Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
schlössen, beschäftigten mehr ihre Handelsbeziehungen mit dem verfluchten Feind. Der französische König Karl VII. (S. 240), der ein bereits früher unterbreitetes Kreuzzugprojekt ganz unbeantwortet gelassen, hielt sich auch jetzt zurück. Der portugiesische König Alfons V., genannt »Affonso o Africano«, hatte schon vordem Kreuzzugszehnten eigenen Interessen geopfert. Kurz, die guten Christen atmeten auf, als sie im Frühjahr 1455 in Wiener Neustadt den Tod dieses so friedlichen Heiligen Vaters erfuhren. 13
Der Nachfolger allerdings betrieb die Kreuzzugspropaganda mit noch vermehrtem Eifer.
Calixtus III. (1455–1458) – Türkenkrieg und Nepotismus
Er ist der zweite Papst dieses Namens und nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Gegenpapst mit derselben Ordinalzahl, Calixt III., aus dem 12. Jahrhundert (VI 533). Der neue Pontifex Alonso de Borja (italianisiert Alfonso Borgia), Sproß eines kleinen Landbesitzers, war Spanier, Jurist und einflußreicher Berater Alfons' V. von Aragón (als König von Neapel: Alfons I.). Einst hatte den Borgia Gegenpapst Benedikt XIII., Pedro de Luna (S. 172 ff.), zum Kanoniker gemacht. 1429 wurde er durch Martin V. Bischof des reichen Bistums Valencia, 1444 durch Eugen IV. Kardinal, worauf er zwölf Jahre lang zurückgezogen gelebt haben soll.
Calixt III. suchte Neutralität gegenüber den diversen Faktionen Roms und förderte das durch den Frieden von Lodi (1454) entstandene sogenannte Gleichgewicht in Italien, ja erstrebte Frieden weithin in Europa. Allerdings tat auch er dies, gleich so vielen anderen Päpsten, nicht des lieben Friedens wegen, sondern wollte das im Mai 1453 von den Türken eroberte Konstantinopel (S. 233) zurückgewinnen. Dieses Ziel, geradezu Hauptaufgabe seiner dreijährigen Regierung, verfolgte er, wiewohl hochbetagt, gichtgeplagt und meist bettlägerig, von Beginn seines Pontifikats an mit unermüdlicher Energie, genoß aber den Ruf eines friedfertigen Mannes. Tatsächlich war er strenggläubig, starrsinnig, war er als Spanier im Glaubenswahn, im Haß gegen den Islam groß geworden und gelobte so bald nach seiner überraschenden Wahl (mit 77 Jahren unverkennbar ein Übergangspapst) öffentlich und feierlich, dem Heiligen Krieg seine ganze Kraft, nicht nur materielle Güter, notfalls auch sein Leben zu opfern.
Hier sein über fast ganz Europa verbreitetes Gelübde: »Ich, Papst Kalixtus III., verspreche und gelobe der heiligen Dreieinigkeit, dem Vater, Sohn und Heiligen Geist, der allzeit jungfräulichen Mutter Gottes, den heiligen Aposteln Petrus und Paulus und allen himmlischen Heerscharen, daß ich, wenn es nötig sein sollte, selbst mit Aufopferung meines eigenen Blutes, nach Kräften alles aufbieten werde, um, unterstützt von dem Rate meiner ehrwürdigen Brüder, Konstantinopel wieder zu erobern, das, dem sündigen Menschengeschlecht zur Strafe, von dem Feinde des gekreuzigten Heilandes, dem Sohne des Teufels, Mohammed, dem Türkenfürsten, erobert und zerstört worden ist, und um ferner die in der Sklaverei schmachtenden Christen zu befreien, den wahren Glauben zu heben und die teuflische Sekte des verworfenen und treulosen Mohammed im Orient auszutilgen. Denn dort ist das Licht des Glaubens fast gänzlich erloschen. Sollte ich deiner vergessen, Jerusalem, so möge meine Rechte der Vergessenheit anheimfallen; meine Zunge möge in meinem Munde gelähmt werden, wenn ich mich deiner nicht erinnere, Jerusalem, und dich nicht den Anfang meiner Freude sein lasse. So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium. Amen.«
Auch der Verherrlicher der Päpste, Freiherr von Pastor, bescheinigt dem Borgia »glühenden Haß gegen den Todfeind des christlichen Namens« und dies »von Jugend auf«. Und nach Gabriel von Verona, dem engsten Vertrauten Johanns von Capestrano, dachte der Papst nur an den Kreuzzug, sprach von nichts anderem. »Die übrigen Geschäfte«, berichtet der spätere Kardinal, »erledigt er mit
einem
Wort, den Kreuzzug behandelt und bespricht er beständig.«
Calixt schrieb Bullen, jagte seine dienstbaren Geister in alle Himmelsrichtungen, Nuntien und Haufen von Bettelmönchen, wohlinstruiert alle für die Kriegspropaganda, die Kreuzpredigt, präpariert mit Ablässen, scharf auf Steuern und Kreuzzugszehnten. – Einer seiner prominentesten Agenten war Johann von Capestrano, der Judenschreck (erneuerte doch auch dieser Heilige Vater die antijüdische Gesetzgebung). Calixt soll eigenes Vermögen spendiert, seine Mitra und sein
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