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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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betonen, die hier vielleicht nachträglich eine politische Legende in die Welt setzen ließ, sei es um der Sache eine höhere Weihe zu geben, sei es um eine Usurpation zu vertuschen. 11
    Schließlich haben auch die Merowinger ihre Kronen geraubt. Und die Karolinger. Und viele andere davor und danach. Denn gewöhnlich wird die Geschichte, die politische Geschichte, durch nichts mehr als durch brutales Nehmen geprägt, durch Gewalt: die Basis des Staates, die von allen, wohl oder übel, akzeptierte Integrationsinstanz; Gewalt: spätestens sobald die Interessen, sobald der Besitz, sobald das Potential und Prestige der Herrschenden impliziert sind – und sie sind es, offen oder verdeckt, immer; Gewalt: etwas zutiefst Barbarisches, Vernichtendes, auch wenn sie, je verheuchelter die Gesellschaft, desto mehr, mit Vorliebe im Gewand von Recht und Ordnung daherkommt, als »Rechtsstaat«. Denn jeder Staat beruht auf Macht, jede Macht auf Gewalt, und Gewalt, sagt Albert Einstein, zieht stets moralisch Minderwertige an. Noch heute gilt so die primitive Gleichung: Macht gleich Recht. Noch heute gibt, gerade im zwischenstaatlichen Bereich, die Macht den Maßstab dafür, wer im Recht ist. »Einem erfolgreichen Putsch oder einer Revolution folgt über kurz oder lang die Anerkennung der neuen Regierung durch andere Nationen. Wer einen Krieg gewinnt, bestimmt über den neuen Verlauf von Grenzlinien und den Inhalt neuer Verfassungen – er ist es, der die neuen Regeln festlegt« (Esther Goody). 12 Selbst wenn Heinrichs I. Wahl somit ganz »legal« verlief, die Voraussetzung dafür, das Wegnehmen, das Akkumulieren von Macht, von Gewalt durch ihn, seine Väter, Vorväter konnte nur durch fortgesetztes Rivalisieren, Übervorteilen, Unterdrücken, Blutvergießen erfolgen.
    Und genauso sollte es weitergehn.

9. Kapitel

Heinrich I., der erste deutsche König
    »Lesen und Schreiben konnte er nicht, womit er keine Ausnahme unter den frühmittelalterlichen Königen war. Auch für die Bildung seiner Söhne tat er diesbezüglich nicht viel.«
    Elfie-Marita Eibl 1

    »Erst im Winter 928/929 ... drang Heinrich in das Gebiet der Elbslawen ein und eroberte Brandenburg. Von dort wandte sich der König nach Süden, wo er das Gebiet der Daleminzier verwüstete ... Weitere Kriegszüge in den Jahren 932 und 934 erweiterten den deutschen Machtbereich.«
    Dietrich Claude 2

    »Erstaunlich sind Heinrichs Erfolge ... Der Erfolg ruht allein auf der Schärfe des Schwertes.« »Den erobernden Truppen folgte, noch vor dem Priester, der Sklavenhändler auf dem Fuß.«
    Johannes Fried 3

    »König Heinrich, der große Förderer des Friedens und eifrige Verfolger der Heiden, starb am 2. Juli, nachdem er viele Siege tapfer und männlich erfochten und die Grenzen seines Reiches überall erweitert hatte.«
    Adalberti continuatio Reginonis 4

So sorgt man für die Seinen
    Nach dem Tod seines Vaters, des Sachsenherzogs Otto des Erlauchten (912), war Heinrich von den Großen zum Herzog gewählt worden. Und mit seiner Königswahl ging die Herrschaft im ostfränkischen Staat von den Franken auf die Sachsen über. Gleichzeitig markiert der Regierungsbeginn – so jedenfalls im Rückblick auf eine schon im 12. Jahrhundert umstrittene Frage – den endgültigen Übergang vom ostfränkischen zum »deutschen« Reich, auch wenn einerseits dessen Wurzeln zweifellos weiter zurückführen, andererseits das ottonische Reich noch niemand im 10. Jahrhundert als »deutsches« Reich betrachtet hat.
    Das mächtige, zumal in Ostsachsen, zwischen Leine und Harz, reich begüterte Adelshaus der – mit den Karolingern mehrfach verschwägerten – Liudolfinger-Ottonen, dem Heinrich I. entstammte, dies illustre Geschlecht (benannt einerseits nach seinem ältesten, andererseits nach seinem berühmtesten Repräsentanten) zeigt einmal mehr, wie sehr sich Machtsucht und »Frömmigkeit« in der Geschichte verbinden und wie sehr sie gedeihen können. Der Ahnherr, der erste uns sicher bekannte Vorfahre, der im Harzvorland und im thüringischen Eichsfeld begüterte Sachsengraf Liudolf (gest. 866), der Großvater Heinrichs I., profitierte beträchtlich an der Sachsenschlachtung Karls I. durch Landzuweisungen. Er heiratete die Fränkin Oda, die Gott mit einem Alter von 107 Jahren segnete (gest. 913), pilgerte mit ihr 845/846 nach Rom und erwarb vom Heiligen Vater Sergius II., der Bischofsstühle und andere Kirchengüter gegen Höchstangebote vergab, die Reliquien verschiedener weiterer heiliger

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