Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Experimente durchzuführen. Natürlich hatte auch Shade einen Raum für sich bekommen und Mythos hatte ihm nahe gelegt, seine Fähigkeiten zu verbessern, sobald er seine tägliche Putzarbeit erledigt hatte.
So sehr ihm das Fegen und Kehren auch gegen den Strich ging, so sah er doch ein, dass er dabei etwas über seine neuen Gefährten lernen konnte. Am Morgen, wenn alle ihren Pflichten nachgingen, er mutig den Besen schwang und sich um die Übungsräumlichkeiten kümmerte, bekam er einen kleinen, aber wertvollen Einblick in ihre Kräfte und ihre Art zu kämpfen – anhand der Unordnung, die sie hinterließen.
Die Wände von Ashs Raum waren zum Beispiel verrußt und wiesen an manchen Stellen sogar Einschlagslöcher auf. Der Boden war mit Sand und Asche verdreckt, den Shade immer wieder aufs Neue zusammenkehren musste.
Cams Raum war über und über mit nutzlosem Kram vollgestellt. Vor allem Möbel – alte Kommoden, ganze Wandschränke und sogar ein Bett, aber auch etwas, das wie ein Teil einer Marktbude aussah – versperrten den Weg in das Innere. Shade war es unmöglich, den Boden zu putzen. Stattdessen staubte er jedes einzelne Requisit ab und versuchte dabei, sich nicht dauernd irgendetwas anzustoßen.
Rocks Gemach beherbergte vier Strohpuppen, welche die Eckpunkte eines großen Quadrates in der Mitte des Raumes bildeten. Außerdem war da noch eine große Zielscheibe, die in der Mitte zahlreiche Löcher und Risse aufwies, die nicht von einem Pfeil stammen konnten.
Tau, die unscheinbare kleine Frau mit dem fast weißen Haar, besaß ein wahres Biotop als Übungsraum. Die Wände waren feucht und mit Moos und Schimmel bedeckt. Am Boden hatte sich Wasser in Pfützen gesammelt. Es stank nach Moder und Fäulnis, obwohl sich Shade darum bemühte, sooft wie möglich sauber zu machen. Tau hatte sogar einen eigenen Wasseranschluss. Der Hahn ragte direkt aus der Wand. Leider war er leck und deshalb tropfte er unaufhörlich in das darunter liegende, irdene Becken.
Ivys Kammer war voller Zielobjekte. Manche aus Holz und rund, manche aus kleinen, runden Lederbällen, die mit Wolle ausgestopft waren. Sie waren an den vier Wänden befestigt oder hingen an Seilen von der Decke. Shade nahm zu Recht an, dass sie vor allem mit Wurfmessern und –pfeilen hantierte.
Rosts Raum war der Einzige, der verschlossen war. Dort gebe es nichts zu putzen, hatte Mythos auf Shades Anfrage geantwortet. Natürlich war er neugierig geworden, doch noch erlaubte er sich keine Abenteuer, die die Beziehung zu den anderen hätten gefährden können.
Flex besaß einen grob geschnitzten Waffenschrank, in dem sich diverse Klingen befanden. Außerdem gab es zahlreiche Vorrichtungen, die aussahen wie Schaukeln, die auf den Spielplätzen der reichen Familien vorkamen, mit dem einzigen Unterschied, dass diese nicht an Gerüsten auf dem Boden aufgehängt waren, sondern in unterschiedlicher Höhe and Verstrebungen oder direkt von der Decke hingen. Shade konnte sich keinen Reim darauf machen.
In Mythos Kammer war er insgesamt drei Male gewesen, bis er realisiert hatte, dass seine Dienste dort ebenfalls nicht benötigt wurden. Im Innern befand sich nämlich nichts; keine Waffen, keine Requisiten, nichts.
Dann war da noch Queens Raum. Shade musste sich immer wieder aufs Neue dazu überwinden, hineinzugehen, nur mit einem Besen und einem Kübel Wasser ausgerüstet. Für sein schlechtes Gefühl gab es keine plausible Erklärung. Im Gegensatz zu Mythos’ Kammer war ihre geradezu normal ausgestattet. Es gab dort einen Tisch, auf dem unterschiedlich weit heruntergebrannte Kerzen standen. Auf einem Samttuch lagen diverse Messer: gezackte, geschwungene, solche, die Widerhaken aufwiesen, lange, schmale, dünne, breite.
Es waren einfache Messer, nichts, was er nicht schon einmal gesehen hätte. Und doch konnte er sich nicht des beklemmenden Gefühls erwehren, das ihn beschlich, wenn sein Blick beim Putzen auf die Messer fiel – und das tat er oft. Sie schienen seine Aufmerksamkeit regelrecht auf sich zu ziehen. Er kam nicht umhin, sich vorzustellen, wozu die Messer gebraucht wurden. Das ging so weit, dass er sich nach jedem Aufenthalt in besagtem Raum später in der Grotte der zerbrochenen Göttin, wie er diesen Ort insgeheim nannte, wiederfand. Ihr Anblick schien ihm Trost zu spenden. Auch wenn er beim ersten Besuch gefunden hatte, die zerstörte Büste sehe aus wie ein Abbild Queens, so musste er sich nun korrigieren. Dieses wunderschöne Antlitz hatte nichts
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