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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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kirchenrechtliche Sanktionen den westfränkischen Fürsten gegenüber hatte. 12

Tod nach 37jähriger Herrschaft »an Durchfall in großem Jammer ...«

    Da in Italien kaum eine Hand für den Papst sich rührte, weder der zum Schutz des Kirchenstaates verpflichtete mächtige Herzog von Spoleto noch gar der seit 876 zum missus für das Land bestellte Boso von Vienne, blieb dem Kaiser, wollte er seine Glaubwürdigkeit, sein Ansehen und Italien selbst behalten, nichts anderes übrig, als in den Süden zu ziehen, wie prekär zu Hause die Lage auch war, besonders durch die Normannen. Alles Schröpfbare hatte er zu ihrer Besänftigung schröpfen lassen.
    Auch nach Italien führte Karl, als er im August 877 in Begleitung seiner Gattin aufbrach, einen »sehr großen Schatz an Gold und Silber sowie von Pferden und anderen Kostbarkeiten« mit (Annales Bertiniani), aber nur ein verhältnismäßig geringes Gefolge. Das Heer seiner Großen, die noch weniger Lust auf das italienische Abenteuer hatten als er selbst, sollte später folgen. Und nicht ohne das Versprechen ließ er sie zurück, weder die Kirchengüter noch seinen Familienbesitz anzutasten! (Es kam dennoch zu einer Rebellion führender Aristokraten, darunter anscheinend sein eigener Sohn Ludwig der Stammler.)
    Der Papst indes feierte Karl überschwenglich, da er ihn zu einem Krieg brauchte. Er pries ihn ganz offiziell vor einer heiligen Synode in Ravenna, vor immerhin fünfzig Bischöfen, zumeist aus Ober- und Mittelitalien. Und seine – uns erhaltene – Ansprache an die Konzilsväter sollte offenbar eine Art Geschenk des Gastgebers an den erwarteten Kaiser sein, den »von Gott berufenen« und von ihm, Johann, erwählten und gekrönten, dem erlauchten großen Großvater ebenbürtigen Fürsten. Auch die versammelten Prälaten sahen Karl durch eine »Eingebung des heiligen Geistes« erkoren, bestätigten noch einmal seine ja schon 875 erfolgte Kaiserkrönung und bedrohten auf Johanns Anweisung alle, die diese »zweifelsohne von Gott verfügte Einsetzung« bekämpften, als »Diener des Teufels« mit dem Kirchenbann.
    In den letzten Kanones der ravennatischen Synode wird wieder besonders die Unantastbarkeit der Kirchengüter betont, wird es verboten, Güter des Römischen Stuhls als Lehen oder anderweitig auszugeben – »außer wenn die Empfänger Verwandte der Päpste sind«! Zuwiderhandelnde soll das Anathem treffen. 13
    Schutz ihres Vermögens erwarteten die Synodalen auch von dem nun schon bald über den St. Bernhard anrückenden Kaiser, dem die Gesandten eines Papstes entgegeneilten, der ihn so oft und dringlich gerufen. Denn wäre auch alles Holz in den Wäldern in Zungen verwandelt, würde es nicht genügen, um das Leid aufzuzählen, das ihm die Sarazenen bereiten. Schlimmer aber als die Heiden seien die schlechten Christen. Doch niemand höre seinen Angstschrei, niemand helfe, rette, es sei denn der Kaiser. Johann reiste ihm auch selbst bis Pavia entgegen und, da er sein Verlangen, Karl zu begegnen, kaum zähmen konnte, auch nach Vercelli noch, wo er ihn »mit größten Ehrenbezeugungen« (honore maximo) empfing.
    Allein als beide dann in Pavia waren, der alten Krönungsstadt, wo die Kaiserin auch Königin von Italien werden sollte, rückte schon Karls Neffe, Ludwigs des Deutschen ältester Sohn, der Bayer Karlmann, mit starken Verbänden über den Brenner heran. Man überquerte deshalb den Po nach Süden, wo in Tortona der Papst, einfach genug und in aller Eile, Richildis zur Kaiserin weihte, um sich dann schnell und sozusagen auf Schleichwegen nach Rom zu begeben, faktisch nichts in den Händen als ein Präsent für den hl. Petrus, einen schweren, mit erlesenen Edelsteinen verzierten Gekreuzigten aus purem Gold, »wie noch nie einer von einem König geschenkt worden war« (Annales Vedastini).
    Die Kaiserin kehrte mittlerweile über den Mont Cenis mit Karls Schätzen zurück, während er selbst zuletzt gleichfalls floh, da die erwartete Verstärkung durch die Großen seines Reichs, die ihm wiederholt Treue geschworen, ausblieb, ja, sie sich nun, wie auch die meisten Bischöfe, gegen ihn verschworen. So wagte Karl den Kampf mit Karlmann nicht; »denn sein Leben lang«, schreibt der ostfränkische Annalist, »pflegte er, wo er dem Feind die Stirne bieten sollte, offen den Rücken zu kehren oder heimlich seinen Soldaten davonzulaufen« (Annales Fuldenses).
    Noch unterwegs fieberte er, erkrankte, wie kirchliche Chronisten unterstellen, an einem Medikament seines

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