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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Märtyrerknochen gesegneten) Abt Gozbald von Niederaltaich zum Bischof von Würzburg; zu Gozbalds Nachfolger den Bayern Arn, der insgesamt vier Fürsten dient und (mit Reliquien auf der Heroenbrust) mindestens in vier Feldzügen als Heerführer kämpft (bis er 892 – alles für Christus – gegen die Slawen fällt). 845 ernennt Ludwig den vertriebenen Ebo von Reims (S. 91) zum Oberhirten von Hildesheim, 847 den gelehrten Fuldaer Abt Hrabanus Maurus zum Erzbischof von Mainz.
    Die Prälaten dominierten auch in seinem »consilium«: etwa Abt Ratleik von Seligenstadt, der Abt von Herrieden, Liutbert, auf Betreiben des Königs seit 863 Erzbischof in Mainz, der Konstanzer Bischof Salomo I., der Hildesheimer Bischof Altfrid, der als Regentenberater sich weit mehr mit Politik als mit seiner Diözese befaßte, in manchen Quellen aber als Heiliger figuriert und an seinem Grab beziehungsweise in der Hildesheimer Chronik viele wunderbare Heilungen vollbringt.
    Den König umgaben also ständig hohe Kleriker. Und ganz beiseite, daß die Karolinger ausschließlich Geistliche als Notare beschäftigten, daß sie überhaupt, im Unterschied zur Merowingerära, die gesamte schriftliche Verwaltung am Hof in Priesterhände legten: auch Ludwigs Kanzleivorstände (Kanzler) oder Erzkapellane – die Zusammenfügung beider Ämter erfolgte unter ihm – also Leute, die in seinem Rat die Spitzenstellungen einnahmen, waren selbstverständlich Prälaten: Abt Gozbald von Niederaltaich, Abt Grimald von Weißenburg und Sankt Gallen, ein Verwandter der Trierer Erzbischöfe Hetti und Thietgaud, Ludwigs wichtigster Konsulent. Endlich als neuer Leiter der Kanzlei wie Kapelle Erzkapellan und Erzbischof Liutbert von Mainz, der noch unter zwei Söhnen Ludwigs das Amt verwaltet, das die Mainzer Erzbischöfe seit dem 10. Jahrhundert, seit Kaiser Ottos I. Sohn Wilhelm (ab 965), dauernd behalten.
    Die Hofkapelle aber, jahrhundertelang ein Herrschaftsinstrument europäischer Fürsten, in der Karolingerzeit »ein typisches Produkt des Gottesgnadentums« (Fleckenstein), bildet nicht nur damals in Ostfranken »die dichteste Kontaktstelle zwischen karolingischer Politik und bayerischem Episkopat« (Glaser). Auch unter Ludwigs Söhnen blieb so der entscheidende Einfluß der Kirche auf die Politik gewahrt. Die Bischöfe agierten weiter in der Kanzlei und beteiligten sich an der Regierung. 18
    Ludwig der Deutsche war auch persönlich fromm. Er las geistliche Schriften. Bei öffentlichen Bittgängen folgte er barfuß dem Kreuz. In seiner Pfalz Frankfurt ließ er 852 eine Kapelle bauen, an der zwölf Geistliche dienten. Er gründete das Frauenkloster St. Felix und Regula in Zürich. Und alle seine Töchter wurden Nonnen: Irmingard Äbtissin des schwäbischen Klosters Buchau, Hildegard Äbtissin des Frauenklosters Schwarzach bei Würzburg, Bertha Äbtissin von St. Felix und Regula in Zürich.
    Im Oktober 847 tagten im Mainzer Albankloster Bischöfe, Äbte und andere Geistliche Ostfrankens. Zum Wohl des Königs, seiner Familie sowie für die Sicherheit des Reichs ließ die Synode in allen Diözesen, so teilte sie dem Herrscher mit, 3500 Messen und 1700 Psalter lesen – und bat ihn dann, nach dem Brauch seiner Ahnen die Diener der Kirche und ihren Besitz zu schützen und nicht jenen sein Ohr zu leihen, die ihm raten, sich weniger um das Kirchengut als um sein Eigengut zu kümmern.
    Nicht beiläufig: zwei Kanones befaßten sich damals mit den Armen, drei mit dem Glauben und sechs mit dem Kirchengut und den Zehnten.
    Und dieselbe Mainzer Synode war es, die gegen eine Frau Thiota aus der Konstanzer Gegend – eine derart suspekte Predigerin (pseudoprophetissa), daß ihr selbst, so die Fuldaer Annalen, »Männer des heiligen Standes ... wie einer vom Himmel bestimmten Meisterin« folgten – die öffentliche Auspeitschung verhängte, worauf sie in geistige Umnachtung verfallen sein soll.
    Und dieselbe Mainzer Synode hat auch – nach einer Reihe von Handschriften – gegenüber der Mainzer Synode von 813 die jurisdiktionellen Befugnisse des Episkopats kaltblütig erweitert. Hießen nämlich 813 die Bischöfe noch die Helfer der Grafen und Richter bei der Rechtswahrung, so machte die Mainzer Synode von 847 daraus, daß »die Grafen und Richter ihren Bischöfen bei der Rechtswahrung beistehen sollten, wie es das göttliche Recht verordnet hat ...«! 19
    Die Klerisei beteiligte sich somit intensiv an der Politik Ludwigs des Deutschen. Es bestand vollendete Einheit von Thron und

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