Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Christentumspredigt im Norden wieder, auch durch englische Missionare; bezeichnenderweise aber erst, nachdem das Schwert erneut eine Bresche geschlagen. Selbst das katholische Handbuch der Kirchengeschichte räumt ein: »Heinrichs I. siegreicher Feldzug gegen König Gnupa von Südjütland hatte 934 den deutschen Predigern das Tor geöffnet.« Der unterworfene Gnupa, König der Wikinger um Haithabu, der bald darauf im Kampf gegen den jütischen Heidenkönig Gorm fiel, mußte nämlich jetzt »das Joch Christi tragen« (Thietmar) und eben, die Hauptsache, Tribute erbringen. Und schon im nächsten Jahr eilte der von Heinrichs Vorgänger Konrad noch kurz vor seinem Tod, entgegen der Kleruswahl, ernannte Erzbischof Unni von Hamburg mit Zustimmung des Königs nach Dänemark, konnte indes den lebenslang gegen die Deutschen kämpfenden Gorm nicht zum Christen machen. Er hatte aber wohl kleine Erfolge auf dänischen Inseln, bevor er nach Schweden weiterzog, wo er, bereits unmittelbar vor seiner Rückkehr nach Hamburg, im September 936 in Birka starb.
In Dänemark duldete der christenfeindliche Gorm der Alte (Gorm den Gamle) – mit dem erstmals eine datierbare dänische Königsreihe beginnt (die sogenannte Jellingdynastie, der alle folgenden Könige des Landes bis 1375 angehören) – nun vielleicht die christliche Predigt. Und unter seinem Sohn Harald Blauzahn (Blåtand) Gormsson (belegt 936 – ca. 987) beginnt die offizielle Christianisierung der Dänen etwa nach 960, als Harald sich selbst taufen ließ – »aller Wahrscheinlichkeit nach auf politischen Druck von deutscher Seite« (Skovgaard-Petersen). – An dieses Ereignis erinnern einige der meistbeachteten archäologischen Zeugnisse des dänischen Frühmittelalters in Jelling (an der Ostküste Jütlands, nahe Vejle), darunter der von Harald Blauzahn gesetzte »große« Runenstein. Außer einer Gedenkinschrift für seinen Vater Gorm und seine Mutter Thorwi enthält er die Selbstnennung als Harald, »der ganz Dänemark und Norwegen für sich gewann und die Dänen zu Christen machte.« 44
Weit erfolgreicher als Unni wirkte sein Nachfolger in Hamburg, Erzbischof Adaldag (937–988).
Der Abkömmling einer vornehmen Sachsenfamilie, zunächst in der Kapelle Heinrichs I., dann als Kanzler Ottos I. tätig, war mit dem Hofleben vertraut, behielt aber auch als Erzbischof einen starken Einfluß auf die ottonische Reichs- und Kirchenpolitik. Insbesondere förderte er wie kein anderer Ottos Pläne im Norden. Griff doch sein Bistum 947/948 über die deutschen Grenzen auf Dänemark über durch Gründung der drei ihm unterstellten, vom König vielfach begünstigten Diözesen in den Hafenstädten Haithabu (Schleswig), Ribe und Aarhus.
Zum erstenmal hatten damit die Hamburger Erzbischöfe Suffragane. In diesem Fall freilich, entschied einst Papst Formosus, sollte Bremen wieder in den Diözesanverband der Kölner Erzdiözese, zu der es vordem gehörte, zurückkehren. Ergo kam es zu Reklamationen durch Erzbischof Wicfrid von Köln; sofort erhob er Ansprüche auf Bremen. Das aber wollte Erzbischof Adaldag, durch Entsendung von Priestern, durch Kirchenbauten der weitaus eifrigste Frohebotschafter im Norden, nicht hinnehmen. Und da er kaum Skrupel kannte, etwa die Tochter des Grafen Heinrich von Stade (Bischof Thietmars Großvater), ein knapp zwölfjähriges Kind, zur Äbtissin machte, fabrizierte er, einst viele Jahre Verfasser und Schreiber königlicher Urkunden, auch eine Reihe falscher Diplome – und ward vom Herrn gesegnet. Ihm wurde nicht nur 968 noch das Bistum Oldenburg in Ostholstein unterstellt, womit das schon länger geplante Kirchenregiment im Abodritenland begann, sondern er konnte auch seine Stellung festigen, nicht zuletzt durch die endgültige Unabhängigkeit von der Kölner Konkurrenz. So hob der Fälscher, alles in allem, »das Ansehen des Erzbistums während seiner langen, tatkräftigen Regierung bedeutend« (Lexikon für Theologie und Kirche).
Die drei neuen Bischofssitze im Norden lagen zwar sämtlich auf dänischem Gebiet, doch nicht allzuweit vom Reich entfernt. Und natürlich sollten ihre Inhaber, Adaldags Suffragane Hored, Liafdag und Reginbrand, ihren Einfluß ausdehnen, vor allem auf die Inseln, auf Fünen, Seeland, Schonen (das lange noch zu Dänemark gehörte, erst 1658 an Schweden kam). Denn gerade zur Bekehrung der Inseldänen wurden die neuen Missionsbischöfe ausdrücklich verpflichtet. Es ging ja um Expansion, Besitzergreifung. Ergo mußten diese
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