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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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sichereren) Stelle, der Feldherrenposition aus, nicht ohne verdienten Erfolg zum Einsatz für die gute, die gottgewollte Sache aufpeitschte und später sogar den Seelen der gefallenen Gegner die Gemeinschaft der Kirche versagte, ja noch die Überlebenden aus ihr ausschloß. Der junge König, der hier einen erstklassigen Anschauungsunterricht zum Thema »Klerikale Demut« erhalten hatten, vor Ort, sozusagen, live, brachte sich mit knapper Not in Sicherheit. Doch sonst blieb allerlei auf der Strecke; auf Seiten des Klosters u.a. Graf Reginbodo, Fuldas Bannerträger, und wahrscheinlich auch Graf Wignand. Jedenfalls, schreibt Lampert von Hersfeld, »wurden viele verwundet, viele getötet«, wurden auf Gottes Altären »grausige Opfer abgeschlachtet«, durchflossen »allenthalben Ströme von Blut« die Kirche, schaffte man Verletzte und Tote fort, und erst die Nacht trennte die Kämpfer. Der angeblich Hauptschuldige aber, Widerad, soll nur durch Bestechungen, durch Verschleuderung von Fuldas Klosterbesitz, seine Abtswürde behalten haben.
    Und alles aus purer Demut (vgl. S. 134 f.).
    Bloß einige Jahre später, 1070, stritt in Hildesheim das Gefolge des Königs mit den Leuten von Ortsbischof Hezilo, nur diesmal weder an Weihnachten noch Pfingsten, sondern am hl. Osterfest, wobei »viele« (Lampert) der Bischöflichen getötet, andere Aufrührer auf Befehl des Königs in Ketten gelegt worden sind. (Bischof Hezilo war offenbar zunächst ein Gegner Heinrichs, ging aber nach dessen militärischen Erfolgen zu ihm über.) 8

Beginnender Bürgerkrieg in Deutschland

    Ein weit bedeutsamerer Zusammenstoß allerdings erfolgte noch im selben Jahr mit dem Herzog von Northeim, der, von Heinrich wiederholt verurteilt und begnadigt, von Mal zu Mal die Fronten wechselte.
    Otto gebot über ein beträchtliches Territorium, teils Eigenbesitz, teils erheiratet durch seine Verbindung mit Richenza, Tochter vermutlich Herzog Ottos von Schwaben (ihr Sohn Graf Heinrich der Fette wurde der Vater der Kaiserin Richenza: S. 419). Und obwohl von Kaiserin Agnes 1061 mit dem Herzogtum Bayern belehnt, beteiligte sich Otto schon ein Jahr darauf am Staatsstreich von Kaiserswerth. Doch 1064, 1066 und 1068 wurde er in Heinrichs Auftrag in Italien tätig und war auch Kriegsteilnehmer 1063 gegen Ungarn, 1069 gegen die Liutizen.
    1070 aber strengte der König gegen den Herzog ein Hochverratsverfahren an.
    Heinrich IV. hat seine tiefe Abneigung gegen Otto wegen dessen Beihilfe an seiner Entführung wohl nie verwunden. Und möglichenfalls spielte bei dem Prozeß auch Neid eine Rolle, territorialpolitisch bedingte Rivalität, zumal Otto von Northeim seine Stellung am West- und Südrand des Harzes ständig zu stabilisieren, seine Macht noch zu mehren suchte – in unmittelbarer Nachbarschaft des salischen Königshauses.
    Wie auch immer, ein gewisser Egino, eine sinistre, in besonders gewalttätigem Ruf stehende Figur, beschuldigte Otto 1070, zur Ermordung des Königs durch viele Bitten und Versprechungen wiederholt verleitet, somit Hochverrat begangen zu haben. Und da Otto sich dem Nachweis seiner Schuldlosigkeit (im Zweikampf) entzog, wurde am 2. August über den Sachsen in Sachsen von sächsischen Großen das Urteil gefällt, Otto für friedlos erklärt, ihm das Herzogtum Bayern genommen, sein Eigengut allerdings belassen.
    Doch tat der König alles, den Herzog zu vernichten. Er ließ in Sachsen, wo er überlegen war, Ottos Burg Hanstein an der Werra bis auf den Grund zerstören, ließ seine Besitzungen verheeren, plündern, niederbrennen, wobei man auch seine Dienstleute und Bauern abstach, angeblich sogar Kirchen nicht schonte, die er auf eigene Kosten errichtet hatte. Auch in Westfalen, wohin der König weiterzog, wurden viele weitläufige Ländereien, kostbar ausgestattete Güter der Gattin Ottos, Richenza, gebrandschatzt und dabei, wie zumindest der notorische Königsfeind Lampert behauptet, auch Frauen und Kinder schwer mißhandelt, völlig unbelastete, unschuldige Menschen – »von ihrem eigenen König, da sie nichts Härteres, nichts Grausameres von Barbaren hätten erleiden können«.
    Im Gegenzug überfiel Otto, laut Lampert, »mit 3000 auserlesenen und in allen Künsten der Kriegführung geübten Männern« die reichen königlichen Höfe in Thüringen und teilte deren Schätze an ihm zulaufende verelendete Bauern aus, noch mehr freilich an seine Krieger, um sie an sich zu binden. Bei Eschwege gewann er am 2. September ein anscheinend besonders

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