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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Königs erfolgte auf dem Reichstag in Worms am 24. Januar 1076 und auf der gleichzeitig dort tagenden Reichssynode. Neben vierundzwanzig deutschen Erzbischöfen und Bischöfen, der Mehrheit des deutschen, großenteils romfeindlichen Episkopats, und vielen Äbten war auch Gregors fanatischer Gegner, Kardinal Hugo Candidus, erschienen, der die Versammelten mit allen möglichen und unmöglichen, glaubhaften und unglaubhaften Geschichten über den Papst (und nicht zuletzt Mathilde) anheizte.
    Die Prälaten, unter denen zunächst nur Adalbero von Würzburg und Hermann von Metz widerstrebten, erkannten schließlich samt und sonders unter der Regie des Erzbischofs Siegfried von Mainz ihren »Bruder Hildebrand« als Papst nicht mehr an und kündigten ihm den Gehorsam auf, was alle nicht nur mit eigenhändiger Unterschrift, sondern noch jeder einzelne mit einer zusätzlich urkundlich bezeugten Zustimmung beglaubigen mußte.
    In einem längeren Brief häuften die Oberhirten Vorwürfe über Vorwürfe auf den Papst. Gegen Recht und Gesetz sei er angetreten, habe sein Amt mit einem Verstoß gegen das Wahldekret von 1059 und mit zwei schweren Meineiden begonnen, vor allem dem, niemals selbst die päpstliche Würde zu gewinnen, und habe die Folgen der Zwietracht »in rasender Torheit« durch die Länder verbreitet. Denn dem »Verbrechen am Beginn« seines Pontifikats sei »ein weit üblerer Fortgang« in Erlassen und Taten gefolgt. Die Synodalen kreiden ihm »profane Neuerungen« an, »hochmütige Grausamkeit und grausamen Hochmut«, »rasenden Wahnsinn«. Er habe die Bischöfe »Hurensöhne« genannt und ihnen, soweit es ihm möglich war, »alle Gewalt genommen«, dafür »dem rasenden Pöbel die gesamte Verwaltung der Kirche preisgegeben«.
    »Endlich hast du die ganze Kirche mit dem Gestank eines sehr üblen Skandals erfüllt, weil du mit einer Frau zusammenwohnst und vertraulicher mit ihr umgehst, als es nötig wäre. Hierdurch leidet unser Schamgefühl mehr als unsere Sache, aber das ist die allgemeine Klage, die man überall hört: Jedes Urteil, jeder Erlaß am apostolischen Stuhl werde von Weibern verfaßt, und schließlich regiere dieser neue Weibersenat die ganze Kirche.«
    »Unter den nichtigsten Vorwänden und albernsten Andichtungen«, schreibt vor einem Jahrhundert der katholische Kirchenhistoriker Janner, »setzte diese Aftersynode (!) Gregor VII. ab.« Doch von der die Gräfin Mathilde – vielleicht zu Unrecht – betreffenden Beschuldigung abgesehen, waren die Vorwürfe der Bischöfe so wenig nichtig und albern wie die Heinrichs selber. Gregor war im Tumult erhoben, das Papstwahldekret von 1059 ebenso mißachtet worden wie das darin garantierte Recht des deutschen Königs. Am selben Tag wie die Prälaten sandte er dem Papst ein Absetzungsdekret, nannte ihn den verderblichsten Feind seines Lebens und seiner Herrschaft, pflichtete dem Spruch der Bischöfe bei, die Hildebrand Unterwerfung und Gehorsam kündigten, ihn nicht mehr für den Papst hielten, und sprach Gregor »jedes Recht, das du bisher am Papsttum zu haben schienst, ab«. Und ebenfalls noch am selben Tag appellierte Heinrich an die Römer: »Erhebt euch also gegen ihn, Getreueste, und der erste in der Treue sei der erste, der ihn verdammt. Wir sagen aber nicht, daß ihr sein Blut vergießen sollt, da ja das Leben nach der Absetzung für ihn eine größere Strafe ist als der Tod.«
    Weniger der damals 25jährige König war bei der Aktion gegen den Papst die treibende Kraft als der deutsche Episkopat, dem dann der lombardische auf einer Synode in Piacenza folgte, indem er sich ebenfalls einmütig von Gregor lossagte. Und der König, der Gregor vorwarf, ihm nach Herrschaft und Leben zu trachten, forderte ihn auf, seinen Stuhl zu räumen. 43
    Als Gesandte Heinrichs, die Bischöfe Huzmann von Speyer, Burchard von Basel und Graf Eberhard von Nellenburg, die Beschlüsse von Worms und Piacenza am 15. Februar vor der von über hundert Bischöfen, von zahlreichen Äbten und Laien einschließlich der Kaiserin Agnes besuchten Fastensynode im Lateran verlasen, wurden sie von den frommen Vätern nicht nur mißhandelt, sondern in der Kirche beinah gekillt. Der Papst, der die angeblich schon Halbtoten vor dem Schlimmsten bewahrt haben soll, exkommunizierte den Mainzer Metropoliten, den Vorsitzenden der Wormser Synode, samt den lombardischen Prälaten.
    Über Heinrich selbst sprach er den Bannfluch aus – ein bisher unerhörtes, riesiges Aufsehen erregendes Vorgehen gegen

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