Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Weise der Jagd« in den Ardennen widmete. Und bereits im nächsten Jahr, 821, machten wieder drei seiner Schlachthaufen »das ganze Gebiet« des Ljudevit zuschanden, indes Majestät nun »den Rest des Sommers und den halben Herbst auf der Jagd im abgelegenen Wasgenwald zubrachte« (Reichsannalen).
822 focht man fast in allen Himmelsrichtungen.
Im Südosten warf man aus Italien Militär nach Pannonien. Der Kroate mußte diesmal nach Serbien ausweichen, wo er Schutz und Gastfreundschaft eines Serbenführers genoß, den er heimtückisch ermordete, um sich seiner Burg und Stadt zu bemächtigen. Doch erst als man Ljudevit selbst 823 in der Burg Srb an der Una beseitigte, als er »von jemand durch List getötet wurde«, übrigens als Gast eines Onkels des Kroatenfürsten Borna, kam der ganze Raum zwischen Drau und Save wieder unter fränkische Oberhoheit. 34
Im Norden, wo die Sachsen auf Ludwigs Befehl in Delbende jenseits der Elbe eine Feste erbaut hatten, legte man eine Besatzung in den Ort und vertrieb »die bisherigen slavischen Bewohner aus der Gegend« (Annales regni Francorum). 35
Und auch im Südwesten, im Nordwesten: Raub und Mord.
Krieg gegen die Bulgaren
Zum Konflikt kam es auch mit den Bulgaren.
Ihr Khan Omurtag (815 – ca. 831), der als erster bulgarischer Herrscher direkt mit den Franken konferierte, hatte seit 824 immer wieder Gesandtschaften – auch mit Geschenken – an Ludwig geschickt und um Grenzklärungen sowie Herstellung eines friedlichen Verhältnisses ersucht. Immer wieder aber ließ Ludwig die Gesandten ungebührlich lange warten und den Khan hinhalten. Schließlich drang dieser nach dem Scheitern aller Versuche 827 zu Schiff von der Drau aus in Unterpannonien ein, verwüstete das Land und bestellte dort sogar bulgarische Beamte. Da Pannonien verloren ging, unternahm im folgenden Jahr der jüngere Ludwig eine Heerfahrt gegen die Bulgaren, offensichtlich aber erneut ohne Erfolg, obwohl die Mönche von Fulda sich rühmten, in der Fastenzeit (19. Februar bis 4. April) tausend Messen und ebensoviel Psalter für die Truppe gesungen zu haben. Schon im nächsten Jahr fuhren die Bulgaren wieder die Drau herauf und »verbrannten einige Dörfer der Unsern nahe am Flusse« (Annales Fuldenses). Der kaiserliche Hof bezeichnete »die Einfälle und Verheerungen der Ungläubigen« – auch die Sarazenen wüteten in der spanischen Mark – sowie andere Kalamitäten als »gerechte Strafen Gottes«. 42
Etwas mehr »Glück« hatte seinerzeit offenbar der Markgraf von Tuscien, Bonifacius, dem vom Kaiser der Schutz Korsikas anvertraut war. Bei der »Jagd« auf ungläubige Seeräuber stieß der eifrige Insel-Verteidiger gleich bis Afrika vor! Zwischen Utika und Karthago ging er an Land, griff ganze Massen von Eingeborenen an, »schlug sie fünfmal oder noch öfter in die Flucht und machte eine große Menge Afrikaner nieder«; verlor aber auch »eine beträchtliche Zahl seiner eigenen Leute«. Immerhin hinterließ er »durch diese Tat große Furcht« (Annales regni Francorum). 43
Besonders im letzten Jahrzehnt von Ludwigs Regiment gingen die auswärtigen Konflikte stark zurück. Das katholische Herrscherhaus hatte durch Palastrevolutionen nun genug mit sich selbst zu tun. Das war indes auch an anderen Höfen des christlichen Abendlandes schon länger, schon seit Beginn dieser Gesamtherrschaft so.
Zum Beispiel in Rom.
Römische Zustände: Warum man Mörderpapst Leo III. kanonisierte
Am Tiber hatte man beim Tod des alten Kaisers Karl alsbald Morgenluft gewittert. Kaum war dieser am 28. Januar 814 zweiundsiebzigjährig gestorben und ihm Ludwig in der Regierung gefolgt, da spürte der hohe Klerus jenseits der Alpen gleich, daß er gegenüber dem Sohn anders auftreten konnte. Man erstrebte nun wieder mehr Selbständigkeit, Macht, wollte »Handlungsfreiheit« zumal innerhalb des Kirchenstaates, und erhielt sie auch.
Als noch im gleichen Jahr die Ewige Stadt den arg verhaßten, der Unzucht und des Meineids angeklagten Papst Leo III. bekämpfte – diesen (kraft seiner wunderbar geheilten Augen und Zunge nach einer, laut den Quellen, nur versuchten, doch unterbliebenen Verstümmelung!) 1673 kanonisierten hundertfachen Schreibtischmörder (IV 446 ... ff.) –, ließ der die »Majestätsverbrecher« schnurstracks haufenweise baumeln. Es bestürzte sogar den frommen Ludwig, »daß von dem ersten Priester der Welt so strenge Strafen verhängt worden seien« (Anonymus). Hatte doch einst selbst sein Vater Karl die
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