Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Arzt schließlich zu seinem Zimmer und unter die Decke zurück. Er schlief nur kurz, da weckte ihn schon wieder jemand. Rost schüttelte ihn wach. Faolan sah zwar die Sonne nicht, doch ein Gefühl sagte ihm, dass sie noch nicht über den Horizont gekrochen war.
„Warum so früh?“, gähnte er und setzte sich auf. Er wollte nach seinen alten Kleidern greifen, doch Rost schüttelte den Kopf.
„Du kriegst neue.“
„Schwarze?“
„Genau.“
„Lederkleidung? Ich mag lieber Baumwolle“, grummelte er.
„Keine Ahnung. Das siehst du dann.“
„Also gut,“ lenkte der junge Mann ein. „Wo ist sie?“
„Im Zeremonienraum.“
„Und soll ich dort etwa nackt hereinspazieren?“, wunderte sich Faolan.
Als Antwort streckte ihm Rost einen alten Morgenmantel hin.
„Das ist Frauenkleidung!“, beschwerte er sich, als er die Stickereien auf der dunkelvioletten Seide sah.
„Na und? Es geht nicht darum, zu gefallen. Du kannst natürlich auch nackt mitkommen.“
Widerstrebend schlüpfte Faolan in den Mantel und tappte – erneut barfüßig – hinter Rost her. Cam war verschwunden.
Faolan achtete kaum auf den Weg, sondern starrte gedankenverloren Rosts breiten Rücken an. Gleich würde er mit dem Initiationsritus in die Gruppe aufgenommen werden. Mythos hatte ihm leider am Vorabend kaum Details verraten. Wie die anderen Mitglieder würde er einen neuen Namen bekommen. Einen Namen, der für sein neues Leben stand. Ein Leben im Dienste des Reiches und des Hochkönigs. Noch konnte er davonrennen. Noch war es nicht zu spät. Er hatte sich durchaus Gedanken darüber gemacht. In Anbetracht dessen, dass er bei einer Flucht jedoch als vogelfrei eingestuft werden könnte, hatte er sich dazu entschieden, zu bleiben. Schließlich gab es ja auch noch die Schatten. Die nächtliche Erfahrung hatte ihn neugierig gemacht. Er wollte wissen, zu was er fähig war. Mit diesem besonderen Talent war er wohl bei diesen Leuten hier am besten aufgehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er zwar noch niemanden Außergewöhnliches vollbringen sehen, doch er konnte die besondere Verbundenheit, die er ihnen gegenüber empfand, spüren. Sie hatten etwas gemeinsam.
Natürlich nervte ihn eine kleine Stimme im Hinterkopf.
Die Sache ist zu undurchsichtig. Da gibt es viel zu viele Fragen, die noch offen sind, nur bruchstückhafte Informationen, die man mir vermittelt hat. Außerdem ist die Sache gefährlich. Was am Vortag mit Flex geschehen ist, war sicher kein Resultat unglücklicher Umstände. Ich bräuchte mehr Zeit, um mir das Ganze genauer zu überlegen. Aber ich habe keine Zeit mehr und außerdem habe ich mich entschieden.
„Hier,“ riss ihn Rost aus seinen Gedanken.
Sie waren an einen Treppenschacht gelangt, der ins Dunkle hinab führte. „Geh voraus. Ich folge dir.“
Faolan leistete es sich nicht, zu zögern, sondern schritt mit gestrafften Schultern an Rost vorbei in die Dunkelheit. Doch dieser Umstand währte nicht lange. Die Treppe führte in eine Art Höhle. Faolans Schritte hallten nun von weit entfernten Wänden. Die Luft wurde auf einmal unsäglich frisch und er konnte Wasser plätschern hören.
Das Licht stammte von zwei Kohlebecken, die ein wenig vom Ende der Treppe entfernt standen. Davor versammelt stand der ganze Trupp: Mythos, der Faolan beim Näherkommen aufmerksam musterte. Ash, die ihm aufmunternd zulächelte. Flex, der an diesem Morgen wieder ein bisschen mehr Farbe als am Vortag hatte. Durch die langen, blonden Fransen zwinkerte er Faolan zu. Queen, welche die Hände vor der Brust verschränkt hatte und ihn mit einem undefinierbaren Blick taxierte. Rock, ein bulliger Mann, der mit dem Aussehen eines Schlägers gesegnet war und sich gerade müssig über die Glatze strich. Tau, die zierliche, unscheinbare Frau mit der weißblonden Kurzhaarfrisur und der weißen Porzellanhaut und schließlich noch Ivy, eine gut gelaunte Brünette, die in ihren vorzüglich geschneiderten Kleidern und mit ihren femininen Kurven einfach nur atemberaubend aussah. Rost gesellte sich zu seinen Gefährten und hakte lässig die Daumen in seinem Gürtel ein. Aber es waren nicht sie, die seine Aufmerksamkeit auf sich zogen, sondern das, was sich hinter ihnen befand. Hinter den Becken lag ein kleiner See. In dessen Mitte drehten sich einige Steinbrocken, die eine eigentümlich smaragdfarbene Lumineszenz umgab. Zunächst schien es, als ob sie sich willkürlich bewegten. Doch während er langsam die letzten Stufen der Treppe hinunterging, wurde
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