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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Dagegen übergab er den Bischof Adelbert von Bergamo dem Mainzer Seelenhirten, der ihm natürlich kein Haar krümmte. Und auch Arnulf versöhnte sich sehr rasch mit dem geistlichen Ortsoberen und bestätigte ihm schon am 1. Januar 895 alle Besitzungen seiner Kirche; noch die Landgüter des ante portas strangulierten Grafen Ambrosius von Bergamo gingen in den Besitz des Bischofs von Bergamo über. 33
    Arnulf aber kam nur bis zur Lombardei.
    Zwar hatte er in Mailand bereits eine Urkunde nach »dem ersten Jahr der deutschen Herrschaft in Italien« datiert. Doch mehrere Magnaten des Landes, deren Gier nach großen Lehen der König unbefriedigt ließ, stellten sich, trotz eines ihm gerade geleisteten Treueids, gegen ihn. Vor allem aber war sein Heer durch den Anmarsch im strengen Winter, durch Lebensmittelmangel und Krankheiten geschwächt, und so kehrte er im März 894 in Piacenza um. Südlich des Pos herrschte Kaiser Wido, »der Tyrann des italischen Reiches« (Annales Fuldenses), der freilich, gerade im Begriff wieder gegen Bergamo zu ziehen, noch im Herbst desselben Jahres am Fluß Taro bei Parma jäh einem Blutsturz erlag, worauf ihm sein Sohn Lambert, seit 891 schon Mitkönig, in der Herrschaft folgte.
    Papst Formosus hatte Lambert an Ostern 892 in Ravenna zum Mitkaiser gesalbt und viel später noch beteuert, daß er sich von seinem »teuersten Sohn«, für den er väterliche Gefühle hege, durch nichts trennen lasse. Tatsächlich wollte er sich um fast jeden Preis aus dem Griff der Widonen befreien. So schickte er auch alsbald, was die spoletinische Partei bis zur Weißglut entfachte, König Arnulf eine Gesandtschaft, die diesen erneut mündlich sowie durch mitgebrachte Schreiben bedrängte, dem Heiligen Vater Hilfe zu leisten, hatte doch schon sein Vorgänger Stephan nichts sehnlicher als die Entmachtung der Spoletiner gewünscht. 34

Arnulf belagert Rom, köpft dort und wird erster fränkisch-deutscher Gegenkaiser

    Nach Beratung mit den Bischöfen entschloß sich Arnulf zu einem neuen Romzug.
    Im Dezember 895 unterwarf er die Lombardei. Dann traf er, nach einem äußerst mühevollen, unter gewaltigen Stürmen, Regengüssen und schlimmem Pferdesterben erfolgten Marsch – nun zunächst mit Ochsen, »nach Art der Pferde gesattelt« – durch Tuszien, im Februar 896 vor Rom ein. Dort aber hatten die Spoletiner, hatte Widos couragierte Witwe, die Kaiserin Ageltrude (Tochter des Herzogs Adelchis von Benevent, der einst Ludwig II. in einem Handstreich gefangengesetzt: S. 217), überraschend die Tore schließen und die Stadt in Verteidigungszustand bringen lassen.
    So kam es zur ersten Belagerung Roms durch einen fränkisch-deutschen König. Und wieder war der Herr dabei. Alle feierten, berichten die ostfränkischen Chronisten, die hl. Messe, beichteten ihre Sünden, fasteten, schwuren Arnulf »unter Tränen Treue« und erstürmten »auf Gottes Wink«, das heißt wohl »mit Beistimmung des obersten Priesters«, im ersten Anlauf und mit Hilfe, wie Arnulf glaubte, des hl. Pankratius (dem er dann zwei Kapellen, in Roding und Ranshofen, erbaute) die heilige Stadt, aus der Ageltrude in aller Stille verschwand. Ja, sie eroberten Rom »durch Gottes Vorsehung, ohne daß auf Seiten des Königs aus einem so großen Heer einer fiel«. Dafür rollten allerdings auf der anderen Seite noch beim Einzug die Köpfe. Jedenfalls meldet Bischof Liutprand, Arnulf ließ, »um die dem Papst geschehene Unbill zu rächen, eine Menge vornehmer Römer, die ihm entgegeneilten, enthaupten«.
    Gleichwohl: Kreuze, Fahnen, Jubelgesänge. In festlicher Prozession ging's nach St. Peter, und dort krönte Papst Formosus unter Verleugnung Lamberts, den er selbst zum Kaiser gekrönt, Arnulf, den »Bastard«, zum Kaiser, zum ersten fränkisch-deutschen Gegenkaiser.
    Arnulf blieb nur zwei Wochen in Rom. Dann brach er Anfang März zur Eroberung Spoletos auf – nach mancherlei Gunsterweisen und seinerseits versehen mit vielen Reliquien, den kostbarsten Schätzen des Papstes, der auch andere damit eingedeckt hatte. (Den einflußreichen Hatto von Mainz zum Beispiel mit dem angeblichen Haupt und einem Glied des hl. Georg, denen Hatto auf der Reichenau eine eigene Kirche errichtete. Besaß man doch dort auch eine vom Konstanzer Bischof öffentlich anerkannte Reliquie des Evangelisten Markus! Und dies, obwohl sie durch Bischof Ratold von Verona 830 unter dem Namen »Valens« ins Kloster gelangt war. Beiläufig noch: Georg, einer der christlichen

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