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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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müsse man jeden in diesem Zusammenhang, den Berater wie den Vollstrecker, für Gottes schuldloses Werkzeug halten.« Womit sie sich selbst, wie immer durch die Zeiten, schönste Schuldlosigkeit attestierten, göttliche Schuldlosigkeit, sozusagen – sonst aber jeden in der Beichte »nach dem Maß seiner Schuld« richten wollten (Nithard). 10

Kaiser Lothar verbündet sich mit Heiden und raubt Kirchen aus – Ludwig der Deutsche köpft

    Die Geistlichkeit auf Lothars Seite sah dagegen in dem Blutvergießen überhaupt kein »Gottesgericht«. Man bemäntelte seine Niederlage durch allerlei unwahre Gerüchte: Karl sei in der Schlacht gefallen, Ludwig verwundet und flüchtig. Lothar jedenfalls, zwar besiegt, doch weder völlig geschlagen noch zum Aufgeben bereit, soll jetzt dänische Normannen, die gerade erst Rouen und die Seinegegend gebrandschatzt, zu Hilfe gerufen und »ihnen einen Teil der Christen unterstellt«, ja ihnen zugestanden haben, »die übrigen christlichen Völker zu berauben« (Nithard).
    Tatsächlich belehnte er den Wikingerkönig Harald Klak mit der Insel Walcheren und mit weiteren friesischen Gebieten, entzog sie anscheinend aber später den Dänen wieder – und verlieh sie ihnen erneut. Zudem nutzte er Klassendifferenzen, die Feudalisierung Sachsens (vgl. IV 455 f.), und entfesselte den Stellinga-Aufstand, eine Erhebung der dortigen Unter-und Mittelschicht, der Halbfreien und Freien des Stammes, der fränkischer Fremdherrschaft am längsten, härtesten widerstrebt hatte. Nach Hans K. Schulze, »mit einiger Phantasie« gesehen, »die erste revolutionäre Volksbewegung auf deutschem Boden«.
    Der Kaiser verhieß den Empörern wider die Aristokratie sogar die Rückkehr zum Heidentum. Sollten sie doch, folgten sie ihm, ihr Recht wiederbekommen, »wie sie es zur Zeit, als sie noch Götzendiener waren, hatten« (Nithard).
    Ludwig der Deutsche aber befürchtete nicht nur eine Ausrottung des christlichen Glaubens, sondern auch eine Kooperation von Normannen und sächsischen Rebellen. Also ließ er – der gegen Lothar vornehme sächsische Anhänger ebenso in den Kampf schickte wie dieser gegen ihn – »die übermütig aufgeblasenen Knechte« (Annales Xantenses) blutig zusammenschlagen, ließ er die Stellinga »mit Strenge dämpfen«, wie die Jahrbücher von Fulda formulieren, oder, wie eine andere Quelle so schön sagt, »auf eine für ihn ehrenvolle Weise, aber nicht ohne gerechtes Blutvergießen, in einem furchtbaren Blutbad« vernichten: ließ er 14 seiner Gegner am Galgen aufhängen und 140 Rädelsführer köpfen, »eine ungeheuere Menge verstümmeln und keinen am Leben, der sich noch irgendwie gegen ihn auflehnte«. 11
    Während Ludwig der Deutsche derart seinen Herrschaftsbereich ehrenvoll und gerecht nach Norden erweiterte, rüstete Lothar, sammelte in Diedenhofen ein stattliches Heer gegen Karl und rückte rasch auf Paris vor, so daß Karl nun Ludwig beschwor, ihm sobald wie möglich militärisch zu helfen. Da jetzt jedoch Lothar durch seinen Zweifrontenkrieg und diverse Umstände in die Klemme geriet, übermittelte er dem Stiefbruder, mit ihm zu paktieren, wenn »Karl das Bündnis, welches er mit seinem Bruder Ludwig eingegangen war und eidlich bekräftigt hatte, aufgebe, wohingegen er von dem Bündnis, welches er mit seinem Neffen Pippin abgeschlossen und gleichfalls eidlich bekräftigt hatte, sich lossagen wolle« (Nithard).
    Karl aber wollte nicht, und so vereinigte sich Lothar in Sens mit Pippin von Aquitanien, den er doch gerade erst noch dessen Todfeind hatte opfern wollen. Und zog weiter nach Le Mans, »überall«, nach den westfränkischen Jahrbüchern von St. Bertin, »mit Plünderung, Feuer, Schändung, Kirchenraub und Eideszwang wütend, so daß er selbst die heiligen Räume nicht verschonte; denn er nahm unbedenklich alles mit, was er von Schätzen finden konnte, mochten sie auch, um sie zu retten, in den Kirchen oder in ihren Schatzkammern niedergelegt sein, indem er selbst die Priester und Geistlichen der anderen Rangstufen zu eidlichen Aussagen nötigte; auch die dem Dienste Gottes ergebenen heiligen Nonnen zwang er ihm Eide zu leisten«.
    Dagegen begab sich Karl von Paris nach Châlons, »um hier das Fest der Geburt des Herrn zu begehen«. So fromm war man auf dieser Seite. 12
Die Straßburger Eide (842) sowie Gottes und der Pfaffen Wille

    Da und dort bröckelte Lothars Anhang ab. Er wurde gewaltsam unterworfen, gab auf oder floh, wie Erzbischof Otgar von Mainz, der mit seiner

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