Kriegsklingen (First Law - Band 1)
zu Boden, dabei sank sie mehr, als dass sie gefallen wäre – sie schmolz dahin, und dunkle Seide umflatterte ihren zusammengebrochenen Körper.
»Schwester!« Der Mann ließ Ferro los und sprang mit ausgebreiteten Armen auf Yulwei zu. Er kam nicht weiter als einen Schritt. Dann stieß er unvermittelt einen schrillen Schrei aus und fiel auf die Knie, sich den Kopf haltend. Ferro zwang ihre stolpernden Füße voran, griff mit ihrer verdrehten Hand in sein Haar und stieß ihm das Messer in den Hals. Staub stieg in den Wind. Eine Quelle aus Staub. Flammen zuckten um seinen Mund, verbrannten seine Lippen zu schwarzen Strichen und leckten brennend heiß an ihren Fingern. Sie stürzte auf ihn, würgend, keuchend, sodass er auf den Rücken fiel. Die Klinge schlitzte ihm den Bauch auf, kratzte gegen seine Rippen, brach ab in seiner Brust. Feuer leckte heraus. Feuer und Staub. Sinnlos stach sie weiter mit dem abgebrochenen Messer auf den vor ihr liegenden Körper ein, obwohl er sich schon lange nicht mehr bewegte.
Dann spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. »Er ist tot, Ferro. Sie sind beide tot.« Sie sah, dass es stimmte. Der Mann lag auf dem Rücken, starrte blind in den Himmel, das Gesicht rund um Mund und Nase verbrannt, und Staub wehte aus den klaffenden Wunden.
»Ich habe ihn getötet.« Ihre Stimme klang rau und brüchig in ihrer Kehle.
»Nein, Ferro. Das war ich. Sie waren junge Verzehrer, schwach und dumm. Aber du hattest dennoch Glück, dass sie dich nur fangen wollten.«
»Ich hatte Glück«, murmelte sie, während blutiger Speichel aus ihrem Mund auf den Körper des Verzehrers tropfte. Sie ließ das abgebrochene Messer fallen und kroch auf allen vieren davon. Neben ihr lag die tote Frau, wenn man sie denn so bezeichnen wollte; sie war eine formlose, klumpige Fleischmasse. Ferro konnte langes Haar, ein Auge und Lippen erkennen.
»Was hast du getan?«, krächzte sie mit blutigem Mund.
»Ich verwandelte ihre Gebeine in Wasser. Und ihn verbrannte ich von innen. Wasser für den einen, Feuer für den anderen. Was auch immer bei solchen wie ihnen am besten wirkt.« Ferro drehte sich auf dem Gras auf den Rücken und sah in den hellen Himmel hinauf. Dann hielt sie sich die Hand vors Gesicht und schüttelte sie. Einer ihrer Finger klappte vor und zurück.
Yulweis Gesicht erschien über ihr und sah sie an. »Tut es weh?«
»Nein«, flüsterte sie und ließ den Arm wieder auf die Erde sinken. »Es tut niemals weh.« Blinzelnd sah sie zu dem alten Mann auf. »Wieso tut es niemals weh?«
Yulwei blickte besorgt zurück. »Sie werden nicht aufhören, nach dir zu suchen, Ferro. Verstehst du nun, wieso du mit mir kommen musst?«
Langsam nickte sie. Es bereitete ihr unglaubliche Mühe. »Ich verstehe«, hauchte sie. »Ich verstehe …« Die Welt wurde wieder dunkel um sie.
SIE LIEBT MICH … NICHT
Ah!«, schrie Jezal, als die Spitze von Filios Klinge hart auf seine Schulter traf. Er stolperte zurück, fluchend und mit verzerrtem Gesicht, während der Styrier ihn anlachte und seine Klingen triumphierend hob.
»Ein Treffer für Meister Filio!«, bellte der Kampfrichter. »Nun also jeder zwei!« Vereinzelt wurde geklatscht, als Filio mit provozierendem Lächeln auf den Lippen in die Kabine der Turnierteilnehmer marschierte. »Schlüpfriger Widerling«, fauchte Jezal unterdrückt, während er ihm hinterher ging. Er hätte diesen Ausfall vorhersehen müssen. Er war unaufmerksam gewesen, und das wusste er.
»Jeder zwei?«, zischte Varuz, als Jezal sich auf seinen Stuhl fallen ließ und heftig Atem holte. »Jeder zwei? Und das gegen diesen Niemand! Der ist noch nicht mal aus der Union!«
Jezal verzichtete darauf, Varuz darauf hinzuweisen, dass Westport inzwischen tatsächlich als Teil der Union betrachtet wurde. Er wusste, was sein Betreuer meinte, und jeder in der Arena dachte genauso. Der Mann war ein Außenseiter, ihrer Meinung nach. Jezal schnappte sich den Lappen, den West ihm hinhielt, und wischte sich das schweißnasse Gesicht ab. Fünf Treffer, das war ein langer Kampf, aber Filio sah ganz und gar nicht erschöpft aus. Stattdessen sprang er, als Jezal zu ihm herübersah, auf den Zehen auf und ab und hörte nickend seinem Lehrmeister zu, der ihm in lautem Styrisch neue Ratschläge gab.
»Sie können ihn schlagen!«, raunte West, als er Jezal eine Wasserflasche reichte. »Sie können ihn schlagen, und dann stehen Sie im Finale.« Das Finale. Das bedeutete Gorst. Jezal war sich nicht sicher, ob er das wirklich
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