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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Gottes leisten könnten. Für diese höchst üble Sachlage wendete der Erzbischof von Mainz ein höchst übles Abwehrmittel an. Nach Beratung mit einigen Vertrauten des Königs trat er plötzlich vor die Öffentlichkeit und verhängte über die thüringischen Fürsten ohne die kanonische Vorladung vor eine Synode, ohne Verhör vor dieser und ohne Untersuchung nach den Kirchengesetzen durch übereilten Urteilsspruch den Kirchenbann mit der Begründung, sie hätten ihn im vorigen Jahre in Erfurt bei der zur Eintreibung der Zehnten abgehaltenen Synode in der Kirche mit gezückten Schwertern angegriffen. Und damit es ihm nicht etwa jemand zum Vorwurf machen könne, er habe wider die kanonischen Bestimmungen unglückliche, gegenwärtig in so unentwirrbare Schwierigkeiten verwickelte Menschen zu so ungünstiger Zeit angefallen ..., behauptete er, er habe vom Papst die Erlaubnis erhalten, sie ohne die gesetzliche Frist, ohne gerichtliche Untersuchung an einem ihm günstig erscheinenden Tage durch rechtsgültigen Bannfluch aus der Kirche auszustoßen. Es konnte aber keinem Vernünftigen verborgen bleiben, worauf dieses Vorgehen in erster Linie abzielte, nämlich darauf, daß die Mannen des Königs künftig bereitwilliger und zuversichtlicher gegen die Feinde kämpften, wenn sie glaubten, sich durch deren Tötung nach ihrer Exkommunizierung keiner Sünde schuldig zu machen noch den Strafen zu verfallen, die nach den Kirchengesetzen Totschläger treffen.« 15
    Dieser Text verdient deshalb besondere Beachtung, weil er, wie heute gewöhnlich angenommen, unglaubwürdig ist. Ist er's nicht, schlimm genug, was keines Kommentars bedarf. Ist er's aber, eher schlimmer, zeigt er doch, wie hemmungslos geistliche Geschichtsschreiber drauflosgelogen haben, wenn es ihnen nützlich schien.
    Nach der Schlacht stieß der Sieger nach Sachsen vor, alles weit und breit bis Halberstadt fürchterlich heimsuchend. Zumal die Habgierigen des Trosses sollen Reichtümer gehortet haben »bis zur Übersättigung«. Ja, eine sächsische Quelle spricht von Frauen, die ihr Kostbarstes in Gotteshäusern retten wollten, dann aber dort geschändet und verstümmelt und samt den Kirchen verbrannt worden sind. Der Magdeburger Erzbischof Werner vermutet gar, daß, wären Laien allein in Heinrichs Heer gewesen, sie nicht gegen Kirchen und Kirchengut gewütet hätten; daß dies gerade geschah, weil »sehr viele Priester« beteiligt waren, die demnach, wie begreiflich, weniger Ehrfurcht gegenüber Kirchen hatten, haben als Laien!
    Nach der Schlacht an der Unstrut mit angeblich Tausenden von Toten soll das ganze Gelände »im Umkreis von zwei oder drei Meilen mit dem Blute der Erschlagenen« getränkt und »mit Haufen von Leichen« gefüllt gewesen sein (Lampert).
    Ein schönes Erfolgserlebnis somit für den Sieger, das er, wie ihm Papst Gregor kundtat, »dem allmächtigen Gott und dem heiligen Petrus« verdankte, »vor allem ihnen«! Ergo sollte der König »aufgrund der gewährten Wohltaten« sich doch »ergebener« zeigen ... 16
    Zu Wohltaten verklärten sich dem Papst die Schlachtopfer, und so dachte der wirklich. So dachten viele Päpste. Und dieser ist nicht nur einer unter anderen, dieser ist einer ihrer größten.

Papst Gregor VII. – der »heilige Satan« tritt an

    Alexander II. war am 21. April 1073 gestorben. Und er hatte, so überliefert Bischof Bonizo von Sutri, ein (dann von seinen drangsalierten Diözesanen in Piacenza geblendeter und verstümmelter) Parteigänger Gregors VII., seinen Tod mit den Worten angekündigt: »Ich werde jetzt geopfert, und die Zeit meiner Auflösung ist nahe.« Ein anderer Bischof, Benzo von Alba (Ligurien), klassisch gebildet, poetisch begabt, doch Gregors erbitterter Gegner, behauptete geradezu, Alexander wurde von Hildebrand gewaltsam aus dem Leben geräumt: »diejenigen, welche der Archidiakon gepflanzt habe, also auch diesen letzten seiner päpstlichen Vorgänger, habe er, wie dürres Gras, so lange bestehen lassen, wie er wollte, sie weggeschafft, wann es ihm paßte«.
    Dies gilt allgemein als vom Parteihaß diktiert. Doch lag die Zeit, in der Kuriale, darunter Päpste, beeindruckend viele Päpste getötet, noch nicht so lang zurück (V 475 ff!). Auch wurde der entschlafene Alexander auffallend rasch, schon am nächsten Tag, unter die Erde, sein Nachfolger nicht minder rasch, noch an eben-diesem Tag, auf den päpstlichen Thron gebracht. Hildebrand selbst stellt die Sache so dar: »plötzlich, als unser erwähnter Herr

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