Krieger des Lichts: Ungezähmter Kuss (German Edition)
eigentlich allmählich besser gehen. Du bist unsterblich.«
»Ich weiß.« Er sah sie nur mit resignierter Miene an.
»Nein, Hawke. Du kannst mir nicht erzählen, dass ich es allen Widrigkeiten zum Trotz schaffen werde, während du aufgibst. Wie wäre es, wenn du bei der Suche nach einem Heilmittel für mich auch eins für dich findest?«
Ein harter Zug legte sich um seine Lippen. »Wir haben alles versucht.«
»Dann versuch noch etwas anderes«, fuhr sie ihn an, um dann gleich beschämt eine Hand auf ihren Mund zu legen. Ihr Zorn verpuffte unter seinem liebevollen Blick. »Ich habe dich gerade erst gefunden. Ich will dich nicht wieder verlieren.« Ihre Stimme brach am Schluss.
Er legte die Arme um sie und zog sie im Schatten der Bäume fest an sich. Der Duft der Frühlingsblumen und des frischen Grases fühlte sich irgendwie falsch an, weil er im direkten Widerspruch zu ihrem Gespräch über Tod und Verlust stand.
»Auch wenn das Schlimmste eintritt, wirst du dieses Mal nicht allein zurückbleiben, Smiley.«
»So allein bin ich doch gar nicht gewesen.«
»Nicht?« Er sah auf sie hinunter. »Hast du in einer Enklave gelebt, seit du deine eigene verloren hast? Hast du je mit jemand anders als mit den Straßenkindern zusammengelebt, die gelegentlich einen Platz zum Schlafen brauchten?«
Sie zuckte die Achseln. »Das hat mir nichts ausgemacht.«
»Doch, das hat es. Ich kann die Einsamkeit in deinen Augen sehen.« Er strich ihr übers Haar. »Warum bist du damals nicht mit deiner Enklave mitgegangen, als die Warnung kam, dass euer Dorf angegriffen werden würde?«
»Das ist alles lange her, Hawke.«
»Ich möchte wissen, was passiert ist. Das ist Teil deiner Vergangenheit und es hat dich beeinflusst.«
Sie löste sich von ihm und ließ den Blick in Richtung Wald schweifen. Es widerstrebte ihr, in die Vergangenheit zurückzukehren, zu jenem Tag … obwohl eigentlich gar nicht viel passiert war. Als er sie wieder an sich zog, entspannte sie sich, schaute zu den Baumwipfeln hoch und fing an zu erzählen.
»Zu Beginn des Ersten Weltkrieges lebten wir in Belgien. Ein Therianer aus unserer Enklave besaß die Gabe, den Geist der Menschen zu vernebeln und alles von ihnen zu erfahren, was er wissen wollte. Er war unterwegs auf einem Streifzug gewesen und auf einen Deutschen getroffen, der ihm erzählte, dass man einen Angriff auf das Dorf plante, in dem wir zusammen mit den Menschen lebten. Der Therianer kam zurückgeeilt, um die therianischen Bewohner der Enklave zu warnen. Meine beste Freundin, ein Mensch, wohnte auch in dem Dorf. Ihr Vater war es, der mich immer Smiley nannte. Er hatte mir stets mehr Geduld und Freundlichkeit entgegengebracht als jeder andere in meiner Enklave und ich stellte mir häufig vor, dass er mein richtiger Vater wäre. Ich flehte unseren Anführer an, mir eine Stunde zu geben, damit ich sie warnen könnte, aber er sagte Nein. Ich ging trotzdem.«
»Sie haben nicht auf dich gewartet.« Hawke verstand und er litt mit ihr.
»Nein, das haben sie nicht. Aber irgendwie hatte ich wohl gewusst, dass sie es nicht tun würden. Als ich jung war, habe ich immer gesagt: Gut, dass ich sie los bin, aber …« Sie schüttelte den Kopf. Den schrecklichen Überfall und die Tage, die darauf folgten, würde sie nie vergessen.
»Konntest du deine Freunde retten?«
»Nein. Sosehr sie mich auch mochten, konnten sie sich doch nicht vorstellen, woher ich so etwas wissen könnte. Sie sind nicht rechtzeitig geflohen.«
»Es tut mir leid.« Hawke schlang den Arm um ihre Brust und zog ihren Rücken fest an sich. »Deinen Anführer sollte man dafür, dass er ein fünfzehnjähriges Kind zurückließ, an einen Pfahl binden und den Dradern überlassen.«
Sie legte die Hände auf seinen Unterarm, während sie den Kopf senkte und einen Kuss auf seine nackte Haut drückte. »Er tat, was er tun musste, um für die Sicherheit der Enklave zu sorgen.«
»Er hätte jemanden zurücklassen können, um auf dich zu warten.«
»Das war nicht seine Art. Er war ein strenger Mann, kalt und unbeugsam. Alle waren so.«
»Waren deine Eltern nicht da?«
»Theoretisch schon. Aber meine Mutter hatte nicht viel für mich übrig. Sie wusste auch gar nicht, wer von den Männern mein Vater war, und es war ihr egal.«
»Andere haben dich aufgezogen.«
»Andere haben mir zu essen und Kleidung gegeben. Ich habe mich selber aufgezogen.« Sie zuckte die Achseln. »Ich hatte ohnehin vorgehabt, sie zu verlassen, wenn ich volljährig war.
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