Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Tafelgeschirr veräußert, die päpstliche Schatzkammer, 200000 Dukaten, geplündert und Kirchengüter preisgegeben haben. Er verkaufte Gold-und Silberarbeiten und kostbare Bucheinbände. Vermutlich vergriff er sich auch an der Vatikanischen Bibliothek und sicher an dem Gold aus Särgen. 14
Der Papst, an der Welt der Renaissance, an Wissenschaft und Kunst, überhaupt, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, kulturell desinteressiert, hat auch den von Nikolaus V. begonnenen Wiederaufbau Roms als Verschwendung gering geschätzt und nicht fortgesetzt. Stattdessen schuf er mit wie immer gehorteten Geldern auf dem Tiber eine Kriegsflotte und unterstellte sie dem Kardinal Lodovico Scarampo.
Durch Eugen IV. und Nikolaus V. in die höchsten Kurienämter gelangt, war Scarampo sozusagen ein Schüler Vitelleschis (S. 226 ff.), also wie dieser ein Mann des Krieges, auch sonst ein weltlich gesinnter Typ (daher »Kardinal Lucullus«) und ungemein reich. Nach Vitelleschis Tod sein Nachfolger in Rom, überwachte er 1455/1456 die Aufrüstung des päpstlichen Geschwaders und errang im folgenden Jahr als Legat und Generalkapitän bei Metelino in der Ägäis, unterstützt von einem Flottenverband König Alfons' I. von Neapel, einen nicht allzu bedeutenden Sieg, bei dem er nahezu 25 Schiffe kaperte. Daneben betrieb der Kardinal mit Admiralsfunktion, so Seppelt, »auch handfeste Seeräuberei«, ein gradueller Unterschied nur zur offiziellen Staats- bzw. Papst-Piraterie.
Die römischen Kreuzzugsanstrengungen wurden allerdings kaum belohnt, die sporadischen Siege nicht zu ergiebigeren Aktionen ausgeweitet. Die Großmächte zeigten daran kein Interesse. Vielmehr war man in Frankreich wie in Deutschland verärgert über die Einmischung, die Kreuzzugshysterie des Papstes, seine Steuereintreiberei. Auch ein so bewährter Bundesgenosse wie König Alfons von Aragón und Neapel verfolgte eigene territoriale Pläne, ja, er steckte die Türkenzehnten in den Ausbau seiner Seemacht und leitete dann die Kreuzzugsflotte statt nach dem Bosporus zum Angriff auf Genua um. 15
Blieb aber die päpstliche Leidenschaft für den Türkenkrieg reichlich ungestillt, wurde die Liebe zu den Nepoten desto mehr befriedigt. Förderte Calixt doch fast ausschließlich Verwandte näheren und ferneren Grades, neben seinen spanischen Landsleuten überhaupt, weshalb sie an der Kurie und im Kirchenstaat bald immer mehr Machtpositionen einnahmen und die Italiener terrorisierten.
Zwei Neffen, eben erst zwanzig Jahre alt, erhob der Pontifex, entgegen der beschworenen Wahlkapitulation, bereits am 20. Februar 1456 zu Kardinälen. Der eine, Luis Juan del Mila, ein unfähiger Mensch, wurde Legat von Bologna, der andere, Rodrigo Borgia, der nachmalige Alexander VI., avancierte zum Feldhauptmann der päpstlichen Truppen in Italien und zum Vizekanzler der Kurie; beide bekamen Benefizien über Benefizien, Bistümer und Abteien. Rodrigo war vermutlich der uneheliche Sohn seines »Onkels«, des Papstes Calixt, und dessen Schwester Joanna. Pedro Luis, Rodrigos Bruder, ein weiterer Neffe also, erhielt die höchsten weltlichen Ehren. Er wurde Generalkapitän der Kirche, Gouverneur der Engelsburg, Herr zahlreicher anderer Kastelle und Städte, in die er seine katalanischen Krieger legte, wurde Stadtpräfekt Roms auch, sogar Herzog von Spoleto. Nicht genug. Als König Alfons I. von Neapel, dem Calixt seinen Aufstieg verdankte und vieles darüber hinaus, 1458 starb, plante der Papst, nicht den natürlichen Sohn des Herrschers, Ferrante, den sowohl Papst Eugen als auch Papst Nikolaus legitimiert, als sukzessionsfähig anerkannt hatten, auf den neapolitanischen Thron zu bringen, sondern einen seiner eigenen Neffen. Ja, Calixt behauptete, Ferrante, der einzige Erbe des Königs, sei nicht einmal dessen unehelicher Sproß, sondern untergeschoben.
Doch das edle Vorhaben des Heiligen Vaters zerrann jäh. Er starb noch im Sommer, am 6. August 1458, als schon die Fahne des Halbmonds über Athen, über Korinth wehte, die Unterjochung Serbiens begann. Und sofort erhob man sich in Rom wie im Kirchenstaat wider die verhaßten »Katalanen«. Man raubte die Borgia-Paläste aus, und der Gouverneur der Engelsburg, Pedro Luis, verkaufte diese um 20000 Dukaten den Kardinälen, entkam zwar mit knapper Not, erlag aber noch Ende des Jahres einer tödlichen Krankheit. 16
Pius II. (1458–1464), ein Pornograph wird Papst
Enea Silvio de Piccolomini, wie Calixts Nachfolger vor seiner Erwählung hieß, wurde als
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