Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Stattdessen hatte ihm dieser Stümper die Azurblaue vorgelegt.
Der König namens Ragnar stieß einen frustrierten Seufzer aus. Die Glocken des Totentempels schlugen dreimal. Die Sitzung war eröffnet. Ragnar fluchte und legte noch einmal einen Zahn zu.
Schließlich erreichte er die hohen Flügeltüren, die bereits geschlossen waren. Wachen standen vor der Tür, erweckten jedoch nicht den Anschein, als ob sie ihn hineinlassen wollten. Doch als sie seinen Gesichtsausdruck sahen, überlegten sie es sich anders. Ragnar platzte in den Raum, in dem sich gerade Stille breitgemacht hatte. Achtundzwanzig Gesichter wandten sich ihm zu. Nur der Hochkönig war offenbar mit einigen Unterlagen, die vor ihm lagen, beschäftigt. Ragnar gab ein entschuldigendes Murmeln von sich und huschte zu seinem Platz, der sich auf der gegenüberliegenden Seite der quadratisch angelegten Ratshalle der Könige befand. Im Zentrum befand sich ein Rednerpult und dem Eingang gegenüber, auf gleicher Höhe, der Sitz des Hochkönigs. Als Einziger war es ihm erlaubt, einen Berater dabeizuhaben. Ragnar war nicht überrascht, General Voltan treu an Thanatos’ Seite zu erblicken. Die Sitze der Provinzkönige waren auf treppenartigen Abstufungen des Raumes verteilt, die bis dicht unter die hohen Fenster reichten. Die Lackschuhe des Königs von Soocul klapperten, als dieser die Treppe hinaufhastete. Er war bereits ein wenig ins Schwitzen geraten, als er seinen Sitz erreichte: ein hoher Holzstuhl, neben dem ein Tischchen stand, auf dem kleine Erfrischungen und ein erlesener Wein in einem Kristallglas darauf warteten, genossen zu werden. Erleichtert, dass sein Spießrutenlauf zu Ende war, ließ sich Ragnar auf den Sitz plumpsen. Er lächelte noch einmal entschuldigend in die Runde und beschloss, seine Verstimmung zu unterdrücken und sie zu einem späteren Zeitpunkt an seinem Kammerdiener auszulassen.
Er blickte zu Thanatos, der zum Rednerpult ging, um die Sitzung mit einigen Worten offiziell zu eröffnen. Es wirkte so, als ob sein Gang weniger enthusiastisch war als üblich. Seine Schultern schienen ein wenig nach vorne gefallen zu sein und der Hals wirkte gekrümmt.
Dann haben nicht nur wir Sorgen, das ist doch einmal etwas.
Ragnar musste den zufriedenen Ausdruck aus seinem Gesicht verbannen. Stattdessen setzte er eine interessierte Miene auf und wartete, dass der Hochkönig begann.
„Könige von Korin, ich heiße Euch in der Hauptstadt willkommen. Ihr, die Ihr alle dafür sorgt, dass dieses Reich gedeiht, seid von mir zu solch außerordentlicher Zeit nach Karma gerufen worden, weil Ereignisse stattfinden, die unseren Glauben und unser Vertrauen in dieses gemeinsame Werk, unser Land, auf die Probe stellen. Verehrte Könige, ich, Thanatos, dessen Blutlinie bis zu Roban persönlich zurückreicht, sah mich gezwungen, Euch über die traurigen Ereignisse zu informieren, die momentan Karma und auch andere Teile des Reiches heimsuchen.“
Thanatos sprach noch weiter. Seine Stimme war angenehm. Er trug seine Rede in leicht singendem Tonfall vor, der es dem Zuhörer einfach machte, dem Inhalt zu folgen. Ragnar, der sich von den heuchlerisch schmeichelnden Worten nicht einlullen lassen wollte, ließ seinen Blick schweifen. Die Könige waren ein bunt gemischter Haufen Männer in mittlerem Alter. Einige wenige waren in kostbare, auffallende Kleidung gewandet, während vor allem die Könige der Randprovinzen in schlichte, jedoch praktische Garderoben gehüllt waren. Soocul war eine reiche Provinz, da sie nicht von der Landwirtschaft, sondern vom Handel lebte, der ihr einige ertragreiche Hafenstädte bescherte. Obwohl Ragnar vom Hochkönig favorisiert wurde, war er nicht wirklich begeistert von diesem. Thanatos war nach seinem Empfinden ein fauler Maulheld. Was hatte er schon Großes getan, um sich den Thron und die Krone wirklich zu verdienen? Er hatte einige Kleinkriege mit Mikrostaaten geführt, viele Bälger in die Welt gesetzt, damit seine Blutlinie weiter bestand, führte ein verschwenderisches Leben in der Hauptstadt. Dieser Mann kannte weder Schweiß noch Arbeit.
Ragnar musste zugeben, dass er selbst auch auf großem Fuß lebte. Ihm und seiner Sippschaft mangelte es ebenfalls an nichts. Er hatte eine Frau, zwei Mätressen, eine Tochter und drei Söhne. Er liebte schöne Stoffe und gute Weine. Doch anders als Thanatos musste er immer mit der Angst leben, dass seine Person Karma irgendwann einmal nicht mehr genügen würde, dass ein Militärveteran mit
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