Kriegsklingen (First Law - Band 1)
ahnen, was ich jetzt gerade denke. Ich war in diesem Spiel beinahe ebenso ein Bauer wie dieser kriecherische Wurm von einem Sekretär.
Glokta unterdrückte ein leises Kichern.
Welch ein Glück, dass ich ein Bauer auf der richtigen Seite war. Ich hegte überhaupt keinen Verdacht.
»Er hat uns für eine enttäuschend geringe Summe verraten«, fuhr Sult fort, und sein Mund verzog sich vor Abscheu. »Ich vermute, Kault hätte ihm zehnmal so viel gezahlt, wenn er so schlau gewesen wäre, mehr zu fordern. Die jungen Leute haben einfach keinen Ehrgeiz. Sie halten sich für wesentlich schlauer, als sie sind.« Er betrachtete Glokta mit seinen kühlen blauen Augen.
Zu diesen jungen Leuten gehöre auch ich, jedenfalls mehr oder weniger. Damit weist er mich zurecht. Berechtigterweise.
»Ihr Sekretär wurde dafür zur Verantwortung gezogen?«
Der Erzlektor setzte sein Glas bedächtig auf dem Tisch ab, so sorgsam, dass kaum ein Geräusch zu hören war, als der Fuß die Tischplatte berührte. »O ja. Mit aller Strenge. Es ist wirklich nicht nötig, weiter Gedanken an ihn zu verschwenden.«
Das möchte ich wetten. Wasserleiche unten am Kai gefunden …
»Ich muss schon sagen, es hat mich sehr überrascht, dass Sie sich so darauf versteift haben, das Leck bei Superior Kalyne zu vermuten. Der Mann war einer der alten Garde. Er neigte zwar dazu, bei einigen Kleinigkeiten wegzusehen, aber dass er die Inquisition derart verrät? Dass er unsere Geheimnisse an die Tuchhändler verkauft?« Sult schnaubte. »Nie im Leben. Sie haben sich von Ihrer Abneigung gegen den Mann leiten lassen und damit Ihr Urteilsvermögen getrübt.«
»Es schien die einzige Möglichkeit zu sein«, murmelte Glokta, bereute das aber sofort.
Idiotisch, idiotisch. Der Fehler ist passiert, jetzt halte besser den Mund.
»Es schien?« Der Erzlektor schnalzte äußerst missbilligend mit der Zunge. »Nein, nein, nein, Herr Inquisitor. Der Anschein reicht für uns nicht aus. Ich möchte doch sehr darum bitten, dass wir uns in Zukunft ausschließlich an die Fakten halten. Aber machen Sie sich deswegen nicht zu große Vorwürfe – ich habe Ihnen schließlich gestattet, Ihrem Instinkt zu folgen, und wie sich herausgestellt hat, wurde unsere Position durch Ihren Missgriff entscheidend gestärkt. Kalyne wurde aus dem Amt entfernt.«
Wasserleiche gefunden …
»Und Superior Goyle ist von Angland unterwegs, um den Posten des Superiors von Adua zu übernehmen.«
Goyle kommt hierher? Dieser Bastard wird der neue Superior von Adua?
Glokta konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel verzogen.
»Sie sind nicht gerade die besten Freunde, nicht wahr, Glokta?«
»Er ist jemand, der einkerkert und keine Fragen stellt. Schuld oder Unschuld kümmern ihn nicht. Die Wahrheit kümmert ihn nicht. Er foltert, weil er Spaß daran hat.«
»Ach, kommen Sie, Glokta. Wollen Sie mir sagen, dass Sie keinen Kitzel spüren, wenn Ihre Gefangenen ihre Geheimnisse offenbaren? Wenn sie die Namen nennen? Wenn sie das Geständnis unterschreiben?«
»Ich habe keinerlei Spaß daran.«
Ich habe an gar nichts Spaß.
»Und dennoch sind Sie so ungeheuer gut darin. So oder so, Goyle kommt hierher, und was auch immer Sie von ihm halten mögen, er ist einer von uns. Ein sehr fähiger und vertrauenswürdiger Mann, der sich ganz dem Dienst an Krone und Staat verschrieben hat. Er war einmal einer meiner Schüler, müssen Sie wissen.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Er hatte Ihren Posten inne … was beweisen dürfte, dass dieser Posten offenbar doch recht gute Aufstiegsmöglichkeiten bietet!« Der Erzlektor kicherte über seinen eigenen Witz. Glokta selbst rang sich ein dünnes Lächeln ab. »Insgesamt haben sich die Dinge recht zufriedenstellend entwickelt, und man wird Ihnen für die Rolle, die Sie gespielt haben, gratulieren. Sie haben Ihre Aufgabe gut erfüllt.«
Zumindest gut genug, um noch am Leben zu sein.
Sult hob das Glas, und die beiden Männer prosteten sich freudlos zu, während sie sich misstrauisch über den Rand ihrer Gläser hinweg belauerten.
Glokta räusperte sich. »Magister Kault machte vor seinem unglücklichen Abgang noch eine aufschlussreiche Bemerkung.«
»Und zwar?«
»Die Tuchhändler hatten einen Verbündeten bei ihren Aktionen. Vielleicht sogar einen sehr bedeutenden. Eine Bank.«
»Hm. Wenn man einen Tuchhändler auseinander nimmt, stößt man immer auf eine Bank, die im Hintergrund die Fäden zieht. Was ist damit?«
»Ich glaube, dass die Bankiers von all dem wussten. Vom
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