine Schwester und seinen Kameraden gerichtet, schwor Robert, diese Tage zurückzubringen. Angesichts des Umstands, dass der grüne Hügel für seine Krönung vorbereitet wurde, des fröhlichen Lärms im Lager und der warmen Sonne auf seinem Gesicht schien alles möglich zu
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