Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
die ihm Handtücher und frische Kleidung brachte. Ihm war nicht nach ihrer Gesellschaft. Stattdessen hastete er durch den Südflügel, dessen Breitseite einen guten Blick auf das trübe Meer bot. Dort schloss er sich in seinem Arbeitsraum ein und atmete einige Male tief ein und aus. Es kam selten vor, dass er sich aufregte. Doch seit er gezwungen war, mit Garnet zusammenzuarbeiten, war es ihm des Öfteren schwergefallen, sein Temperament in Zaum zu halten. Der Junge machte nichts wirklich falsch, das konnte er ihm nun wirklich nicht vorwerfen. Aber er war so furchtbar leichtsinnig. Er hörte so gut wie nie auf Ossian und glaubte unerschütterlich an das Gelingen der Rückeroberung. Wäre seine Vision nicht gewesen, hätte er vielleicht mehr Vertrauen in sich verspürt. Aber dies war ihm nun nicht mehr möglich.
Wir sind Götter für diese Menschen, Cousin! Was glaubst du, haben sie uns entgegenzusetzen? Wenn alles nach Plan läuft, werden wir nicht einmal nennenswerten Widerstand antreffen!
Ossian schüttelte den Kopf, um Garnets arrogante Stimme aus seinen Gedanken zu verbannen. Er ging in die Mitte des Raumes, schloss die Augen und beruhigte seine Atmung. Als er sie wieder öffnete, rief er mit seinem Geist nach Onyx. Die Verbindung brauchte eine Weile, um zustande zu kommen, da die Entfernung zu seinem Freund erheblich war. Doch er hatte Glück und spürte schließlich, wie Onyx’ Geist sich auf den seinen zu konzentrieren begann.
„Onyx, hast du Zeit zu reden?“
„Ja. Ich bin in meinem Zelt“, kam die Antwort. Die vertraute Stimme entspannte Ossian noch mehr und er nahm sich Zeit, sich nach dem Wohlergehen des Verreisten zu erkundigen.
„Es geht mir gut.“
„Das freut mich, Cousin.“
„Ich nehme an, du meldest dich, weil du wissen willst, wie ich hier vorankomme?“
„Nun …“, begann Ossian. Entschied sich dann jedoch dazu, seinem Cousin die Wahrheit zu sagen.
„Eigentlich wollte ich dir etwas mitteilen. Dein Bruder ...“
„Garnet? Was hat er angestellt? Doch nicht wieder ein Mädchen?“
„Nein, nein“, beeilte sich Ossian zu sagen. Er konnte deutlich spüren, wie erleichtert Onyx darüber war.
Soll ich ihm wirklich davon berichten? Er hängt sehr an seinen Bruder. Wenn ich ihm die Wahrheit erzähle, dann wird er sich entscheiden müssen, wem er treu bleibt. Ich weiß, dass er mich liebt, aber Garnet ist sein kleiner Bruder. Egal, wie er sich entscheidet, er wird niemanden von uns glücklich machen. Soll ich dieses Risiko eingehen? Soll ich ihm von dieser Prophezeiung erzählen? Er hat bereits so viel geopfert, kann ich ihn so enttäuschen?
Er hätte es eigentlich schon längst tun können. Aber immer wenn er seinem Cousin davon hatte erzählen wollen, hatte ihn den Mut verlassen. So wie jetzt. Freundschaften, die schon Tausende Jahre hielten, setzte man nicht so gerne aufs Spiel.
Doch mit einem Spiel hat das hier nichts mehr zu tun.
„Ossian? Was ist los?“, wollte Onyx wissen, als sein Cousin schwieg.
„Wie läuft es bei dir?“, beeilte sich dieser nun doch zu fragen.
„Wir sind auf gutem Wege. Hier tut sich einiges. Die Kaserne wird im Moment gerade dauerhaft angelegt. Sie arbeiten wie Ameisen, es ist amüsant, ihnen zuzuschauen, wie sie Steinchen um Steinchen schleppen und mühsam zusammenmauern. Ich wundere mich, dass sie mit dieser Methode über die Höhe von einem Stockwerk hinausgelangen. Aber sie bauen anscheinend nicht nur hier. Im ganzen Reich werden Kasernen gebaut, um ein fähiges Heer auf die Beine zu stellen. Ich habe bei einem unvorsichtig geführten Gespräch mitbekommen, dass am Tag der Wintersonnenwende eine große Parade geplant ist. Wir haben den Befehl bekommen, bis Anfang Winter die Ausbildung mit den Tamarchen abzuschließen, weshalb ich annehme, dass auch sie dort zum Einsatz kommen. Eine Parade kann nur eines bedeuten: eine Machtdemonstration vor dem Krieg.“
Er klingt so zuversichtlich …
„Das klingt vielversprechend“, meinte Ossian.
„In der Tat. Der Lieutenant General hat außerdem noch etwas von einer neuartigen Waffe erzählt, die dem Volk präsentiert werden soll.“
„Du meinst, abgesehen von den Tamarchen?“
„Ich denke schon.“
Ein ungutes Gefühl schlich sich in Ossians Magengegend. Bittere Gallenflüssigkeit stieg ihm hoch.
Da. Nun hast du deine Nachricht, auf die du so lange gewartet hast. Jetzt hast du keinen Grund mehr, ihm nichts von der Vision zu erzählen.
„Kannst du mehr darüber herausfinden?“, wollte
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