Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Ladenbesitzer fiel im Gegensatz dazu viel weniger auf. Waithwick war der vierte Besitzer dieser Dekade und keiner seiner Vorgänger war an Altersschwäche gestorben. Der jetzige Eigentümer der Räumlichkeit war, salopp gesagt, ein Schlamper. Obwohl er das Privileg genoss, im alten Teil Karmas situiert zu sein, vernachlässigte er seinen Laden so sehr, dass sich selten Kundschaft – die in dieser Gegend gut betucht war – hineinwagte.
Der Gang führte in den Keller. Da Waithwick ein Langschläfer war, hatten sie keine Schwierigkeiten, vom Keller in den Hintergarten und von dort auf die Straße zu gelangen.
Es war noch früh und so trafen sie nur wenige an, die unterwegs waren – hauptsächlich Bedienstete, Beamte und einfache Bürger, da Karmas Aristokratie dafür bekannt war, am Morgen lange auszuschlafen. Weil die Neun in der Palastuniform unterwegs waren, senkten die, die ihnen über den Weg liefen, schnell ihren Blick und machten Platz.
Die Uniformen hielten nicht warm, weshalb sich die Mitglieder des Ringes beeilten, hinter die Palastmauern zu kommen. Einlass verschaffte ihnen Cam, der sich in die Wachstube schlich und die beiden Männer, die dort Dienst hatten, betäubte. Dies war notwendig, weil natürlich keine der Palastwachen in die Stadt geschickt worden war. Es war die Aufgabe der Sicherheitsgilde, welche von der Stadt selbst gestellt wurde und ihr Hauptquartier im Gildenhaus hatten, in Karma für Ordnung zu sorgen. Queen kümmerte sich rasch um die beiden schlafenden Herren. Sie berührte die Männer an der Stirn und schickte ihnen zwei ihrer berüchtigten Träume. Während die Tempelbewohner die Wachstube verließen, begannen die Diensthabenden bereits zu zucken. Wenn sie schließlich aufwachten, würden sie von ihren erotischen Träumen so verstört und beschämt sein, dass sie kein Wort darüber verlieren würden, dass sie eingeschlafen waren.
Von der Wachstube aus war es nicht mehr schwierig, in den Hauptteil des Palastes zu gelangen. Der verantwortliche Lieutenant General, Gridion Le Sage, war froh, als er die Mitglieder des Ringes der Gehorsamen erblickte. Er sowie Grimm, Voltan und die Spitze des Militärs von Korin waren eingeweiht, was die Existenz des Ringes anging. Lieutenant General Le Sage, der für alle Aktionen, die den Palast betrafen, zuständig war, hatte oft mit Mythos und den anderen zu tun gehabt. Lord Gainsboro war nichts weiter als ein Nachrichtenüberbringer – was diesen nicht störte, da er nur ins Militär gegangen war, um seinem Vater zu gefallen und sich nicht dafür interessierte, sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Lieutenant General Grimm wurde vom General meistens mit den heikelsten, aber auch interessantesten Missionen beauftragt. Dies neideten ihm die eigentlich Gleichgestellten. Grimm wurde klar bevorzugt und galt gemeinhin schon als Kandidat für das Amt des Generals, sollte der Amtierende sich entschließen, sich zur Ruhe zu setzen. Weil Grimm sich seiner Sonderstellung durchaus bewusst war, schlug sich dies in seinem Verhalten nieder. Lieutenant General Le Sage hingegen war ein angenehm bescheidener Mann.
„Guten Morgen, schön, dass ihr uns heute helft.“ Er grinste sie leicht gestresst an. „Wie ich höre, seid ihr noch nicht lange in der Stadt?“
Sie nickten schweigend. Ivys Cafitiolsud hatte alle Ringmitglieder erfolgreich von ihrer Müdigkeit befreit. Selbst wenn sie wollten, würden sie in den nächsten Tagen kein Auge zu tun können.
„Na gut, dann machen wir uns gleich an die Planung des heutigen Tages.“
Tau zupfte nervös an ihrem grauen Kleid herum. Sie war es nicht gewohnt, solch feminine Sachen zu tragen und fühlte sich unwohl darin.
Der Lieutenant General hatte angeordnet, dass sie sich alle herrichteten sollten. So kam es, dass die Frauen teure Roben trugen und die Männer in edlen Anzügen steckten. Lieutenant General Le Sage wollte, dass sie sich unter das Volk mischten, um stets in der Nähe des Hochkönigs zu sein.
Es war später Nachmittag und allmählich wurde es Zeit für ihren großen Auftritt. Tau warf einen letzten Blick in den Wandspiegel. Eine eigenartige Melancholie erfasste sie, als sie sich darin erblickte. Sie sah gut aus.
Aber das interessiert niemanden.
Sie nahm das silberne Täschchen vom Sims und wandte sich zum Gehen um. Das Kleid war bodenlang, weswegen sie unbemerkt flache Schuhe tragen konnte. Die Mode der Zeit schrieb es zwar anders vor, aber Nützlichkeit war für Tau wichtiger als modischer Zeitgeist. In
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