Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
zerriß, Aufstände anstiftete, Spaltungen erregte, der Kirche und dem Reich überall Mord und Brand, Raub und Frevel und Übel ohne Zahl zufügte. Diese zwei häretischen und dem christlichen Heil ganz und gar feindlichen Übel also führte Hildebrand zweifellos ein.«
Bischof Wido von Osnabrück 4
»Papst Hildebrand aber verwickelte sich in den Tod sehr vieler Christen, indem er fast im ganzen Römischen Reich überall den Kriegsbrand entzündete, damit König Heinrich das Reich nicht behaupte.« »Seitdem ist die Kirche geteilt, und geteilt sind auch die Bischofsämter der Kirche, und es entstanden alle möglichen Ärgernisse; seitdem breitete sich ein schwerer und lang andauernder Krieg aus ...«
Liber de unitate ecclesiae conservanda 5
Regierungsbeginn Heinrichs
Heinrich IV. kam am 11. November 1050 zur Welt, wahrscheinlich in Goslar. 1053, kaum dreijährig, wurde er, nach der Designation durch seinen Vater, zum König gewählt und im folgenden Jahr vom Kölner Erzbischof Hermann in Aachen geweiht und gekrönt. »Die Erziehung des Königs und die gesamte Regierung«, schreibt Lampert von Hersfeld, »lag in den Händen der Bischöfe, und unter ihnen hatten die Erzbischöfe von Mainz und Köln überragenden Einfluß.« Der Umgang des jungen Königs soll gewinnend, sein Wandel leichtfertig und ungezügelt, von wilden Begierden geprägt gewesen sein, wenn wir den Quellen vertrauen dürfen, die ihn auch »von schönem Körper und hoch an Gestalt« nennen.
Als Heinrich sechs Jahre alt war, starb sein Vater. Im Alter von elf Jahren traf ihn der Staatsstreich von Kaiserswerth (S. 217 ff.). Mit fünfzehn, bei seiner Schwertumgürtung, wurde er nach altem Recht mündig. Mit sechzehn begann er selbständig zu regieren und heiratete am 13. Juli 1066 Bertha von Turin, ihm schon 1055 in Zürich verlobt; mit neunzehn verlangte er von den Bischöfen die Scheidung. Dabei war Heinrich, im Gegensatz zu vielen Fürsten, ehrlich genug zu gestehen, »er könne ihr nichts vorwerfen, was eine Scheidung rechtfertige«, sei aber außerstande, »die eheliche Gemeinschaft mit ihr zu vollziehen« (Lampert). Erzbischof Siegfried von Mainz, durch verlockende Versprechungen bestochen, stimmte auch zu, doch Roms Legat Petrus Damiani stemmte sich auf einer Frankfurter Synode im Oktober 1069 dagegen.
Eine offenbar komplizierte Psyche sowie die Versehrungen seiner frühen Jugend erschwerten die ohnedies alles andere als leichte Regierung, während derer die unter seinem Vater und Vorgänger reformierte und erstarkte Kirche ihn, Heinrichs III. Sohn, auf Leben und Tod bekämpfte. Denn: »was den Deutschen bisher als das Erhabenste gegolten, daß ihr König zugleich König und Priester sei, wurde jetzt von Rom aus als das Verderblichste verworfen« (Hauck). 6
Der junge rex suchte zunächst die in der Regentschaftszeit der Mutter durch den Hochadel forcierten Übergriffe auf Krongüter und Hoheitsrechte, eine »förmliche Ausplünderung des Reiches« (Epperlein), energisch zu stoppen. Dabei war es zuerst Erzbischof Adalbert von Bremen, der zum besonderen Vertrauten des jungen Monarchen wurde und sich, so Lampert, »in der gemeinsamen Regierung fast die Alleinherrschaft anzueignen schien«. Auch er freilich hatte kolossale Gelder an Günstlinge vergeudet, hatte Bistümer, Abteien um ungeheure Summen verkauft und verübte zumal gegenüber Klöstern »Raubzüge mit völliger Hemmungslosigkeit«. Heinrich, 1066 von den Fürsten vor die Alternative gestellt, den Bremer als Ratgeber und Mitregenten fallenzulassen oder abzudanken, gab Adalbert preis.
Vermutlich auf dessen eigensüchtige Einflüsterungen hin aber festigte Heinrich von den ausgehenden sechziger Jahren an im sächsisch-thüringischen Raum, mit dem Harz als Zentrum, seine Königsmacht. Durch Rekuperationen, Wiedergewinnung usurpierter Kronländereien, durch den Ausbau oder Neubau von Pfalzen, Reichsabteien, Burgen schuf er ihm direkt unterstellte Herrschaftskomplexe, was vor allem mittels – vorwiegend aus Schwaben stammenden – Ministerialen geschah.
Es war dies eine seit Konrad II. hervorgetretene, durch Heinrich IV. jedoch besonders geförderte, sich allmählich mehr und mehr formierende Gesellschaftsgruppe fest zu ihm stehender Funktionsträger mit wichtigen Dienstbereichen innerhalb der Politik, Wirtschaft, des Militärs, der Gerichtsbarkeit; war ein qualifizierter, gleichwohl abhängiger Kreis von Leuten, der indes keine persönlichen Abgaben leistete, auch einen eigenen
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