Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
ff.), aber gewiß nicht als Antisemit oder Soldatenfreund, sondern als »Ketzer«.
Schon 778 hatte Hadrian I., dieser extrem landgierige Mensch (IV 432 ff.), mit einem eigenen Heer den ersten päpstlichen Angriffskrieg geführt. 849 begleitete Papst Leo IV. seine Haudegen. 877 schlägt Johann VIII. die sarazenische Flotte bei Capo Circeo (V 265), 915 Johann X. die Sarazenen am Garigliano (V 484) und rühmt sich in einem Brief an den Kölner Erzbischof Hermann, zweimal persönlich gegen sie gekämpft zu haben. Benedikt VIII. besiegt sie 1016 bei Luni an der ligurischen Küste – während christliche Potentaten, auch Bischöfe, wie Athanasius von Neapel, nicht selten auf Seite der Araber stehen (V 267 f.). Und Leo IX. (1049–1054), ein deutscher Graf von Egisheim, führt als erster Heiliger Vater selbst Krieg im Namen der Kirche (S. 197 ff.). 34
Prälaten- und Kirchenburgen entstehen
Der Burgenbau ist älter, als man lange annahm. Er reicht im fränkischen Imperium bis ins 8. Jahrhundert zurück, beginnt in Europa allgemein am Ende des 9. Jahrhunderts und dient besonders zur Sicherung geraubter Gebiete, zum Ausgangspunkt für weitere Raubzüge, für Fehden sowie zum Schutz von Nachschubwegen.
Die Burg (lat. burgus/burgum, got. baurgs, ahd. burg, frz. bourg, altslaw. grad), auch arx, castellum, castrum genannt, gehörte schließlich zum adligen Lebensstil und damit auch zur Kirche. Denn der hohe Klerus entstammte durchaus dem Adel und lebte wie der Adel. Die Wendung »castrum cum ecclesia« auf Herrscherdiplomen drückt das nahe Verhältnis zwischen Burg und Kirche aus. Wie ja im Slawischen bezeichnenderweise das »castellum« als Kirche des 5. Jahrhunderts zu »costel« wurde. 39
Schon im 6. Jahrhundert erwähnt Bischof Venantius Fortunatus die Verdienste seines Kollegen Vilicus um die Festungsbauten von Metz. Ebenso rühmt er den Bischof Nicetius als Errichter einer Mosel-Burg. Im 7. Jahrhundert umgeben die Bischöfe Desiderius von Cahors und Leodegar von Autun ihre Stadt mit wehrhaften Mauern. Papst Gregor IV. (827–844) befestigt im Krieg gegen die vordringenden Araber Ostia durch ein mächtiges Kastell, das er bescheiden nach sich Gregoriopolis nennt. Sein Nachfolger, der hl. Leo IV. (847–855), baut Roms Verteidigungsanlagen aus und wird so Schöpfer der »Urbs Leonina« (V 176).
In Bayern sind alle fünf Bischofssitze im 8./9. Jahrhundert fortifiziert. Es waren schließlich richtige »Bischofsburgen«, deren Verteidigung den Bischofsvasallen oblag. Schon in der ausgehenden Karolingerzeit besitzen Prälaten mitunter eine Stadt oder das Befestigungsrecht. Um die Jahrtausendwende ist in Deutschland die bischöfliche Stadt-Herrschaft anstelle der gräflichen die Regel. 40
Auch manche Äbte erhielten bereits im späteren 8. Jahrhundert die Befestigungshoheit über ihre Abtei. Seit Karl dem Kahlen häufen sich die Nachrichten über militärische Sicherungen von Klöstern, die freilich durchweg Laienäbten unterstehen.
Die Abtei Pfäfers in Rätien, etwa 735/740 gegründet, wurde auf schwer zugänglichem Fels geradezu unangreifbar über dem Rheintal errichtet, nicht zuletzt aus politisch strategischen Gründen. Seit 806 karolingisches Reichskloster, hatte Pfäfers beachtliche Bedeutung für die großen Paßstraßen und konnte außerdem durch seine Liegenschaften im Rheintal den Weg vom Bodensee nach Chur und zu den Alpen kontrollieren. Die Abtei Peterlingen (Payerne), gegründet schon zur Zeit des Bischofs Marius von Avenches und 961/962 wiederhergestellt, mußte u.a. einen sicheren Zugang zum Großen St. Bernhard gewähren. »Die Klostergüter sind aufgereiht wie Straßenstationen an der Route nach dem wichtigen Alpenpaß« (Büttner). 41
Auch in Italien hatten bereits die von den langobardischen und fränkischen Königen geförderten oder von ihnen selbst vorgenommenen Klostergründungen neben ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung meist auch eine strategische.
Zu wehrhaften Klöstern bzw. regulären Klosterburgen zählen im 9. Jahrhundert St. Philibert, St. Quentin, die großen Reichsabteien Corbie, St. Vaast in Arras, St. Bertin, St. Médard in Soissons; im 10. Jahrhundert St. Martin in Tours, St. Hilaire zu Poitiers, St. Martialis von Limoges. Nicht zufällig wurden Burgen häufig in Klöster verwandelt oder Klöster in Burgen verlegt. Manche Klöster besaßen auch Burgen, wie etwa die Abtei St. Maximin.
Bischof Dietrich von Metz (965–984) erbaute, zusammen mit einem Kloster, das Fort
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