Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
seine Hand gestützt. Emerald, eine Frau Mitte vierzig, ließ ihren Blick ebenfalls über die Menge schweifen. Sie war die offizielle Gastgeberin des Anlasses und es sah aus, als ob sie sich vergewissern wolle, dass jeder ihren Empfang genoss.
Ein Diener ging mit einem Tablett, das mit Getränken gefüllt war, an Queen und Tau vorbei. Erstere zögerte nicht und nahm zwei zierliche Kristallgläser, die mit einer milchigen, perlmuttfarbenen Flüssigkeit gefüllt waren. Da es alkoholhaltig war, hatten sie natürlich nicht vor, davon zu trinken –– doch es trug zu ihrem Erscheinungsbild als zwei junge Adelige, die einen angenehmen Abend im Palast verbringen wollten, bei. Die beiden setzten sich auf ein Sofa, von welchem aus sie das hochkönigliche Ehepaar gut im Blick hatten. Mythos stand alleine neben dem Buffet und beobachtete, wie sich die Gäste von Bediensteten die Teller mit Köstlichkeiten füllen ließen. Er war in einen einfachen, aber edlen, schwarzen Anzug gekleidet und sah ein wenig aus, als ob er auf Brautschau sei.
Tau und Queen blieben, wie vorher vereinbart, den ersten Teil des Festes auf ihrem Beobachtungsposten. Flex und Ash lösten die beiden schließlich ab. Von diesem Zeitpunkt an stand es den beiden Frauen frei, zu machen, was sie wollten, solange sie sich für einen allenfalls eintretenden Notfall in der Nähe des Hochkönigs aufhielten. Queen wollte tanzen gehen. Sie schnappte sich Cam, der das Glück hatte, frei herumzustehen. Mit leichtem Bedauern sah Tau ihnen nach. Sie wünschte sich, dass sie den Abend ebenso genießen könnte wie Queen. Ihr Schwermut hatte sie nicht losgelassen.
Sie befürchtete, mit ihrem langen Gesicht die Aufmerksamkeit Emeralds auf sich zu ziehen, entfernte sich von den Sitzgelegenheiten und wanderte den Buffettisch entlang die Halle hinunter. Obwohl sie nicht hungrig war, blieb sie irgendwann stehen und nahm sich von einer Platte ein Anisgebäck. Während sie daran knabberte und langsam weiterging, schenkte sie der sich vergnügenden Menschenmenge kaum Beachtung.
Es war kurz bevor sie das untere Ende des schier endlosen Buffettisches erreichte, als sie plötzlich stehen blieb.
Sie spürte über die Ausgelassenheit der Gäste hinweg noch etwas anderes – eine ähnliche Traurigkeit wie die ihre.
Obwohl sie sich nicht erklären konnte, weshalb sie die Gefühle eines anderen Menschen fühlen sollte, blickte sie nunmehr aufmerksam um sich. Die Emotion kam nicht aus der tanzenden Menge, dessen war sie sich sicher. Sie ließ ihren Blick den Tisch entlang gleiten, doch auch hier konnte sie niemandem diese Traurigkeit zuordnen.
Sie dachte schon, dass sie sich getäuscht haben musste, als ihr Blick auf die Galerie fiel, welche die Breitseite der Festhalle überblickte. Im Schatten der Stützpfeiler stand eine Person, die in die Menge hinunterspähte. Ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden, verließ Tau die Halle und stieg, so schnell es ihr bodenlanges Kleid zuließ, die Treppe hinauf zur Galerie. Aus ihr unerfindlichen Gründen war dieser Ort nicht beleuchtet. Der Kronleuchter des Festsaales mit den unzähligen, verschieden großen Lichtkugeln beschien nur einen Teil des Ganges. Leicht außer Atem erreichte Tau die Empore. Auf den ersten Blick schien sie leer. Dann bewegte sich jemand in den Schatten. Nicht wissend, was sie sagen sollte, blieb Tau still dort stehen, wo sie war. Sie starrte in die Dunkelheit, wobei sie sich bewusst war, dass auch sie aufmerksam gemustert wurde.
Dann hob die unbekannte Person ihre Hand und winkte sie zu sich. Tau zögerte. Der Fremde ließ die Hand wieder sinken und hinkte ins Licht. Es war ein Mann.
Im spärlichen Licht war sein Alter schwer auszumachen. Trotz des Stockes, auf den er sich mit der rechten Hand stützte, schien er kein Greis zu sein.
Warum sollte ich Angst vor diesem Mann haben? Ich könnte ihn innerhalb von wenigen Herzschlägen töten, wenn er mir etwas antun will.
Also schritt Tau langsam den Gang hinunter. Je näher sie dem Fremden kam, desto mehr Details konnte sie an ihm ausmachen. Er hatte dunkelbraune Haare, die er knapp schulterlang trug. Die edlen, olivfarbenen Stoffe, in die er gekleidet war, zeigten, dass er von vornehmem Stand war. Er trug einen altmodischen Anzug mit knielangen Pluderhosen und einem dazu passenden Jackett, dessen Borten mit Goldstickereien verziert waren. Er beobachtete Tau aus tief in den Höhlen liegenden Augen.
„Guten Abend, Lady“, begrüßte er Tau mit einer
Weitere Kostenlose Bücher