Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
leiblichen Tod« (Claude). Und Bischof Thietmar wünscht pastoralbeflissen noch einen barmherzigen Gott.
So kommt die Welt wieder in Ordnung, das Schlachten geht weiter. Man verheert das Land, verbrennt Burgen, vergießt Tränen. Man hängt jede Menge »Straßenräuber« (multi latrones), »nachdem sie im Zweikampf von Fechtern überführt (!) worden waren« (Thietmar). Der Kaiser feiert fromm die Feste der Christenheit, das Geburtsfest des Herrn, die Erscheinung des Herrn, die Reinigung der hl. Gottesmutter. Kurz, man betet, tötet, schafft die Beute fort – und 1146 verkündet Papst Eugen III. bei Heinrichs Kanonisation, er habe »nicht kaiserlich, sondern geistlich gelebt«. 73
Anno 1016 kam es zu einem bemerkenswerten Todesfall. Wurde doch am 6. Oktober »ein für das Land äußerst wertvoller Mann« ermordet, der Billungergraf Wichmann III., und zwar, berichtet Thietmar, »auf Veranlassung einer zweiten Herodias«. Diese Dame aber war niemand anderes als die Mutter des Paderborner Bischofs Meinwerk, der auch seinerseits, gleich ihr, eine virtuose, skrupellos um sich greifende Güterpolitik trieb, wobei er alle Bevölkerungsschichten, soweit sie eigenen Grund und Boden besaßen, schröpfte – und allgemein als bedeutendster Paderborner Bischof des Mittelalters gilt.
Edeldame Adela von Hamaland (gest. 1028), über ihre Mutter karolingischer Abkunft, ließ angeblich auch ihren älteren Sohn, Graf Dietrich von Hamaland, 1014 meucheln, was man heute allerdings bezweifelt. Gerüchte wollen weiter, daß auch ihre ältere Schwester, die Äbtissin Liutgard, mit der sie ein heftiger Erbstreit entzweite, auf ihr Anstiften hin vergiftet worden sei. Jedenfalls usurpierte Adela das väterliche Erbe. Und jedenfalls sorgte sie für die Tötung des Grafen Wichmann und zog einen Teil auch von dessen Erbe an sich. Unter Mißbrauch des Gastrechtes wurde der Billunger, seit langem in Fehden mit Adelas zweitem Gatten, Balderich Graf von Drenthe, verstrickt, erst in dessen Haus vergiftet, dann hinterrücks erschlagen. Sicher ist sicher – man denke an den ersten Papstmord (V 271), der hier ganz offensichtlich Schule machte.
Bischof Dietrich von Münster, mit dem Beseitigten befreundet, rief zur Rache, heerte auch und brannte selbst im Land des geflüchteten Balderich, der den Schutz des Kölner Erzbischofs Heribert fand. Meinwerks mörderische Mutter aber wurde später vor dem Kölner Dom beigesetzt; doch soll man ihre Leiche vor einem drohenden Sturm ausgegraben und in den Rhein geworfen haben. Wie auch immer, zweifellos trug das einnehmende Wesen der Mutter beträchtlich zum Reichtum des bischöflichen Sohnes bei. 74
Inzwischen suchte der Kaiser eine Revision des letzten Friedens zu erreichen, holte sich indes fast nur Schlappen und Verluste. Und auch als er, wieder mit einem stattlichen Prälatenhaufen im Heer, zusammen auch mit Großfürst Jaroslaw von Kiew, 1017 einen kombinierten Einfall unternahm – es ist das erste gemeinsame Vorgehen von Deutschen und Russen gegen Polen –, scheiterte man völlig. Immerhin bekämpfte sich das christliche Europa bereits vom Dnjepr bis zum Tiber, um nicht noch südlicher zu gehen. Nur mit sehr geschwächten Kräften konnte Heinrich retirieren, während die Polen eine Menge Gefangener machten, ja über die Elbe drangen und deutsches Land bis zur Mulde ödlegten.
Bischof Thietmar resümiert: »Wer vermöchte die Mühsal dieses Zuges und die Verluste aller zu schildern? War schon der Zugang, ins Böhmerland kaum zu erzwingen, so war es noch viel schwieriger, wieder herauszukommen ... Und was die Feinde uns damals nicht hatten antun können, das traf uns später um unserer Missetaten willen. Klagen möchte ich auch über eine Schandtat, die Boleslaws Vasallen zwischen Elbe und Mulde verübten. Sie waren nämlich auf Befehl ihres Herrn eiligst ausgezogen, nahmen dort im Lande am 19. September mehr als 1000 Gefangene mit, brandschatzten weit und breit fürchterlich und kehrten glücklich wieder heim.« Auch sie glücklich somit ... 75
Als schon verheerende Krankheiten im kaiserlichen Lager zu wüten begannen, belagerte man die Burg Nimptsch (Niemcza) an der Lohe (südöstlich von Zoben), einen der ältesten Orte Schlesiens. Doch alle deutsch-heidnischen Sturmangriffe waren vergeblich. Schließlich hatten, kurios genug, die eingeschlossenen Polen einen hohen Kruzifixus genau an der Stelle des Walles postiert, wo die Liutizen angriffen. Nur einen Erfolg der kaiserlichen Seite verzeichnen
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