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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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»viel Gutes« nach »zu ihrer Zeit« (wann sonst?). »Sie haben im christlichen Volk den Sinn geweckt für Ausbreitung des Glaubens und organisierte karitative Tätigkeit«. Tatsächlich aber sind diese geistlichen Ritter, und gerade die bekanntesten, wie Johanniter und Templer, gewöhnlich die scheußlichsten Schlächter, die im lateinischen Orient über die Hälfte aller christlichen Krieger stellten, sozusagen deren Eliteeinheit und Stoßtruppe. Nie durften sie die Feinde zählen, nie zurückweichen, unablässig sollten sie die »Ungläubigen« aufs Haupt schlagen, der totale Krieg für Christus war ihr Dogma, wozu auch ein ausgedehntes Spionagesystem gehörte.
    Kurz, diese Orden bildeten »eine Art stehendes Heer der Kreuzfahrerstaaten und der iberischen Reiche ... mit gewaltigen Burgen als Stützpunkten und erlitten im Kampf oft existenzbedrohende Verluste fast ihres ganzen Aufgebots« (Hiestand), was der Sache wesentlich näher kommt als das blamable Apologetengesums, ja auch gar nicht ausschließt, daß die Ritterorden von ihrem ursprünglichen Konzept her vielleicht eine Art pietistisch-puritanische Reaktion sind auf die allzu weltlichen Pilgerbanden; ähnlich wie die christlichen Mönchsgemeinschaften der Spätantike Reaktionen waren auf die Verweltlichung des Christentums.
    Die Ritterorden haben gewöhnlich die Grundregeln der Armut, Keuschheit, des Gehorsams, die eigentlichen Mönchsgelübde, doch auch des dauernden Kampfes gegen die Feinde des Kreuzes, die »Ungläubigen«. Und so peinlich sie auch verklärt wurden und werden, in ihnen bündeln sich förmlich Arroganz, Neid, Intrigen und Verrat, herrschen fortgesetzt häßlichste Händel, kulminiert ein geradezu grenzenloser Gruppenegoismus; keiner von ihnen entspricht auch nur entfernt dem meist gezeichneten Bild. In Wirklichkeit fechten sie samt und sonders weit mehr für ihre eigenen (finanziellen) Interessen, ihre rasch wachsenden Besitzungen, umfangreichen Privilegierungen als für die Kirche, weshalb sie auch bereits im 12. Jahrhundert vom Episkopat beargwöhnt, kritisiert, ja bekämpft worden sind (S. 465). Immerhin gelangten zwei der Orden sogar zu eigener Staatlichkeit, der Deutsche Orden im Baltikum seit dem 13. Jahrhundert, die Johanniter auf Rhodos seit dem 14. Jahrhundert und auf Malta seit dem 16. Jahrhundert. 16
    Ritterorden waren Klassengesellschaften, streng nach sozialen Schichten gestuft: in adlige Ritter (milites), Kleriker (capellani) und dienende Brüder (servientes) aus dem »Volk«; dazu zahlreiche weitere Hilfskräfte aller Art, von versklavten Bauern bis zu Söldnern. Die Orden, zum Teil auch mit weiblichen Zweigen, unterstanden bald als dessen besondere, mit Vorrechten und Immunitäten überschüttete Lieblinge der Obergerichtsbarkeit des Heiligen Stuhles. Er suchte ausschließlich darüber zu verfügen, mit ihrer Hilfe seinen Einfluß zu mehren und die Ostkirchen zu gängeln.
    Die ältesten, stolzesten, dreistesten, die »klassischen« Ritterorden waren die Johanniter (seit 1310 Hospitaliter, seit 1530 Malteser) und die nach einem spektakulären politischen Prozeß 1312 auf dem Konzil von Vienne aufgehobenen Templer, deren gewaltige Güter die Johanniter bekamen.
    Die Anfänge des Johanniterordens (Ordo militiae Sancti Joannis Baptistae hospitalis Hierosolymitani) gehen auf ein karitativ geprägtes Hospital zuerst in Antiochia, dann in Jerusalem zurück, das am syrischen Handel besonders beteiligte Kaufleute aus Amalfi Mitte des 11. Jahrhunderts materiell fundiert hatten, im 12. Jahrhundert 2000 Kranke aufnehmen konnte und schon früh in führenden europäischen Wallfahrtsorten abhängige Filialen besaß. Der Orden bekam große Privilegien, reiche Landschenkungen von Europa bis in den Orient und sehr bald auch einen immer mehr dominierenden militärischen Zweig – im wesentlichen spiegelt diese Ordensgeschichte mutatis mutandis die Genesis des Christentums überhaupt.
    Der erste Vorsteher der Johanniter (schwarzes Gewand mit weißem Kreuz), der Provenzale Gérard de Martigues der Reine, soll noch bei seinem Tod »im Stande der Unschuld« gewesen sein. Anfangs erfüllten die Mitglieder offenbar die »Caritas«, widmeten sie sich den Pilgern, übten Nächstenliebe. Dann aber trat dazu, so das Handbuch der Kirchengeschichte, »die Pflicht des bewaffneten Grenzschutzes«, griff man doch lieber zum Schwert, nahm der Glaubenskampf überhand, wurde aus einem geistlichen Orden, wohl unter dem Einfluß der Templer, ein militärischer,

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