Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
geschuldete Dienstleistung dem heiligen Petrus erbringt, so nehme er zur Kenntnis, daß er wie ein Frevler dem Zorn Gottes und der heiligen Apostel verfällt. Wer aber bei diesem Vergehen ertappt wird, soll das Erbe des heiligen Petrus nach Gesetz zurückgeben und als Strafe das Vierfache von seinen eigenen Gütern zahlen.« – Das Vierfache, ja noch fast bescheiden, bedenkt man, welche Zu- und Aufschläge und Vervielfachungen die Kirche sich bei solchen Rückgaben gelegentlich gestattet hat.
Der hl. Papst kann bis auf Details gehen, betrifft es Geld und Gut. So erinnert er einmal den Abt Wilhelm vom Kloster Hirsau unmittelbar nach Erteilung seines apostolischen Segens daran, daß für das Schaffhausener Kloster Allerheiligen des heiligen Erlösers »jährlich 12 Goldstücke, von denen 20 eine Unze ausmachen, zu zahlen sind«. Und auch wenn er (1074) den allmächtigen Gott anfleht, Heinrich IV. die irdischen Güter zu erhalten und weitere zu gewähren, so nicht ohne den Zusatz »zum Gedeih seiner Kirche ...«.
Jetzt aber unterwarf er den, der sich nicht unterwerfen wollte, »den oft genannten Heinrich, den sie König heißen, und alle seine Begünstiger der Exkommunikation und binde sie mit den Fesseln des Anathems. Und abermals verbiete ich ihm das Königtum der Deutschen und Italiens im Namen des allmächtigen Gottes und Eurem und nehme ihm jede königliche Gewalt und Würde und verbiete, daß irgendein Christ ihm als König gehorcht; und alle, die ihm wegen der Herrschaft über das Reich geschworen haben oder noch schwören werden, löse ich vom Versprechen des Eides. Dieser Heinrich mitsamt seinen Begünstigern möge in keinem Kriegstreffen Kräfte und in seinem Leben keinen Sieg gewinnen. Dagegen gewähre und gestatte ich, daß Rudolf, den sich die Deutschen zum König in Treue gegenüber Euch erkoren, das Deutsche Reich regiere und verteidige ...« 60
Doch nicht genug. Das Schönste kommt jetzt, das Blamabelste, denn es zeigt, wie überspannt der Größenwahnsinnige war, welcher prophetischen Kräfte er sich sicher schien. Verkündete er doch vor allem Volk an Ostern in St. Peter nach Wiederholung seiner Bannsentenz, Heinrich werde bis zum 1. August, zum Feste Petri Kettenfeier, seinen Untergang finden, werde tot oder niedergeschmettert sein. Wobei er so weit ging zu erklären, man solle ihm nicht mehr glauben, solle ihn als Papst verjagen, falls sich seine Prophezeiung nicht erfülle.
Der Abfall von Gregor hatte inzwischen bereits begonnen. Denn die Wiederholung des Bannes erhöhte nicht dessen Wirkung. Man erkannte immer mehr, wofür der Römer kämpfte. Und an seine Weltherrschaft wollten die wenigsten glauben. Wohl aber war man weithin überzeugt, daß seine Exkommunikation Heinrichs und seine Anerkennung Rudolfs den Bürgerkrieg verlängerten, daß er »die Ursache alles Unheils und Blutvergießens« sei (Hauck). Auch die sächsische Front weichte auf. Und sogar die meisten deutschen und lombardischen Bischöfe wechselten jetzt zu Heinrich über. Auf einer Synode an Ostern in Bamberg sagte man dem Papst den Gehorsam auf und verdammte ihn in einer Festpredigt aufs härteste. Auch eine weitere Synode in Mainz an Pfingsten, 31. Mai, erkannte Gregor nicht mehr als Papst an. Und im Juni 1080 trafen sich, als Reaktion auf Heinrichs neuerlichen Ausschluß, dreißig Vertreter des deutschen und lombardischen Episkopats mit dem König in Brixen und setzten Gregor VII. ab. 61
Gregors Absetzung, unerfüllte Prophezeiungen und Kriegsträume
Die Brixener Synode vom Sommer 1080, die ein jahrzehntelanges Schisma der abendländischen Kirche eröffnete, schleuderte »wie aus einem Munde die entsetzliche Klage über den mörderischen Wahnwitz eines gewissen Hildebrand, des falschen Mönches, des sogenannten Papstes Gregor VII.« heraus, eines Mannes, der von Zauberei besessen sei, an Wahrsagung, an Träume glaube, schamlose Schauspiele liebe, der Eidbruch, Brand und Mord predige und sogar König Heinrich nach dem Leben trachte.
Kräftig geißelte die Synode Gregors offenkundige Geldgier. »Nachdem er sich auf solche Weise Unsummen verschafft hatte, versetzte er den Abt und bemächtigte sich der Abtei des heiligen Paulus. Dann bemächtigte er sich unter betrügerischer Verleitung eines gewissen Mancius und verleitete ihn dazu, ihm sein Amt zu verkaufen, das des Archidiakonats, und obwohl der Papst Nikolaus das nicht wollte, erregte er einen Volkstumult und erzwang seine Erhebung zur Würde des päpstlichen Ökonomen.
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