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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Rechtsstatus, ein eigenes Standesbewußtsein bekam und später oft in den (niederen) Adel, das Rittertum, in bürgerliche Führungsschichten vorrückte; im übrigen eine Eigentümlichkeit des deutschen Reichs und seines westlichen Grenzraums, eine Aufsteigergruppe, die in der Gesellschaft des Hochmittelalters eine prägende und nicht ganz unblutige Rolle spielte, wobei sich die Königsministerialität von den Ministerialen weltlicher und geistlicher Fürsten stark abhob.
    Die Magnaten fürchteten, durch die Ministerialen allmählich zurückgedrängt, um ihren Einfluß gebracht zu werden, sie schmähten sie »vilissimos homines«, »Gesindel«, »Dahergelaufene«, »Ohrenbläser«, »Habenichtse« und bildeten die Opposition. »Der König«, notierte ein loyal zu Heinrich stehender Mönch des Klosters Niederaltaich, »hatte die Mächtigen alle in Verachtung genommen, aber niedere Leute hob er empor und besorgte, was zu tun war, nach ihrem Rat, während er von den Großen nur selten einen zu seinen geheimen Plänen heranzog; und weil da vieles gegen die Ordnung geschah, entzogen sich die Bischöfe, Herzöge und andere Reichsfürsten den königlichen Geschäften ...«
    So kam es zu mehr oder weniger belangvollen Auseinandersetzungen des Königs mit dem Adel, und nicht zufällig natürlich besonders im Osten, wo Heinrich auch im Winter 1068/1069 die Wenden überfallen, ihre Heiligtümer ruiniert, ungezählte Dörfer verbrannt, die Heiden scharenweise umgebracht oder weggeschleppt hat – nichts als eine Fortsetzung der üblichen Raub- und Verwüstungskriege, wie sie seinerzeit vor allem Herzog Ordulf von Sachsen führte, hartnäckiger als erfolgreich, nicht anders sein Kampfgenosse Bischof Burchard II. von Halberstadt, der Anno-Neffe, der später selber bei einem Aufruhr fiel. 7

Demutsbekundungen des hohen Klerus

    Denn auch im Reich reißen die Spannungen, die Konflikte nicht ab, wobei es zu ebenso peinlichen wie blutigen Auftritten kommt.
    Zum Beispiel zwischen der Gefolgschaft des Abtes Widerad von Fulda und den Dienstmannen des Hildesheimer Bischofs Hezilo. Der prominente Kleriker, zu dessen Verwandten die Bischöfe Poppo von Paderborn und Kuno von Brescia gehörten, war unter Heinrich III. Mitglied der Hofkapelle und 1053 Kanzler für Italien gewesen, ehe er im nächsten Jahr zum Bischof von Hildesheim aufstieg. Als solcher saß er inmitten der salischen »Königslandschaft« und nutzte, wie andere führende Geistliche, Anno von Köln, Adalbert von Bremen, die Übergangsphase unter dem unmündigen Heinrich IV. unverschämt zu seinem Vorteil. Er vermochte seine Macht kaum genug zu erweitern, und wie sich sein Ehrgeiz oder seine Demut gelegentlich entfalten, welche Formen sie annehmen konnten, mag der Rangstreit an Pfingsten 1063 in der Kirche von Goslar zeigen, vor dem Altar und in Anwesenheit des jungen Königs.
    Schon an Weihnachten 1062 hatten die beiden Prälaten auf einer dortigen Provinzialsynode den Ehrenplatz neben dem Erzbischof Siegfried I. von Mainz beansprucht, war es beim Aufstellen der Sitze für den hl. Vespergottesdienst zu einem Handgemenge zwischen den Kämmerern des Bischofs und des Abtes gekommen, wobei man Fäuste und Kirchenbänke schwang. Der Abt scheint sich damals durchgesetzt und neben dem Erzbischof, seinem Vorgänger in Fulda, Platz genommen zu haben, während der abgeschlagene Hildesheimer rasch verschwand.
    Zum nächsten Pfingstfest in der Königspfalz zu Goslar freilich erschienen beide Herren, Bischof Hezilo und Abt Widerad, für alle Fälle mit genügend Kriegsvolk. Und die Bischofsmannen bezogen alsbald unter dem Grafen Ekbert von Braunschweig (S. 222) an geweihter Stätte, hinter dem Altar der Stiftskirche zum hl. Simon und Judas, Stellung, um auf die Dinge zu lauern, die dann auch kamen. Denn sobald das Gezänk und Gezerre der Kämmerer wegen der Sitze vor dem Altar abermals begann, stürzten die dahinter verborgenen Bischöflichen auf die überraschten Diener des Abtes, prügelten sie erst zu Boden und dann hinaus. Von dort jedoch kehrten diese rasch mit ihren herbeigeholten Haudegen zurück. Und während schon Stiftsherren und Geistliche ihre Stimmen fromm zum Abendgottesdienst im Chor erhoben, erhoben die beiden Haufen die Waffen, wobei die Schreie der Kämpfenden, Verwundeten und Sterbenden sich eigentümlich in den Psalmengesang mischten, das Blut durch den Dom rann, die Altäre bespritzte, indes Bischof Hezilo seine Hildesheimer von einer erhöhten (und wohl etwas

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